Nach dem etwas faden Saisonauftakt in Bahrain kam die Formel 1-Saison zuletzt richtig in Schwung. Schon in Melbourne jagte ein Höhepunkt den nächsten. In Malaysia sorgte Regen erneut für Wirbel. Das Formel 1-Frühstücksprogramm aus China könnte wieder viel Action in deutsche Wohnzimmer bringen. Das Wochenendwetter soll nach letzten Prognosen wechselhaft werden. Ausgerechnet am Rennsonntag droht Regen.
Dabei würde eine feuchte Piste in Shanghai nicht zum ersten Mal für Trubel sorgen. 2006 zeigte Michael Schumacher kurz vor seinem Rücktritt seine Regenklasse. Sein 91. Sieg ist bis heute auch sein letzter. Unvergessen bleibt auch das Chaosrennen 2008, als Lewis Hamilton auf abgewetzten Regenreifen ins Kiesbett der Boxeneinfahrt rutschte und letztendlich auch den WM-Titel vergeigte. Und im Vorjahr gewann Sebastian Vettel bei Dauerregen in Shanghai und sorgte damit für die einzige Niederlage von Jenson Button in den ersten sieben Rennen.
Die Strecke
Der Shanghai International Circuit ist allerdings auch ohne Regen schon spektakulär genug. Die Kurven sind von ihren Radien her abwechslungsreich und sollen die Piloten zu Fehlern verleiten. Auch einige schnelle Kehren sind dabei, in denen das Auto ideal abgestimmt sein muss. Charakteristisch sind allerdings die beiden langen Geraden, auf denen die Autos auf über 300 km/h beschleunigt werden. Vor allem am Ende der Gegengeraden bietet sich beim Anbremsen auf die Spitzkehre eine sehr gute Gelegenheit für Überholmanöver.
Die Abstimmung
Durch die wechselnden Kurven und die langen Geraden müssen die Ingenieure versuchen, einen guten Kompromiss beim Abtrieb zu finden. Tendenziell werden die Flügel etwas steiler gestellt, weil die Zeit vor allem in den langsamen Kurven gewonnen wird. Wer zu viel Abtrieb fährt, könnte allerdings mit mangelndem Top-Speed auf den Geraden bestraft werden. Überholen ist dann im Rennen nicht mehr möglich. Die beiden McLaren haben hier mit ihrem Flügel-Trick übrigens ein echtes Ass im Ärmel. Sie erreichen auch mit hohem Abtrieb eine gute Endgeschwindigkeit.
Der 5,451 Kilometer lange Kurs ist ansonsten sehr flüssig. Der Vollgas-Anteil liegt mit 51 Prozent unter dem Durchschnitt. Der Spritverbrauch ist dennoch relativ hoch, was erneut Virgin vor Probleme stellen könnte. Der F1-Neuling hatte seinen Tank zu klein konstruiert und kann erst beim nächsten Rennen in Spanien nachrüsten. Ansonsten ist China für die Ingenieure keine große Herausforderung. Die kühlen Temperaturen, die deutlich unter der 20°C-Marke liegen, sorgen für gute Arbeitsbedingungen für Bremsen und Motoren. Der griffige Asphalt ermöglicht zudem, dass die Piloten auch auf nasser Piste noch einigermaßen Grip finden.
Die Favoriten
Wie schon in Malaysia ist Red Bull in China unter allen Bedingungen Favorit. Das hohe Abtriebsniveau und die aerodynamische Effizienz des Autos sind auch in Shanghai die entscheidenden Trümpfe. Schon bei seinem Sieg im Vorjahr hat Sebastian Vettel gezeigt, dass er auf Regen kaum zu schlagen ist. Allerdings wird ihm die Konkurrenz das Leben nicht noch einmal so leicht machen, wie zuletzt in Malaysia. McLaren und Ferrari haben aus den Fehlern gelernt und werden Red Bull angreifen.
Hinter dem Dreikampf an der Spitze muss sich Mercedes GP erneut nach hinten orientieren. Vor allem der starke Renault von Robert Kubica rückte Michael Schumacher und Nico Rosberg zuletzt sehr nah auf die Pelle. Auch Force India will versuchen, die Punkteserie auszubauen und die Top-Teams zu ärgern. Die Wetterprognose macht allen Teams aus dem breiten Mittelfeld Hoffnung auf eine Überraschung. Vor allem für die Schweizer Sauber-Mannschaft wäre es wichtig, im vierten Saisonrennen endlich zu punkten. Die topfebene Strecke könnte dem hart abgestimmten Auto dabei helfen.
Experten-Einschätzung: James Key (Technikchef Sauber)
"Die Strecke wird mit einem ähnlichen Abtriebsniveau gefahren wie die Kurse der ersten drei Grands Prix. Der Shanghai Circuit gehört zu den modern angelegten Strecken mit einigen interessanten Passagen. Die lange Gerade verlangt einen Kompromiss in Sachen Abtrieb. Dass der Belag recht gute Haftung bietet, könnte uns in die Hände spielen, um mit etwas weniger Flügel zu fahren. Bremsstabilität und Traktion sind sehr wichtig. Die beiden schneckenartigen Kurven sind knifflig für die Fahrer. Wir müssen sehen, wie die Autos und die Reifen damit klarkommen. Wir hoffen das Beste und werden versuchen, Punkte einzufahren."
So lief das Rennen im Vorjahr
2009 stand der Grand Prix von China schon als drittes Rennen auf dem Programm. Dauerregen ausgerechnet am Rennsonntag verwandelte den Grand Prix in eine Highspeed-Regatta. Am besten kam Sebastian Vettel mit den widrigen Bedingungen zurecht. Von der Pole Position dominierte der Deutsche das gesamte Rennen, das hinter dem Safey-Car gestartet wurde. Mark Webber machte mit Platz zwei den Red Bull-Doppelsieg perfekt. Die bis dato überlegenen Brawn-Piloten mussten sich mit den Plätzen drei und vier zufrieden geben. Tragischer Held war Adrian Sutil, der mit einem Crash kurz vor Schluss drei mögliche WM-Punkte wegwarf.