Ein Fiat-Getriebe war schnell besorgt und wurde einem Cisitalia-Spezialisten zur rennhistorisch korrekten Zahnrad-Chirurgie nach Rimini überstellt.
Die Restaurierung - handwerkliche Meisterleistungen sind gefordert
Den Rest bekamen zwei kooperierende Spitzenkönner in Obhut, die Technik Altmeister Bepi in Florenz, die Karosserie nicht weit in Pisa Signore Faralli. Das Thema Abarth 205 machte Maestro Bepi keine Kopfschmerzen - beim ersten Besuch nickte er wissend, sprach nicht viel und versenkte sich wieder in einem Maserati 300S: hinten anstellen, abwarten, bene.
Das Blechkleid hatte den langwierigsten Aufwand nötig, aber es gelang, das Dach und eine Kennzeichenmulde im Heck ohne Blechverlust wieder in die Originalform zurückzuklopfen, eine handwerkliche Leistung mit enorm viel Fingerspitze. Verzug und falsche Flächenspannung - nichts davon, und auch die Front mit Doppelscheinwerfern, ebenso die Haubenhutze konnte wieder in den Ursprungszustand versetzt werden, ohne viel Blech fürs Nachfertigen zu verbraten. Sogar die je drei seitlichen Lüftungslöcher zeigen ihre Chromringe wieder, als ob sie nie gefehlt hätten. Was den Motor angeht, so wurde er zwar einer peniblen Vollrestaurierung unterzogen, aber nicht wie so oft heimlich aufgepowert - sogar die originale Kurbelwelle wurde gerettet. Auch die Kardanwelle war nicht ganz fällig; zur Getrieberückrüstung von Alfa auf Fiat genügte der Ersatz der vorderen Hälfte.
Ehrensache, dass auch Original-Stoßdämpfer und Abarth-Auspuffanlage nicht entsorgt, sondern instandgesetzt wurden. Wesentlich für das überraschend gering beeinträchtigte Interieur war der Ersatz von Skai durch originalgetreuen Lederbezug der Sitze; es wurde nichts verschönschlimmert, sondern in ursprüngliche Rennfunktionalität rücksaniert, einschließlich der Renn-Schiebefenster aus Plexiglas. Der Pilot sitzt wieder in einem Cockpit und auf einer Fahrtechnik, die das vermitteln, woran zeitgenössische Fotos nur erinnern: den ursprünglichen Charakter des Abarth-Erstlings.
Verlässliche Dokumentation mit faktischer Sicherheit der Abarth-Anfänge
Nach Umsiedlung des geheilten Patienten ins Rheinland präsentiert sich ein bildschöner, feinnerviger Oberitaliener, der aussieht wie frisch aus der heimatlichen Wiege. Keine Narbe erinnert an seinen Migrationshintergrund, aber: welch ein Unterschied zu ganz vielen "historischen" Sportwagen mit Originalbrief, die kaum mehr als die Quersumme aus Transplantaten und heimlichem Doping sind. Freilich, der Wahrheit halber: welch ein Glücksfall! Die akribische Recherche hat mehr gerettet als ein Auto, nämlich faktische Sicherheit bezüglich der Abarth-Anfänge.
Der Kontakt zum Erstkäufer und der "Scheunenfund" der SIRCA-Maschine haben nicht nur die "ehrliche" Wiederherstellung des Autos gesichert, sondern auch das korrelative Pedigree der ersten 3 Abarth-Fahrgestelle. Damit ist eine automobilhistorische Station verlässlich dokumentiert, die Kreise zog wie ein Steinwurf ins Wasser - italienische Blüte, während hierzulande ein neuer Staat noch in Geburtswehen lag. Was noch viel mehr Spaß macht: man kann den Zeugen der Umbruchzeit wieder fast so sehen, hören, spüren, sogar wörtlich er-fahren, als sei inzwischen nur die Welt drumherum verbastelt worden.
Der stolze Besitzer hatte detektivisches Glück, aber: er hat sich die Authentizität des Abarth-Coupés durch hartnäckige Geduld und maximal mögliche Erhaltung jedes Originalteils redlich verdient, nicht nur teuer bezahlt.
