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BMW K 1600 Grand America
Schwarze Messe mit Sechs-Appeal

Sechszylinder. Reihenmotor. Sauger. Neu. Gibt’s doch gar nicht? Gibt’s doch! Im Sattel der BMW K 1600 Grand America. Ein sogenannter Fulldresser. Einmal mit allem sozusagen. Doch lesen Sie selbst:

06/2018 BMW K 1600  Grand America Fahrbericht
Foto: BMW

Reihensechszylinder-Sauger, Xenon, LED, Adaptives Kurvenlicht, Sitzheizung, Navigation, Stereoanlage, e-Call, Bodenbeleuchtung, Rückfahrhilfe – Top-Dienstwagen, oder? Äh, nein. Motorrad. Und was für eins. Kein Kurvenfräser sondern eines aus der Monumental-Reiseabteilung mit Verkleidung, Koffern und Topcase mit Rückenlehne für den Beifahrer. Fulldresser nennen die Amerikaner sowas, doch eigentlich müsste die BMW K 1600 Grand America sich mit „Icke bin’s, wa!“ vorstellen, schließlich kommt sie wie fast alle BMW-Motorräder aus Spandau. Irre, was die inzwischen alles von der Rampe schieben. Luftgekühlte Heritage-Trendsetter, wassergekühlte Profi-Boxer, Reiseenduro-Bestseller, konkurrenzaufmischende 200 PS-Supersportler.

Unsere Highlights

Und seit kurzem die K 1600 Grand America. Sie basiert auf der K 1600 B. B wie Bagger, was nicht für eine Baumaschine sondern einen ganz besonderen US-Stil steht: eine nach hinten abflachende Designlinie, die Verkleidung und Koffer (bags) einbezieht. Negative Keilform quasi, die jedem klarmacht: Dynamik – überlasse ich gern den anderen. So ein Gerät will cruisen. Gern lang und ausdauernd, seine Besitzer beim Klamottenpacken nicht einschränken oder den Sozius haltlos auf seinem Platz hängenlassen. Ergebnis: noch ein Topcase dran und Grand America nennen. Speziell in schwarz steht die mächtigste aller BMW auch schlüssig da. Bis hin zu den parallel zum Boden angebrachten Schalldämpfern und den in Koffer integrierten LED-Rückleuchten.

Raumgreifenden Komfort ohne Grenzen. US-Style halt

Erstklassiger Südstaaten-Style, meinen Sie? Unser Reden. Also ab nach South Carolina, mal eine größere Runde um den Block drehen. Eigentlich ist hier ja auch BMW-Land, bauen sie doch in Spartanburg einen Großteil der X-Modelle für die ganze Welt (by the way: echte US-Exportschlager, die Autos, Mr Trump...). Der Grand America gefällt es. Hier läuft es einfach lässiger als bei uns. Mehr Straßen, weniger Menschen, entspannte Highways, reichlich Natur und ein paar schöne Hügel drumherum, die sie mit herrlich kurvigen, flüssig zu fahrenden Pisten erschlossen. Passt zur Grand America, denn auf einer Briefmarke willst du das 360 Kilo-Trumm nicht wenden. Überhaupt versetzt das dicke Ding selbst erfahrene Motorradfahrer wieder in den Novizen-Modus. Dritte Fahrstunde oder so. Beim Anhalten bloß immer festen Halt suchen.... Wenn der Apparat zur Seite kippt ist Schicht. Immerhin hilft ein Rückwärtsgang per E-Starter beim Rangieren.

