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Traumwagen Jensen Interceptor SP
Vicky Leandros' schönster Wagen

Inhalt von

Schönheit, Kraft und Understatement. Der charismatische Jensen Interceptor bezaubert den wahren Autokenner. Sagt Motor Klassik-Redakteur Alf Cremers, der Vicky Leandros mit ihrem Jensen in der Bravo sah.

Jensen Interceptor SP, Alf Cremers, Frontansicht
Foto: Hardy Mutschler

Schlüsselerlebnisse in Kindheit und Jugend weisen oft in Richtung Traumwagen, ob Matchbox-Modell, Auto-Quartett oder Hochglanz-Prospekt. Bei mir war es ausgerechnet die Zeitschrift Bravo. Damals schwärmte ich für Vicky Leandros. Sie wurde in irgendeiner 71er Ausgabe mit ihrem neuen Wagen porträtiert, einem Jensen Interceptor II - teuer, unbekannt, aber edel und großartig.

Ein Jensen Interceptor spricht für den guten Geschmack

Traumfrau und Traumauto waren für den damals Elfjährigen gleichermaßen unerreichbar. Ich fand es aber faszinierend, dass eine so zierliche junge Frau mit gerade mal 22 diesen grandiosen Gran Turismo namens Jensen Interceptor fährt, eben keine der im Show-Business so beliebten Glamour-Marken wie Ferrari, Rolls-Royce oder Cadillac.

Unsere Highlights

Der Jensen, so hieß allenfalls eine Gourmet-Leberpastete, galt als unbeschriebenes Blatt, beinahe so snobistisch wie ein Bristol. 6,3-Liter-V8 von Chrysler, 325 SAE-PS, 530 Nm schon bei 2.800/min, Dreigang-Torqueflite-Automatik, 65.200 Mark teuer, der Interceptor hätte mit diesen Maßen auch im Auto-Quartett eine gute Figur gemacht. Vickys weißer Jensen Interceptor war damals einfach betörend, ob sie sich noch an den erinnert? Das Heft habe ich nicht mehr. Ein Matchbox-Modell gab es auch nicht.

Wegen zeitweiser Bravo-Lektüre habe ich sogar meinen Lieblingsstoff auto motor und sport anderthalb Jahre unterbrochen. Das versäumte Heft 22/1970 mit dem Test vom Jensen Interceptor II habe ich mir damals beim Verlag gegen Einsendung von 2,50 Mark in Briefmarken nachbestellt. Auf dem Titel riesengroß ein VW K 70. Diesen Wagen fuhr ich zehn Jahre später wirklich, der Jensen Interceptor blieb der ewig unerfüllte Wunsch.

Jensen Interceptor ist eine klassische Schönheit

Realistischere Traumwagen traten später in meinen Phantasien an die Stelle des Jensen Interceptor: BMW 2800 CS, Mercedes 350 SLC oder Opel Senator 3.0 E CD. Auch die Traumfrau lebte nicht mehr in Hamburg und sang Hits wie "Après Toi", sondern hieß Bärbel, spielte sehr gut Handball und ging mit mir in die gleiche Obersekunda.

Nun endlich steht der Jensen Interceptor vor mir, ganz allein auf einem riesigen, verbundgepflasterten Vorplatz. Nichts lenkt ab, Auto pur, eine klassische Schönheit. Länge läuft, schöne Proportionen in autoritäre Größe gegossen, das Kuppelheck im Fastback ein bisschen seltsam, doch Makellosigkeit altert schnell. Touring und Vignale teilen sich diesen großartigen Entwurf, besonders spannend ist die Partie um die C-Säule.

Meine Gedanken kommen der Fülle von Eindrücken kaum hinterher. Es ist sogar das Topmodell, ein Jensen Interceptor SP der dritten Serie in Eisblau - Vickys Wagen war optisch kaum anders, keine Schlitze in der Haube, keine Alu-Räder und kein Vinyldach. Ich habe die Schlüssel in der Hand, darf ihn fahren, einen Nachmittag lang, ein unbekannter Gönner hat mir diesen Herzenswunsch erfüllt.

Nachhaltige Dynamik dank 7,2-Liter-V8

Auf Anhieb finde ich eine entspannte Sitzposition in dem Jensen Interceptor, wühle mich behaglich ins Connolly-Leder. Tief grummelnd erwacht der Chrysler-V8 - nein kein 426er-Hemi, ein "normaler" 7,2-Liter mit prächtiger Gasfabrik - zum Leben. Drei Holley-Doppelvergaser sorgen für üppige Alimentation mit 100 Oktan, der SP ist 10,3:1 verdichtet.

Der Name Interceptor heißt zwar Abfangjäger und klingt wunderbar, doch der Wagen strahlt nicht die Spur von Aggressivität aus. Die Kraftentfaltung erfolgt bei normalem Gaspedaldruck akustisch milde, ist aber von nachhaltiger Dynamik. Erst bei mutwillig herbeigeführtem Kickdown schießt der Gran Turismo ungestüm nach vorn. Diese Vehemenz passt nicht zu ihm, schließlich gibt er nicht den brüllenden Ferrari. In seiner grundsoliden Gediegenheit, Türenklang, Spaltmaße und Ausstattungsfinish - bei Manufakturautos gar nicht selbstverständlich - verkörpert er eher die Fortsetzung eines Mercedes SLC. Beide Autos sind leise im Auftritt, doch präsent in der Wirkung. Auch der SLC polarisiert Stilkritiker mit seinen Lamellen.

Dem Jensen Interceptor verzeihe ich sogar seine blattgefederte Starrachse, immerhin ist sie sauber geführt und korrekt abgestimmt. Nach unserer Ausfahrt knistert er zufrieden vor sich hin. Spontan beschließe ich, mir eine Sammlung von Interceptor-Devotionalien zuzulegen. Es gibt ein Modell von NEO in 1:87. Und die Bravo von 1971 besorge ich mir bei ebay. Welche Ausgabe war das doch gleich?

Technische Daten
Jensen Interceptor SP
Außenmaße4775 x 1754 x 1345 mm
Hubraum / Motor7211 cm³ / 8-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit235 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten