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NOx-Grenzwerte - Diesel, Dynamit und Raumluft
Wie schlimm die Stickoxid-Belastung wirklich ist

Die Belastung durch Stickoxide ist derzeit besonders wegen der Diesel-Problematik in aller Munde. Aber was wissen Sie wirklich über die Grenzwerte? Nicht überall gelten die gleichen Bedingungen.

Grüne Plakette Feinstaub Partikelfilter
Foto: GTÜ

Auch wenn das Thema eigentlich nicht lustig ist, beginnen wir mit einem Fun Fact: Wussten Sie, dass jedes Jahr 20 Millionen Tonnen Stickoxide durch Blitze verursacht werden? 1997 fand Colin Price im Rahmen einer Studie heraus, dass die weltweit 60 bis 120 pro Sekunde niedergehenden Blitze einen erheblichen Anteil der Stickoxide in der Atmosphäre verursachen. Doch wir wollten eigentlich über Grenzwerte sprechen, und warum nicht überall die gleichen Vorgaben greifen. In einer Publikation des deutschen Umwelt Bundesamtes (UBA) ist zu lesen, dass der Grenzwert an Arbeitsplätzen (in geschlossenen Räumen) mit 950 Mikrogramm pro Kubikmeter etwa 20 Mal so hoch ist, wie der Grenzwert für die Außenluft (40 µg/m³). Das klingt nach einem Irrtum, ist aber keiner.

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Natürlich stellt man sich zunächst die berechtigte Frage, ob NOx am Arbeitsplatz wirklich weniger gesundheitsschädlich sein soll, als unter freiem Himmel, aber es gibt ja für alles eine offizielle Definition. Hier kommen die Erläuterungen des Umwelt Bundesamtes.

Fünf Fakten zu NOX-Grenzwerten

1. Der NOX-Grenzwert von 950 µg/m³ für die Atemluft am Arbeitsplatz kann nicht gleichzeitig als Grenzwert für die Allgemeinbevölkerung gelten, weil „ein anderer Zeit- und Personenbezug zu Grunde liegt“ schreibt das UBA. Heißt: Der Wert gilt für gesunde Arbeitende an acht Stunden pro Tag und maximal 40 Stunden pro Woche. Weil Arbeitnehmer, die berufsbedingt Schadstoffen ausgesetzt sind, eine zusätzliche arbeitsmedizinische Betreuung erhalten und unter strengerer Beobachtung stünden, ließe sich der Wert nicht auf die Allgemeinbevölkerung übertragen.

Nachdenken
Fotolia
Das muss man mal alles im Kopf behalten: Im Büro gelten andere NOX-Grenzwerte als an Arbeitsplätzen in Industrie und Handwerk. Für die Außenluft gilt wiederum ein anderer Wert.

Wer jetzt in seinem Büro panisch die Fenster zum Lüften aufreißen will, dem sei Einhalt geboten. Denn geschlossener Raum ist nicht gleich geschlossener Raum. Die 950 Mikrogramm sind eine Ableitung aus der „Maximalen Arbeitsplatz-Konzentration“ (MAK), ihres Zeichens eine wissenschaftliche Empfehlung der ständigen Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der deutschen Forschungsgemeinschaft. Und hier kommt der Knackpunkt:

2. Diese Grenze gilt nur für Arbeitende an Industriearbeitsplätzen und im Handwerk, wenn die Tätigkeit dort zu einer erhöhten Stickstoff-Belastung führen kann. Beispielsweise beim Schweißen oder der Herstellung von Dynamit und Nitrozellulose – also nicht die allerbreiteste Zielgruppe.

3. Der Grenzwert für Büroräume liegt mit 60 µg/m³ schon deutlich näher an dem für die Außenluft geltenden Jahresmittelwert. Die MAK-Bestimmungen finden bei Büroarbeitsplätzen und Privaträumen nämlich keine Anwendung, weil dort die Richtwerte der Innenraumluftkommission des UBA gelten. Der Richtwert von 60 Mikrogramm ist als Wochenmittelwert definiert und gilt mit dem Titel „Richtwert II“ bereits seit den 1990er Jahren. Ermittelt wurde er mit Probanden- und tierexperimentellen Studien. Die Nähe zur Außenluftgrenze von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter erklärt das UBA so: „Hohe Stickstoffdioxidkonzentrationen in der Außenluft, zum Beispiel in der Nähe stark befahrener Straßen, können also auch zu einer stärkeren Belastung in Innenräumen führen. Diese ist besonders relevant, weil sich die Menschen in Deutschland im Wesentlichen (zu ca. 90 Prozent ihrer Zeit) in Innenräumen aufhalten.“

4. Der Grenzwert für die Außenluft ist deshalb so streng, weil er laut UBA alle Menschen rund um die Uhr betrifft. Was der Aussage über die Verweildauer in Innenräumen zugegebenermaßen etwas entgegensteht. Die Grundlage für die festgelegten 40 Mikrogramm pro Kubikmeter seien die in langfristigen Studien beobachteten gesundheitlichen Auswirkungen auf untersuchte Bevölkerungsgruppen wie Kinder, Schwangere, alte Menschen oder Menschen mit Vorerkrankungen wie Asthma. Laut UBA reagieren diese Personen teilweise sensibler auf Umwelteinflüsse.

5. An der Messstation am Stuttgarter Neckartor wurde 2016 mit 63 Tagesmittelwerten über 50 µg/m³ die gesetzliche Grenze überschritten. Laut dieser EU-Richtlinie dürfen 50 Mikrogramm nicht mehr als 35 Mal pro Jahr überstiegen werden; das Jahresmittel von 40 µg/m³ darf dagegen nie überschritten werden – und das wurde es bisher auch nicht. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt gar eine Jahresmittelgrenze von 20 Mikrogramm und selbst die wurde bundesweit nur an 26 verkehrsnahen Messstationen überstiegen. Insgesamt hat die NOX-Belastung in den letzten 16 Jahren sowohl auf dem Land (im Schnitt 10 µg/m³) als auch in der Stadt (von rund 48 µg/m³ auf unter 40) abgenommen. So steht es im Hintergrundbericht zur Luftqualität 2016 des Umwelt Bundesamtes.

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