Schon das Wort Brennstoffzelle ist eigentlich eine grobe Irreführung. Nichts brennt, nichts explodiert. Gemessen an einem Benzinmotor ist eine Brennstoffzelle so spektakulär wie ein Actionfilm mit Frank Elstner in der Hauptrolle.
Sauerstoff wartet auf die Paarung
Das Geheimnis des Erfolges ist eine mit Platin und Kohlenstoff beschichtete Kunststofffolie. Auf der einen Seite der Membran wird Wasserstoff eingeleitet, auf der anderen lungert paarungsbereiter Sauerstoff. Die Folie wirkt als Katalysator, provoziert die positiv geladenen Wasserstoffkerne zum Seitenwechsel, während die negativ geladenen Elektronen keinen Zutritt erhalten. Die Protonen verbinden sich mit dem Sauerstoff zu Wasser, das als Dampf in den Auspuff geleitet wird, durch das Aufstauen der Elektronen entsteht ein Spannungsgefälle.
Der Strom, der von der Anode zur Kathode fließt, lässt sich nutzen, um einen Elektromotor zu speisen. Auf beiden Seiten der Membran sind Bipolarplatten angebracht. Die eine sorgt für die großflächige Verteilung des Wasserstoffs, die andere für den Abtransport des Wasserdampfs. Zudem rotiert darin die Kühlflüssigkeit, um die Temperatur bei möglichst konstant 80 Grad Celsius zu halten.
Eine Tankladung reicht in der B-Klasse F-Cell für bis zu 400 Kilometer
Eng zu einem Stapel zusammengepresst, bilden mehrere hundert dieser Einheiten den Brenstoffzellen-Stack von der Größe zweier zusammengelegter Aktenkoffer, der sich unter dem Fußraum der Mercedes B-Klasse F-Cell befindet. Dahinter liegen drei zusammengeschaltete Wasserstofftanks, die mit bis zu 850 bar 3,8 Kilogramm H2 speichern, was im günstigsten Fall für 400 Kilometer reicht.
Unter der Fond-Rückbank liegt eine Lithium-Ionen-Batterie, die über Brems-Rekuperation Energie sammeln kann. Sie unterstützt wie beim Mild-Hybrid-Antrieb der Mercedes S-Klasse die Beschleunigung. Der Elektromotor an der Vorderachse liefert 80 Kilowatt Leistung, beim Kickdown schiebt die Batterie noch 20 nach. Insgesamt geht die B-Klasse F-Cell mit 136 PS an den Ampelstart, den sie gegen gleichstarke, konventionelle Gegner locker gewinnen sollte, denn der Elektromotor liefert aus dem Stand 290 Newtonmeter Drehmoment.
32 Brennstoffzellen-Fahrzeuge fahren vor die Wand
Um sicher zu gehen, dass es kein Sicherheitsrisiko gibt, ließen die Mercedes-Ingenieure 32 B-Klassen mit F-Cell-Technik vor die Wand fahren. Die Wasserstofftanks sind aus Kohlefaser und halten bei einem Aufprall einem Maximaldruck von 1.900 bar stand. Abgesehen davon, dass beim Drehen des Zündschlüssels kein Motor anspringt, unterscheidet sich der F-Cell kaum von der konventionellen B-Klasse.
Die größte Herausforderung der letzten Jahre war das immer im System vorhandene Wasser. Bei Frost fror die Zelle ein, und das Auto war nicht fahrbar. Erst mit einer Kaltstart-Technik, die bis minus 25 Grad arbeitet, war die Chance zu so etwas wie Serienreife gegeben.
Kleinserie der Mercedes B-Klasse F-Cell für Leasingkunden
Eine Kleinserie von 200 Stück der Mercedes B-Klasse F-Cell befindet sich bereits in der Fertigung. Die Mehrzahl bleibt in Deutschland, 70 Stück gehen nach Kalifornien, wo es wie hierzulande bereits ein Netz von Wasserstofftankstellen gibt. Zu kaufen sind die F-Cell B-Klassen nicht. Sie können zwei bis drei Jahre geleast werden.
Die Kundschaft soll bei diesem alternativen Antriebskonzept keine Abstriche machen müssen. Und so fehlt es im Mercedes B-Klasse F-Cell weder an angenehmer Möblierung, noch an Extras wie Klimaanlage, Tempomat, elektrischen Fensterhebern. Allerdings liegt das Leergewicht bei strammen 1.809 Kilogramm. Bei mehr als 275 Kilo Nutzlast hat das Auto schon Übergewicht. Dank Unterflurtechnik müssen die Passagiere weder bei sich selbst, noch beim Gepäck Einschränkungen hinnehmen.
2014 geht der Brennstoffzellen-Mercedes in Serie
Im Vergleich zur letzten Generation der F-Cell in der A-Klasse ist die aktuelle Zelle 40 Prozent kleiner. Effizienz und Leistung stiegen vor allem dank höherem Druck und neuer Batterietechnik um 30 Prozent. Alle wichtigen Komponenten sind zur Zeit auf eine Lebensdauer von mindestens drei Jahren ausgelegt. 2015 soll der F-Cell nach einer weiteren Evolutionsstufe auch in den Handel kommen. Batterie, Elektromotor und Brennstoffzellen sollen dann ein Autoleben lang halten.