Der kleine Unterschied - Pebble-Beach Gewinner nicht originalgetreu
Der "kleine Unterschied" wird deutlich im Vergleich zu Abarth 205-101, der nach schwerem Schicksal 1990 in Pebble Beach als grandioser Wiederaufbau preisgekrönt wurde. Der Amerikaner Scott Emsley hatte das Auto als hoffnungslose Ruine 1981 aus dem Brand eines Museums geborgen - eine verkohlte Leiche, zerquetscht von einem darüber gelagerten, im Feuer niederbrechenden Oldtimer. In jahrelanger Mühe brachte er es fertig, das Auto - wie zu hören war, ohne ein Stück Originalblech zu ersetzen - wieder auf die Räder zu stellen.
Nach "beyond remedy" eine "mint condition"; ohne Zweifel eine fast zauberische Großtat. Indes scheint es dabei nach damaligem Kenntnisstand eine Verwechslung gegeben zu haben. Emsley rekonstruierte nämlich das Interieur des Wagens nicht nach dem originalen Rennoutfit, sondern nach dem elegant ausstaffierten Vorbild von 205-103, jenem Chefwagen, der 1951 auf der Turiner Messe ausgestellt war. Bekannt ist, dass er per Zufall Zugang zu diesem Auto bekam, das in mürbem Zustand in der Ted Buckland-Collection schlummerte. Wiederum reine Schicksalsgunst; ohne Aufmaß und Detailrevision am Original wäre sein Wrack unrettbar gewesen.
Emsley ist beim Rückgriff auf das inspirierte Vorbild wohl demselben Trugschluss erlegen, der noch in letzter Zeit einige Internetforen schier endlos beschäftigt: 205-101 könne als Strassen-GT für die Turiner Messe umgebaut worden sein. Die '50er und die '51er Messe wurden also vermengt, und die Zustandsfotos des Messestückes 1950 im Renngewand mit angenieteten Front- und Heckblechen blieben wohl ebenso unberücksichtigt wie Aufnahmen des früh nach USA gelangten Autos.
Später im Karosserieblech von 205-101 entdeckte Nietlöcher belegen heute seine Identität; klar ist also, dass die Rennbürzel nach dem Messeauftritt entfernt wurden; nicht so klar, wann und durch wen. Ohne Emsleys Energieleistung zu schmälern, darf man wohl sagen, dass die Rekonstruktion von Abarth 205-101 kleine historische Ambivalenzen zeigt, aber des Meisters ersten Bautyp durchaus wieder glänzend repräsentiert. Folgerichtig begeisterte das vom neuen Besitzer Mark Gessler beim hochmögenden Concorso d'Eleganza Villa d'Este 2009 präsentierte Auto die Jury und trug den Trofeo Girard-Perregaux davon.
Der Abarth 205-102 ist das Referenzexemplar
Anlass zu Diskussionen gab allerdings die Begründung: die Auszeichnung lobte eine herausragend sensible Restaurierung. Nun, das noch junge dokumentarische Wissen ist für die Freude über die gerettete historische Ikone kein Beinbruch. Immerhin scheinen die Sprösslinge des Nachkriegs-Pioniergeistes allmählich der Nische zu entwachsen, die ihnen der elitäre Klassikermarkt einst zugedacht hatte: für die filigranen Athleten hatte der Concorso Villa d'Este ehedem eine etwas gönnerhafte Kategorie reserviert: Sports Cars with Small Capacity Engines. Das mitschwingende altväterliche "Klein, aber oho" scheint vorbei - sie sind gesellschaftsfähig.
Man lerne: das Glück verwöhnt den, der seinem Mobilvirus Gas macht, ohne an Standardmoden zu denken - Abarths Erstlinge hätten sonst die Chance neuer Bewunderung nicht bekommen. Klaus Edels Nr. 102 ist derzeit zweifellos das Referenzexemplar, die substantiellste Mischung aus Zustand und Originalität. Dafür hat sich die Mühe gelohnt, und die Vorsehung hat ihre Genugtuung. Die Anfänge des Mythos Abarth sind sinnfällig wiedererstanden, dazu noch die Identität der Kinder zweier Väter in Reihenfolge - steht nur zu hoffen, dass Nr. 205-103 bald wieder in Topform zur Familie stößt.