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Citroën-Sammler in Kanada
Die unbeugsamen Gallier in Kanada

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Europäische Klassiker sind sehr beliebt in Nordamerika - wenn sie auf die Namen Jaguar, Porsche oder Ferrari hören. Doch eine Schar schrulliger Indvidualisten leistet frankophilen Widerstand. Ein Besuch beim kanadischen Citroën-Sammler John McCulloch.

Citroen-Sammler Kanada
Foto: press-inform

Eigentlich müsste sich irgendwo in John McCullochs Traction Avant noch ein altes Baguette oder wenigstens ein bisschen Mehlstaub befinden. Denn das Schmuckstück des Citroën-Liebhabers hat eine ungewöhnliche Karriere hinter sich, die so gar nicht zum Ruf des Traction Avant als Gangster-Auto passt.
 

Nach 18 Jahren Standzeit startet der Citroën problemlos

Ein Bäcker aus dem französischen Valence kaufte den Citroën im Jahr 1956. Später verschlug es den "11 B Normal" über den großen Teich nach Florida, wo er ebenfalls einem Bäcker gehörte. Durch das viele Stehen in der prallen Sonne wurde der Lack mit der Zeit bleich und stumpf. Schließlich wurde der Citroën nach Toronto in Kanada verkauft - und auch der neue Besitzer verdiente seine Brötchen mit dem Backen derselben. Doch der Bäckermeister ging nicht gerade pfleglich mit dem französischen Exoten um. "Als ich das Auto 2005 für 14.000 Dollar gekauft habe, war es seit 18 Jahren nicht mehr gefahren worden", erinnert sich John McCulloch. Er baute eine neue Batterie ein, füllte frischen Sprit nach und tauschte den Benzinfilter. "Der Wagen startete sofort", erzählt der Kanadier stolz.

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Nach dem dritten Bäcker am Steuer hatte sich der Traction Avant eine Abwechslung redlich verdient. McCulloch nämlich ist als pensionierter Gymnasiallehrer für Latein und Altgriechisch eher der Muse zugeneigt als dem Handwerk. Die Liebe zu französischen Autos begann in seiner Studentenzeit: "Unser Französisch-Professor nahm mich und ein paar Kommilitonen manchmal in seinem Wagen mit, einer Citroën DS", erzählt John. "Wir holten damit Weinkisten ab. Der ganze Kofferraum war voll, doch die hydropneumatische Federung hielt das Auto aufrecht. Von dieser Technik war ich hellauf begeistert", erinnert er sich. Doch erst 1999 gönnte sich der groß gewachsene Kanadier mit dem weißen Rauschebart seinen ersten eigenen Citroën - eine Ente Baujahr 1985.

Johns ganzer Stolz ist der Traction Avant

Heute besitzt McCulloch unter anderem einen Citroën Ami, eine hellblaue DS sowie einen 2CV Fourgonette, die Transporter-Version der Ente mit der charakteristischen Wellblech-Karosse. Johns ganzer Stolz ist jedoch der Traction Avant. Der zeitlose Klassiker mit den typischen "Selbstmördertüren", der vor 75 Jahren erstmals auf den Markt kam und dank seines Frontantriebs damals eine absolute Sonderstellung einnahm, ist heute nicht nur in Kanada ein seltener Anblick. McCulloch klemmt sich hinters Lenkrad und startet den 65 PS starken Vierzylinder, der mühelos anspringt. Bis auf neue Sitze und Scheinwerfer hat McCulloch an dem Wagen nichts Wesentliches verändert. 35.000 Kilometer stehen auf dem Tacho. Sogar der Lack ist noch original, auch wenn man den dunkelblauen Farbton mit dem schönen Namen "Bleu Minuit" nur noch erahnen kann.

"Der Traction Avant fährt sich sehr schön, wenn man es nicht zu schnell angehen lässt", sagt McCulloch, während der Wagen höchst komfortabel über die Landstraßen nahe dem kanadischen Burlington rollt. Mit einem Drehknopf am Armaturenbrett kann man die Windschutzscheibe ein Stück nach vorne kippen - "das ist sozusagen meine Air Condition", grinst John. Er schätzt, dass in ganz Kanada noch etwa 40 bis 50 Traction Avant existieren. "Ein Sammler aus Montréal besitzt sogar 14 Stück. Wir nennen ihn deshalb Louis XIV", erzählt McCulloch.

Die meisten noch existierenden Citroën-Klassiker hören freilich auf die Namen 2CV, DS oder CX. Bis in die 70er Jahre wurden französische Fahrzeuge nach Nordamerika exportiert. Der Bedarf nach nicht-amerikanischen Autos war groß: In Québec, der kanadischen Provinz mit dem größten französischen Einschlag, bevölkerten in den 50er Jahren immer mehr europäische Autos die Straßen. Angefangen von kleinen Triumphs und Austins, die im Volksmund schnell den Spitznamen "englische Pfützen-Hüpfer" weg hatten, reichte die Palette über DKW, Skoda, VW und NSU bis hin zu den Franzosen Simca, Peugeot, Renault und natürlich Citroën. Im Jahr 1962 kostete ein 2CV gerade einmal 1050 Dollar und war damit erheblich billiger als ein Käfer oder Mini. Die harten kanadischen Winter setzten den Import-Autos allerdings zu: "Du hast dir ständig die Füße abgefroren und musstest die Scheibe frei kratzen", erinnert sich der ehemalige Citroën-Händler Gérard Larochelle im Magazin "Citroënvie", der Publikation des Citroën Autoclub Canada.

Ente und DS sind keine kostspieligen Hobbies

Der Club zählt heute rund 150 Mitglieder und hat alle Hände voll zu tun. Denn seit sich der französische Autobauer in den 70er Jahren aus Nordamerika zurückzog, sind die Fans der Marke mit dem Doppelwinkel auf sich allein gestellt. "Manche Dinge an meinen Fahrzeugen kann ich mittlerweile selbst reparieren, aber vieles muss man natürlich machen lassen", sagt John McCulloch. Doch die Mitglieder des gut organisierten Clubs haben sich über die Jahre nicht nur ein enormes Fachwissen erworben, sondern auch ein dichtes Netz aus Kontakten gesponnen. Es sei selbst bei alten Fahrzeugen kein Problem, Ersatzteile zu bekommen, sagt John. Und im Vergleich zu manch anderen Youngtimern ist eine Ente und sogar eine DS nicht mal ein besonders kostspieliges Hobby.

John würde seine Klassiker-Kollektion gern noch um einen Austin Mini der ersten Serie erweitern. Doch die Franzosen nehmen den größten Platz in seinem Sammlerherzen ein, sagt der Kanadier: "Wenn ich mit meinem Traction Avant bei Oldtimer-Treffen bin und die Leute dort ihre blitzblank polierten Corvettes spazieren fahren, kommen Zuschauer oft auch mich zu und sagen: Endlich hat mal jemand ein Auto mitgebracht, das völlig anders ist."

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