Kommentar über limitierte Sondermodelle

Kommentar über limitierte Sondermodelle
Unfug und Verdruss der Limitierung

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Veröffentlicht am 08.08.2016

Ein kurzer Streifzug. BMW M4 GTS: limitiert auf 700 Exemplare; BMW M3 30-Jahre-Edition: limitiert auf 500 Stück; Audi R8 V10 Plus Selection 24h: limitiert auf 24 Exemplare; VW Golf GTI Clubsport S: limitiert auf 400 Exemplare. Und schließlich, als Beweis dafür, dass waschechte Sportwagenhersteller ebenfalls vom Virus der künstlichen Verknappung befallen werden können: Porsche 911 R, 991 Exemplare.

Künstliche Verknappung ein Bauernfängertrick der Luxusbranche

Auf den ersten Blick könnte man stumpf fragen, was die Manager großer Autokonzerne am Arbeitsplatz so alles rauchen, um auf solch einen Humbug zu verfallen? Aber da Manager oft auch Erbsenzähler sind, sollten wir vor der Verurteilung die ökonomische Seite des krankhaften Trends klären. Der Markt wird über Angebot und Nachfrage geregelt. Eine künstliche Verknappung des Angebots führt keinesfalls immer zu einer erhöhten Nachfrage: Das Produkt muss begehrenswert sein, durch seine Qualität selbst sowie durch seine Funktion überzeugen.

Schneeschaufeln verkaufen sich im Juli schlecht, selbst wenn ich das Angebot verknappe und selbst wenn sie von Mercedes gebaut würden. Wenn umgekehrt auf einem Produkt der „falsche“ Markenname draufsteht, wird es auch nicht gekauft. Würden Sie einen Sportwagen von Dacia kaufen? Eben.

Die künstliche Verknappung ist ein Bauernfängertrick der Luxusbranche. Wenn Hublot oder IWC eine limitierte Uhr auflegen, ist sie noch vor der Produktion ausverkauft. Die wenigsten kaufen die Uhr, weil sie so schön ist, sondern weil die künstliche Verknappung eine objektive Wertsteigerung garantiert.

Porsche 911 R als schlechtes Beispiel

Ferrari – die Luxusmarke unter den Sportwagenherstellern – treibt das Spiel mit seinen Kunden seit vielen Jahrzehnten und hat fett daran verdient. Unter dem Deckmäntelchen der Exklusivität kopieren andere Hersteller den Trend. Manchmal aus purer Not, wie bei Aston Martin, weil die staubig langen Modellzyklen über Sonderserien lukrativ gestreckt werden können. Manchmal als Abverkaufsmaßnahme am Ende des Modellzyklus, um den erlahmenden Hype künstlich anzufächeln. Aber oft sind diese limitierten Modelle nur deshalb begehrt, weil sie limitiert sind, nicht weil sie gut sind. Da kann man dann sagen: Wenn der Käufer so blöd ist – selber schuld.

BMW M4 GTS, Fahrbericht, 04/2016
BMW

Die künstliche Verknappung ist zwar eine Geldmaschine, aber auch eine gefährliche Gratwanderung – nämlich dann, wenn man ein tolles Produkt hat, das wirklich begehrenswert ist, aber nicht mehr kaufbar. Der Porsche 911 R ist das perfekte Beispiel für eine völlig verfehlte Strategie: Endlich packt Porsche das Beste vom Besten in einen Standard-Elfer – also genau das Auto, nach dem sich die sogenannten gusseisernen Fans der Marke schon lange sehnen.

Dann wird der ultimative Elfer-Hobel auf 991 Exemplare limitiert, der Preis auf 189.544 Euro hochgejazzt, zwei Tage später werden die ersten Exemplare – ungelogen – für eine Million Euro im Internet feilgeboten. Die Spekulanten haben die Oberhand, nicht die loyalen Fans der Marke. Das hat in der Szene für so viel Frust gesorgt, dass Porsche aus Gründen der optimierten Außendarstellung angeblich seine Werksfahrer und Vorstände gezwungen hat, ihre Bestellungen zu stornieren – damit ein paar Exemplare mehr in den freien Markt kommen. Porsche könnte den 911 R vermutlich auf 15 Exemplare limitieren und ihn völlig sinnfrei ohne Motor ausliefern – es gäbe immer noch Leute, die ihn kaufen würden.

Was die ernsthafte Frage aufwirft: Geht es bei diesem Porsche noch um Fahrdynamik? Oder nur ums Geld? Ich bin mir sicher: Fahrdynamisch wird er top sein (Fahrbericht), also ist er auch begehrenswert. Aber kaufbar ist er nicht. Er wird sich in klimatisierten Garagen die Räder eckig stehen. Und er wird viele echte Porsche-Fans massiv enttäuscht zurücklassen.