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E-Auto Projekt Mute
TU München entwickelt Elektroauto

20 Professoren und fast 200 Studenten beschäftigen sich an der TU München mit der Entwicklung eines Elektroautos, das seine Premiere auf der IAA 2011 feiern soll. Was macht das Projekt Mute so besonders?

Projekt Mute Elektroauto TU München
Foto: TU München

Ein modernes Campus-Gelände vor den Toren Münchens. Wer zu einem der interessantesten E-Auto-Projekte Deutschlands möchte, muss in Garching-Nord von der Autobahn und sich über ein riesiges Universitäts-Areal schlängeln. 

Elektroauto Mute debütiert auf der IAA 2011

"Professor Lienkamp?", grübelt die Studentin am Empfang. "Da müssen Sie im Nachbargebäude fragen."Seit November 2009 leitet Markus Lienkamp den Fachbereich Fahrzeugtechnik, davor hat er in der Forschung des VW-Konzerns als Hauptabteilungsleiter für "Elektronik und Fahrzeug" gearbeitet. Eine gute Inspirationsquelle für das Projekt, das er jetzt an der Technischen Universität München initiiert hat: Mute steht für ein Elektroautoprojekt, das schon in zwölf Monaten auf der IAA in Frankfurt vorgestellt werden soll.

"Die Grundidee war, ein E-Auto-Konzept zu entwickeln, das bezahlbar ist", erläutert Lienkamp seinen Ansatz. "Die meisten Ideen, die es zurzeit gibt, sind nämlich kaum zu finanzieren." Also müssen neue Ideen her – und zwar aus allen Fachbereichen. 

Unsere Highlights

Elektroauto Mute als reines Stadtauto

Erster Denkansatz: Es soll ein reines Stadtauto mit nicht mehr als 100 Kilometer Reichweite und Platz für zwei Personen werden. "Alles andere kostet zu viel Geld", so Lienkamp. "Aber wir garantieren, dass der Kunde auch dann nicht liegen bleibt, wenn er in einen Stau kommt oder einen Umweg fahren muss." Der Mute ist also als Zweitwagen gedacht für einen Haushalt, in dem es auch noch ein Auto mit Verbrennungsmotor für die Langstrecke und den Urlaub gibt.

Und was würde der Mute kosten, wenn er 2015 auf den Markt käme? "Wir gehen von Vollkosten wie bei einem Smart oder Polo aus", erklärt Lienkamp. "Nur Anschaffungspreise zu vergleichen wäre für ein E-Auto tödlich." Schließlich, so der Professor, belaufen sich die Betriebskosten eines Stromers nur auf etwa drei Euro pro Kilometer, beim Verbrenner dagegen auf etwa acht Euro, denn der wartungsfreien Batterie stehen Inspektionen und Ölwechsel gegenüber.

Ersatzbatterie als Reservekanister im Mute

Mit 3,50 Meter Länge überragt der Mute den Smart Fortwo deutlich und nimmt in der Höhe an einem Porsche 911 Maß. An dessen Höchstgeschwindigkeit orientiert er sich allerdings nicht: Bei Tempo 120 ist Schluss. Im Innenraum sitzen die Passagiere beinahe auf Tuchfühlung, weil es keine Mittelkonsole gibt; im Kofferraum findet sich Platz für zwei Gepäckstücke. Und was verbirgt sich hinter der Schublade in der Frontpartie des Mute? Lienkamp: "Da befindet sich eine zusätzliche Batterie aus Zink-Luft. Wir haben aus Kostengründen die Hauptbatterie mit Lithium-Ionen-Technik bewusst klein gehalten. Falls es dann mit der Reichweite mal eng wird, kann der Pilot auf diese Batterie zurückgreifen."

Nur zur einmaligen Verwendung, weil sie danach recycelt werden muss, aber die Idee ist clever. "Unsere Lithium-Ionen-Batterie wird etwa 3.000 Euro kosten; bei den anderen E-Autos, wo sie größer dimensioniert ist, wird sie im Schnitt mit 10.000 bis 15.000 Euro veranschlagt."

