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Internationale Design-Strategien
China als wichtigster Trendsetter?

Der chinesische Markt gewinnt immer mehr an Bedeutung. Hat das Auswirkungen auf die weltweiten Design-Strategien?

FB, China
Foto: Hersteller

Deutsche Autos boomen weltweit. Warum eigentlich? Weil die deutschen Hersteller ein spezifisches, auf Perfektion getrimmtes Design mit markentypischem Gesicht erarbeitet haben? Warum favorisiert dagegen der US-Hersteller Ford ein weltweites Einheitsdesign, das den Geschmack aller Märkte treffen soll? Das also in China genauso populär sein soll wie in Frankreich oder Kanada.

Und warum entwickelt Mercedes trotz des Erfolges deutscher Autos in China ein speziell auf diesen Markt zugeschnittenes E-Auto, das auch nur dort vertrieben werden soll? Seitdem der deutsche Designchef Peter Schreyer bei Kia für einen ästhetischen Auftritt sorgt, steigen auch dort die Absatzzahlen. Ist der nationale Einfluss also gar nichts mehr wert?

Unsere Highlights

Wie sehen das die französischen Hersteller, die sich stets auf ihre Wurzeln berufen haben, jetzt aber in einer ganz tiefen Absatzkrise stecken? Und kann, wie im Falle von Renault, mit Laurens van den Acker ein Niederländer überhaupt erfolgreich eine französische Designstrategie entwickeln? Oder ist da Ian Callum als britischer Designchef bei Jaguar per se im Vorteil?

Wie sich überhaupt eine Tradition verschaffen, wenn es gar keine gibt - wie im Falle Japans, wo man im Bereich der Mode und der Architektur tiefe Wurzeln hat, aber eben noch nicht im Automobildesign? Und mit welchen Prämissen im Design tritt ein kleiner, aber feiner Sportwagen-Hersteller wie Ferrari die globale Erfolgsreise an? auto motor und sport hat acht Designer aus aller Welt befragt - und durchaus unterschiedliche Antworten bekommen.

"Audi ist weltoffen, ohne die Design-Grundregeln zu verwässern"

Audi-Designchef Wolfgang Egger: Unsere Grundregel im Design lautet, weltoffen zu sein und die Einflüsse anderer Kulturen aufzunehmen, ohne dabei unsere Designidentität zu verlieren. Ein Design "Made in Germany" ist anders als "Made in Italy" oder "Made in France" - man erkennt auf den ersten Blick die kulturelle Herkunft. Das Audi-Design steht für Reduktion, für klare Formen und Linien. Wir orientieren uns in diesem Punkt an der Bauhaus-Strategie, die deutsche Wurzeln hat und dennoch international gültig ist. Auch Apple agierte nach dieser Philosophie, als Steve Jobs damals den deutschen Designer Hartmut Esslinger holte.

Die Marke Audi ist in China deshalb so erfolgreich, weil sich die Kunden bewusst für ein deutsches Auto entscheiden. Wir werden den chinesischen Geschmack durch geschickte Individualisierung berücksichtigen, aber so, dass die Grundsätze unseres Designs erhalten bleiben. Möglicherweise ergeben sich aus dieser Kombination sogar neue, erfolgreiche Trends.

"Nissan soll eine japanische Marke repräsentieren"

Nissan-Designchef Shiro Nakamura: Vor 50 Jahren hatten die einzelnen Automärkte viel engere Grenzen: In den USA wurde Design für US-Kunden gemacht, in Japan für Japaner. Mittlerweile sind aber 80 Prozent unserer Kunden keine Japaner mehr. Wenn wir einfach dem Geschmack der Amerikaner folgen, dann verlieren wir unsere eigene, starke Identität. Deshalb ist es unser Ziel, uns als japanische Marke zu präsentieren, wobei wir ja nicht wie in der Architektur und in der Mode so eine lange Tradition haben. Wir setzen bei Nissan auch nicht auf ein Gesicht, sondern bewusst auf verschiedene (unit of diversity). Der Juke hat zum Beispiel ein einzigartiges Design, das andere Nationen so nicht machen können. Er steht in der typisch japanischen Manga-Tradition und ist speziell im Frontbereich sehr originell.

Der Nissan GT-R sieht dagegen ganz anders aus. Das ist typisch für die Marke Nissan. Im Bereich des Interieurs werden die Volumenhersteller enger zusammenrücken, weil ja auch die Zulieferer global vernetzt sind. Anders sieht es übrigens bei Infiniti aus. Im Gegensatz zu Nissan setzen wir hier auf ein starkes Familiengesicht und wollen damit gegen die deutschen Premiumanbieter Audi, BMW und Mercedes konkurrieren.

"Unser Design soll weltweit funktionieren"

Ford-Designchef J Mays: Unser Ziel ist es, ein Design zu entwickeln, das in allen Teilen der Welt gut funktioniert. Diese Strategie mag bei unseren Konkurrenten nicht funktionieren, aber für uns als globale Marke ist das der richtige Weg. Wir haben durchaus Ikonen mit ihrer eigenen Designsprache wie den Ford Mustang. Aber die meisten unserer Produkte haben unsere globale Designsprache, auch wenn sie nur in spezifischen Märkten angeboten werden, wie zum Beispiel der neue Ford Kuga/Escape. Es mag Marken geben, die auf nationalen Werten basieren. Ford wird sich aber voll darauf konzentrieren, eine Designsprache zu entwickeln, die auf allen Märkten dieser Welt gleichermaßen gut ankommt.

