Dossier: Abarth 205
Mehr als 130 Siege für den "Fischer Green Star"

Allerdings differierten je nach Renn- bzw. GT-Version die dem braven Fiat-Maschinchen entlockten Leistungen.

Abarth kann mit kleinen Vierzylindern Ferrari Paroli bieten

Mit Verdichtungen bis zu gut 10:1 und Drehzahlen über 7.000 entstanden da Ende der 40er Jahre atemberaubende Werte, bei denen PS-Zahlen (bis ca. 78) nicht das Maß der Qualität sind, die der 205 auch hinsichtlich Handling und Roadholding besaß. Performancemäßig bot der Leichtfuß durchaus der gewichtigeren Konkurrenz aus Commendatore Ferraris Stall Paroli.

Die drei Exemplare des Abarth-Erstlings 205 existieren heute noch, waren jedoch zwischenzeitlich verschollen, zerstört oder verunstaltet. Nr. 103 war 35 Jahre in einer USA-Sammlung verschwunden, wird aber gerade in neuem Besitz restauriert. Nr. 101, ebenfalls nach USA verkauft, galt nach einem Brand als verloren, erlebte aber nach Jahren eine sensationelle Auferstehung. Nr. 102 war nie weg, aber auch nicht mehr ganz da: durch Rallyegebastel verflüchtigte sich der ursprüngliche Charakter. Eine Vorstellung vom Originaltyp 205 wurde so allmählich zum Phantom, Phantasie tat ein übriges und erfand ein mögliches viertes, gar ehedem fünftes Exemplar. Die Fiktion löst sich indes derzeit in der Luft besseren Wissens auf: alle 3 Fahrzeuge sind wieder "real", ein Segen bei derart bedeutsamen Preziosen.

"Fischer Green Star" fährt mehr als 130 Siege ein

Dabei bietet das Auto, um das es hier geht, nämlich jenes mit der Chassis-Nr. 205-102, die zweifellos schillerndste Geschichte. Der Werks-Renner kam 1950 unlackiert und ohne Motor, sozusagen als jugendliche Rennleiche in Besitz der Mailänder Firma SIRCA, die sich in sportlichem Handel, Tuning und Spezialausführungen hervortat. Ihr Besitzer Alfredo Pallavidini zog eigenen Rennmaschinenbau vor und fand deswegen seine antriebslose Neuerwerbung gerade richtig. Er hielt zwei Fiat-Rennmotoren für den Abarth vor, verkaufte das gute Stück aber im selben Jahr mit nur einem Aggregat an den Österreicher Lothaler. Dort kam der Wagen 1964 zum Ingenieur und Privatfahrer Fischer und avancierte in dessen 40jähriger Nutzung zum "Fischer Green Star". Gut 130 Siege fuhr das Abarth-Coupé ein, und sein sachkundiger Besitzer modifizierte ihm etliche "Verbesserungen" an. So werkelte irgendwann unter der Haube die übliche Alfa-1300er-Maschine plus 5-Gang-Getriebe. Leider blieb auch die äußere Erscheinung des Rennmobils nicht verschont.

Folglich war das, was da 2004 in einer Pariser Auktion stand, nur noch ein Abglanz der rassereinen Nachkriegs-Schönheit. Nach den Regeln volatiler Rallyemode war dem Gefährt eine Pseudo-Front verpasst worden: unorganischer Kühlergrill, verunglückte Plexihauben über den Scheinwerfern frei nach Jaguar E, eine plumpe Stossstange mit Christbaum wie für Monte-Nächte. Zusammen mit protziger Haubenhutze und nachgedengeltem Double Bubble-Dach präsentierte sich ein Mini-Monument unsensibler optischer Kraftmeierei. Unter dem grünlackierten Zuckergebäck lugte indes immer noch die ursprüngliche zeitlose Klasse hervor, unterstützt durch die gottlob erhaltenen Original-Borranis. Zwangsläufig gab es wehmütige Auktionskommentare, aber auch Stimmen, die die Beibehaltung der Deformation als gewachsenes Denkmal motorsportlicher Verirrung empfahlen. Ein Solitär also, aber kein Auto für ungeschulten Geschmack.

Großes Glück: Der Abarth 205 gelangt in die richtigen Hände

Der Zuschlag ging glücklicherweise an einen Kenner, der gelernt hatte, Substanz unter Patina und Sünden früheren Zeitgeistes zu entdecken. Klaus Edel aus Köln besitzt lange Erfahrung im Handel mit Altmeister-Gemälden; überdies ist er vitales Opfer des automobilen Virus, seit er als junger Mann auf Hillman Imp Flugplatzrennen bestritt. Seine Leidenschaft trägt zunehmend italophile Züge: einen Maserati 250 F und ein rares Lancia Astura Cabriolet Boneschi hegt, bewegt und beschraubt er bereits, der Abarth bekam sogar Familienanschluss zum 69er Abarth Biposto Spider. "Design, Aura und historischen Bezug des Abarth fand ich umwerfend. Fotos in der Literatur hatten mich schon lange neugierig gemacht, da waren angesichts der einmaligen Chance Zustand und Leistung zweitrangig". Der glückliche Erwerber war lange schon ins Herz getroffen, bevor überhaupt Thema werden konnte, wie mit der Trouvaille fürderhin zu verfahren sei.

Wie es bei Zufallsgunst mit historischem Blech oft geht - kaum war der stolze Abarthista auf eigener Achse gen Italia unterwegs, das Aschenputtel im Homeland von kundiger Hand herausputzen zu lassen, hauchte in den Alpen das Alfa-Getriebe sein Leben aus. Nach nächtlichem Einschleppen in ein Übergangsdomizil in Brescia brach prompt eine retardierende Zwischenphase los: wohin mit dem Ding, wer ist gut genug, um was zu richten?

Genau hier wurde das Sehnsuchtsland der Deutschen seinem Ruf gerecht: das romantische Schicksal beschenkte Auto und Eigner in Gestalt eines gewissen automobilgeschichtskundigen Herrn Bruni, der zufällig des Weges kam und frohe Kunde brachte: anhand des Nummernschildes auf einem alten Foto von 205-102 eruierte er über das Foglio Complementare (Zulassungsakte) den damaligen Erstkäufer des Autos und besuchte den greisen Herrn Pallavidini im Hospital, wo er zum Glück noch auskunftsbereit lag .Danach war zu berichten, dass dessen ursprünglicher Zweitmotor für den Abarth immer noch in Mailand in Altbeständen besagter Fa. SIRCA schlummerte! Voller Lust und Last wusste Klaus Edel schlagartig, was vor ihm lag: komplette Rekonstruktion des leidenden Gefährts zum Original, ein teurer Lottogewinn.