Ein bisschen Audi, ein bisschen Porsche

20 Professoren, 30 Doktoranden und insgesamt fast 200 Studenten arbeiten mit Hochdruck an dem Projekt Mute, dessen Design ebenso an der TU entstanden ist wie die Aerodynamik – der cW-Wert soll sich auf 0,30 belaufen. Alu-Space-Frame wie ein Audi A8 und eine Fahrwerksauslegung wie beim Porsche Boxster – Auto-Mann Lienkamp weiß genau, wie so ein Modell zu positionieren ist: "Wir bieten sogar die Fahrdynamik des Boxster."

Dafür wurden E-Motor und Batterie ins Heck des Mute verfrachtet und eine nahezu ausgewogene Achslastverteilung (55:45 Prozent) geschaffen. Die Kraftverteilung erfolgt auf die Hinterachse, die Lenkung arbeitet elektromechanisch. Teilaspekte wie die Entwicklung des ESP, Reifentechnologie und Crash-Sicherheit entstehen in Kooperation mit Herstellern und Zulieferern, die sich in dieses Projekt einbringen.

Laptop-Zellen als Energiespeicher im Mute

Das 500-Kilogramm-Leichtgewicht Mute ist auch deshalb länger als ein Smart, weil seine Entwickler für ordentliche Crashzonen sorgen wollten. Kohlefaserverstärkter Kunststoff vorne und hinten spart Gewicht und sorgt für ein gleichmäßiges Deformationsverhalten. Beim 500 Watt starken E-Motor des Mute handelt es sich um eine Asynchronmaschine, die Zellen in den Batterien stammen aus Laptops. "Da sind wir gerade noch in der Endauswahl", erzählt Lienkamp und weist Fragen nach externen Batterie-Spezialisten locker zurück: "Wir haben hier doch unsere eigenen Spezialisten."

Die verschalten pro Batteriemodul 100 Zellen und sorgen im Mute auch für das entsprechende Batteriemanagement. "Wir wünschen uns, dass der Fahrer vorher sagt, wie viele Kilometer er fahren möchte. Das gibt er ins Navigationssystem ein, und dann kann das System entscheiden, ob beispielsweise die Zink-Luft-Batterie zum Einsatz kommen muss, weil die Strecke relativ lang ist."

Besonders knifflig war die Frage der Klimatisierung des Mute, denn wenn das Auto bei kühlen Temperaturen beheizt werden muss, gehen schnell 40 Prozent der Reichweite verloren. Nach langen Diskussionen hat sich das Forschungsteam dazu entschlossen, den Mute mit einem fossilen Zuheizer auszustatten. "Es geht nicht anders, wir würden sonst die Reichweite torpedieren. Dann kostet es halt ein paar Liter Bioethanol", so Lienkamp.

Neues Auto, neues Mobilitätskonzept

Theoretisch lässt sich der Mute übrigens auch wie von Geisterhand lenken – gesteuert von einem weit entfernten Call-Center, das über eine im Auto installierte Kamera erkennt, wo er sich befindet. Captain Future steckt also in fast jeder Facette dieses Autos – bis hin zu cleveren Vernetzungsmöglichkeiten mit den Energielieferanten, neuen Ideen zu Ladestationen und kompletten Mobilitätskonzepten und -paketen.

"Meiner Ansicht nach funktioniert nichts, was auf bestehende Auto-Projekte aufsetzt", sagt Lienkamp. "Wenn Sie konsequent sein wollen, dann müssen Sie ein neues Auto machen und ein neues Mobilitätskonzept entwickeln."  Was genau entsteht denn da eigentlich in den Räumen der Münchner Universität? Lienkamp: "Wenn Sie alles zusammennehmen, dann ist es eine Art Revolution." Anders gesprochen: eine Studentenbewegung, die wirklich etwas bewegt.

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