"Ferrari untersucht keine nationalen Unterschiede im Geschmack"

Ferrari-Designchef Flavio Manzoni: Ferrari hat einen starken, persönlichen Designcharakter, der über Jahrzehnte entwickelt wurde. Unser Design ist individuell und einzigartig. Ferrari ist eine Marke, welche die unterschiedlichen lokalen Geschmäcker deshalb nicht untersucht. Unser Chairman Luca di Montezemolo sagt immer, "baut unterschiedliche Ferrari für unterschiedliche Ferraristi". Wir kreieren also Autos, die Prinzipien von Sportlichkeit, Exklusivität und Stil ebenso teilen wie bei den GT-Autos California und FF die Anforderungen nach Variabilität und Alltagstauglichkeit sowie bei 458 Italia, Spider und dem neuen F12 Berlinetta die nach extremer Performance.

Italienisches Design ist eher künstlerisch geprägt, deutsches Design legt mehr Wert auf die Perfektion in der Ausführung. Um für die unterschiedlichen nationalen Ausprägungen zu arbeiten, muss ein Designer ein tiefes Verständnis für die Marke haben. Es ist nicht einfach zu wissen, was richtig und was falsch ist. Aber wir haben viele italienische Designer, die so etwas in anderen Ländern geschafft haben – Bruno Sacco (Mercedes), Walter de Silva (VW), Flaminio Bertoni (Citroën). Ob es schwieriger wird, sich angesichts der Plattform-Strategien zu unterscheiden? Glücklicherweise ist das eine Aufgabe, mit der sich Ferrari nicht auseinandersetzen muss.

"Wir brauchen keine Allerweltsautos"

Advanced-Designchef Steffen Köhl: In China gilt es, mit unserem Studio die Impulse in Kreativität umzusetzen. Ein besonderes Augenmerk braucht in China der Fahrzeug-Innenraum, dort verbringen immer mehr Menschen immer mehr Zeit. Das Design des Denza soll speziell in China erfolgreich sein, hat aber bereits international Anerkennung gefunden. Gutes Design "Made in Germany" ist sicher ein Erfolgsgarant. Generell entscheidend ist jedoch eine hochwertige, ästhetische Eigenständigkeit. Das ist es, was Kunden schätzen. Dies haben auch koreanische Unternehmen erkannt – übrigens mit Hilfe deutscher Designer. Wir beziehen unsere Wurzeln aus dem europäischen Luxus und bauen auf ein internationales Team. Wir brauchen Autos für die Welt und keine Allerweltsautos. Die internationalen Studios sind dafür unsere Seismographen.

"Authentizität im Vordergrund"

Kia-Designchef Peter Schreyer: Eine koreanische Marke muss nur bedingt ein koreanisches Design haben. Wir bei Kia verkaufen unsere Autos überall auf der Welt, und wir wollen sie für alle Kunden attraktiv gestalten. Für mich steht die Authentizität eines Produktes im Vordergrund. Das macht sicher auch den Erfolg der deutschen Autos im Ausland aus.

Meine Wurzeln aus der europäischen Autokultur und meine eigene Design-Handschrift lassen sich perfekt verbinden. Das gibt unseren Produkten das europäische Flair. Ich bewundere aber auch die koreanische Handwerkskultur. Ich bekomme hier viele Inspirationen. Das Straßenbild lebt von der Vielfalt. So unterschiedlich wie Menschen sind, sollten auch Autos bleiben.

"Mit Renault das Beste aus Frankreich zeigen"

Renault-Designchef Laurens van den Acker: Sowohl nationale als auch internationale Komponenten spielen eine wichtige Rolle. Die nationale Komponente verleiht dem Design Charakter und Persönlichkeit. Aber um erfolgreich zu sein, muss das Design auch international attraktiv sein. So wie die gute italienische Küche – sie muss italienisch sein, aber auch in den USA, China oder Australien begeistern können. Natürlich sind Autos dabei von ihrem Ursprungsland beeinflusst. Es ist unmöglich, sich Pickup-Trucks woanders als in den Weiten Amerikas vorzustellen.

Meine Herausforderung ist es, mit Renault das Beste aus Frankreich zu zeigen – die Liebe für Innovationen, Technologie und die Fähigkeit, leidenschaftliche Produkte zu kreieren, die verführen. Als Niederländer ist es mir wichtig, diese Kultur zu verstehen, um das Beste aus ihr zu ziehen. Neutral zu sein ermöglicht es mir manchmal, die Stärken einer Kultur klar zu sehen.

"Understatement ist sehr britisch"

Jaguar-Designchef Ian Callum: Design ist internationaler als je zuvor – das liegt auch an neuen Kommunikationswegen. Die Herkunft des Autos ist für die Kunden immer noch bedeutend, aber sie wird mehr durch die Marke als die Nationalität geprägt. Der Charakter einer Marke wird immer wichtiger, auch in Zukunft. Deshalb kann es also doch passieren, dass sie wieder mehr als typisch deutsch oder britisch eingeordnet wird. Jaguar ist aus meiner Sicht sehr britisch, weil wir uns vom Rest der Welt unterscheiden. Britisches Design ist für mich auf bestimmte Art rebellisch – dafür steht zum Beispiel der XJ.

Jaguar konzentriert sich auf einfache Linien und Klarheit in der Designsprache, Understatement kann eben sehr britisch sein. Das Interieur muss immer die Architektur eines Theaters aufweisen und Spaß machen, die verwendeten Materialien müssen authentisch sein, auch das ist britisch. Eine Marke muss sich selbst vertrauen – das ist der Grund, warum sie gekauft wird.

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AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

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