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Fiat 1500 Ghia Scheunenfund
Verschollenes Ghia-Meisterwerk

Inhalt von

Dieser Fiat 1500 Ghia versteckte sich seit 1987 in New Jersey. Niemand ahnte, welch ein Schatz dort in einem Holzverschlag schlummerte, denn an diesem Fiat zeigten die Mitarbeiter von Ghia ihr Können. Es war ihr Empfehlungsschreiben für eine gute Zukunft, denn es ging ums Überleben der Karosserie-Firma.

Fiat 1500 Ghia, Frontansicht
Foto: Ard und Arnoud op de Weegh

So viel Glück hat man selten: Wir wissen alle, wie schwer es ist, heute noch ein unberührtes Auto zu entdecken - eben weil die meisten schon längst aufgestöbert wurden. Wenn dann noch der Eigentümer offensichtlich keine blasse Ahnung hat, was er da besitzt, und das Auto daher seit 1987 in einer Scheune schlummern lässt, dann ist das schon ein ganz besonderer Fall.

An einem sonnigen Samstagmorgen im August schickte uns ein Bekannter aus Amerika das Foto eines besonderen Autos, das angeblich in einer Scheune in Newark, New Jersey, stand. Der Bekannte fragte, ob wir vielleicht wüssten, um was für ein Auto es sich handeln könnte. Er dachte an einen Delahaye, aber das Auto war nach unserer Meinung etwas zu klein dafür. In jedem Fall war von Beginn an klar, dass es sich bei dem Scheunenfund um ein sehr spezielles Fahrzeug handelte.

Scheunenfund for sale

Der amerikanische Bekannte meinte auch, dass das Auto zu verkaufen sei, weshalb wir das Foto kurzerhand an einen befreundeten Händler in Holland weiterleiteten - der zwar auch nicht wusste, welches Modell da zu sehen war, aber dennoch sofort beschloss, den ungewöhnlichen Wagen zu kaufen.

Als wir dann später das Foto stark vergrößerten, entdeckten wir, dass es einen Fiat zeigte. Nach weiterer kurzer Recherche fanden wir heraus, dass in der Scheune offenbar ein Fiat 1500 Ghia Sechszylinder von 1947 stand. Da waren wir längst an dem Punkt, an dem wir alles über das seltsame Auto wissen wollten.

Carrozzeria Ghia Turin

Die Carrozzeria Ghia wurde 1915 von Giacinto Ghia in Turin gegründet und zählte bald zu den besten Designstudios. Ghia war vor allem bekannt für seine Karosserien aus Leichtmetall, beispielsweise für den Alfa Romeo 6C 1500, der 1929 die Mille Miglia gewann. Bis zum Zweiten Weltkrieg gestaltete Ghia viele Modelle für Alfa Romeo, 1944 aber verstarb er, und in den ersten Jahren nach dem Krieg gab es viel Unsicherheit über das Überleben seines Betriebs.

Es heißt, die Mitarbeiter hätten den Fiat 1500 auf diesen Seiten gefertigt, um zu zeigen, wozu Ghia imstande war, und damit einen möglichen Käufer für die Firma zu finden. Die Übernahme kam tatsächlich 1948, als das Turiner Designstudio von Mario Boano und Giorgio Alberti erworben wurde. Der neue Name lautete Ghia-Aigle, Firmensitz wurde Aigle in der Schweiz. Später übernahm Ford die altehrwürdige Designschmiede Ghia, aber das ist für unsere Geschichte nicht mehr von Bedeutung.

Der Fiat-1500-Sechszylinder wurde also im Jahr vor der Übernahme von Felice Bianco gezeichnet. Bianco arbeitete vor dem Krieg zusammen mit Umberto Capalbi und Michelotti bei Stabilimenti Farina. Mario Revelli de Beaumont, ein Topdesigner aus den Dreißigerjahren, war ebenfalls dort und hatte großen Einfluss auf diese drei jungen Männer.

1946 schlug Bianco vor, einen speziellen Aufbau für den Fiat 1500 zu fertigen, so wie es Revelli 1943 für einen Alfa 6C 2500 getan hatte (und Michelotti es 1948 für einen Lancia Astura tat).

Klassensieg beim Concours d'Elegance Villa d'Este

Felice Bianco zeichnete das Auto, die besonderen Kotflügel (mit erweiterbaren Teilen) kamen von Umberto Capalbi. Insgesamt wurden vier Stück gebaut. Zwei Coupés (einer mit einem Fiat-1100-Motor, einer mit einem Fiat-1500-Motor) sowie zwei Cabrios (ebenfalls mit 1100 und 1500 cm3). Eines der beiden Coupés soll sich in einem Museum befinden, das zweite ist verschollen. Auch das Cabrio mit dem 1100er-Motor existiert nicht mehr.

Das Fiat 1500 Ghia Cabrio aber war 1947 auf vielen Veranstaltungen in Italien unterwegs, und das mit ziemlichem Erfolg: Am
28. März teilte das Auto den ersten Platz mit einen Maserati A6 1500 GT Pininfarina beim Concours d'Élégance in Monte Carlo, am 11. Mai gewann der Ghia in San Remo beim Concours d'Elégance der "Città dei Fiori" als bestes innovatives Fahrzeug, und am 26. Juni war der Fiat Teilnehmer am Concours d'Elégance in Rom - leider ist die Platzierung unbekannt.

Dafür eroberte der Fiat am 28. Juni 1947 den ersten Platz beim Concours d'Elégance in Turin und holte am 27. September den ersten Preis in seiner Klasse bei der Villa d'Este.

1947 war also ein sehr gutes Jahr für den Ghia. In Turin war das Auto damals übrigens in Grau-Blau lackiert, um es von dem 1100er zu unterscheiden. Noch ein praktisches Detail: Mit einer Handbewegung ließ sich das Auto von einem Zwei- in einen Viersitzer verwandeln.

Nach 2 Wochen in Holland, nach 5 Wochen lief der Motor

Und so ein Auto findet man also an einem Samstag im August. Zwei Wochen später war der Wagen bereits in Holland, und der neue Besitzer schwärmte: "Ich tue das normalerweise nie, aber gestern habe ich mich einfach auf einen Stuhl vor das Auto gesetzt und es angeschaut." Ein gewagter Entwurf, in der Tat - nicht alltäglich, aber schön. Weitere drei Wochen später lief der notdürftig fahrbereit gemachte Wagen sogar.

Aber was macht man nun damit? Der erste wilde Plan lautete, mit dem Scheunenfund nach 67 Jahren wieder zur Villa d'Este zu reisen, um in der Klasse der unrestaurierten Fahrzeuge teilzunehmen - schließlich hatte der Fiat Ghia hier schon vor 67 Jahren einen Klassensieg gefeiert. Dann aber wurde beschlossen, den Wagen doch zu restaurieren und erst 2015 an der Villa d'Este teilzunehmen.

Der Fiat soll vor allem seinen originalen grau-blauen Lack wieder erhalten und auch sein beigefarbenes Verdeck. Die jetzige Lackierung in Blau hat das Auto wohl in den Siebzigerjahren bekommen, sie ist ziemlich schlampig ausgeführt - sogar der Auspuff wurde mitlackiert. Rost gibt es dagegen nicht, an dieser Stelle besteht also kein Handlungsbedarf.

Technische Daten
Fiat 1500 Ghia
Hubraum / Motor1493 cm³ / 6-Zylinder
Höchstgeschwindigkeit115 km/h
Die aktuelle Ausgabe
Motor Klassik 10 / 2024

Erscheinungsdatum 05.09.2024

148 Seiten