Perfekter Massenausgleich, so geht‘s

Doch wer will schon lange E-Startern und Rangieren, wenn er so einen Prachtkerl rauslassen kann: Frei saugenden Sechszylinder, 1600 Kubik. Wo gibt’s denn sowas? Na hier. Nach dem Zünden wundern sich selbst gestandene Fahrensleute. Denn dieser Motor läuft schon ohne dass man es merkt. Reihensechszylinder besitzen nicht nur im Physik-Lehrbuch einen perfekten Massenausgleich, sondern auch in der Praxis. Vibrationen im Stand: keine. In Verbindung mit dem zunächst sehr verhaltenen Klang erschwert das die ersten Anfahrmanöver. Es fehlen die gewohnten Bezugspunkte. Doch das ist schnell gelernt und macht Platz für Überraschung, die schnell Richtung Begeisterung wechselt. Denn holla, das Ding marschiert. Klar ist Masse träge, vor allem so viel Masse. Aber der motivierte 1,6-Liter richtet das mit seinen 160 PS und 175 Newtonmetern, von denen die meisten schon recht früh parat stehen. So ab drei-, viertausend Touren schiebt er mit Pracht. Nicht nur akustisch, sondern auch längsdynamisch, schiebt den Horizont recht flott Richtung Verkleidungsscheibe. Dank Schaltassistent kann der Gashahn beim Hochschalten offen bleiben, Zug am Fußhebel genügt.

Aus cremig wird zornig

06/2018 BMW K 1600  Grand America Fahrbericht
BMW
Dieser Motor läuft schon ohne dass man es merkt. Reihensechszylinder besitzen nicht nur im Physik-Lehrbuch einen perfekten Massenausgleich, sondern auch in der Praxis. Vibrationen im Stand: keine.

Auf dem ersten freien Stück darf der Motor dann richtig drehen. Noch fix den Modusschalter auf Dynamic geklickt und ab geht’s. Richtung fünf, sechs, sieben. Hui, aus dem cremigen Schmeichler wird ein zorniger Kerl mit aggressivem Ansaugkreischen-und fauchendem Auspuffsound. Passt eigentlich gar nicht zum betulichen Charakter des dicken Tourers, macht aber Spaß. Ganz ehrlich, Motorfreunde können sich das Lachen nicht verkneifen, wenn dieser Sixpack den Sound der Stereoanlage und die Windgeräusche überstimmt. Schade, dass es sowas anderswo kaum noch gibt: Sechszylinder-Sauger, toll.

Doch Obacht, frisch euphorisisert mit dem entsprechenden Schwung in Kurven reinstechen ernüchtert. Zu hoch das Gewicht, zu entkoppelt das Fahrgefühl, zu touristisch die Sitzposition. Jedenfalls für den Novizen. Grand America bleibt da konsequent komfortabel, relaxed. Spürbar auch bei den Modi der wählbaren Adaptivdämpfer. Cruise ist soft. Punkt. Man fühlt förmlich die großen Öldurchlässe in den Dämpfern. Doch „Road“ ist auch soft. Nur ein bisschen weniger. Da hilft nur eins: drauf einlassen. Die Füße auf die Trittbretter links und rechts am Motorgehäuse ablegen, Scheibe elektrisch justieren und entspannen. Vielleicht kurz dem Infotainment widmen, das sich sich über Tasten und ein Wahlrad am Lenker steuern lässt. Dort kann der Pilot auch die Sitzheizungsintensität regeln oder den Bordcomputer.

Sound? Sechszylinder plus Stereo-Kick

06/2018 BMW K 1600  Grand America Fahrbericht
BMW
Das dicke Ding versetzt selbst erfahrene Motorradfahrer wieder in den Novizen-Modus.

Einfach nur fahren? Wo denken sie hin. Doch die Sache mit dem Soundtrack aus den Lautsprechern hat schon was. Klar bei hohem Tempo verfliegen die Töne, doch beim moderaten Crusing verdoppelt es die Freude. Und man teilt sie mit der Umgebung. Apropos Umgebung: die besteht beim Motorrad ja immer auch aus den Elementen. Vor allem bei Regen. Erlebbar wenn so ein kühler Bach den Rücken runter bis zum Hintern rinnt. Doch wer auf Tempo bleibt, wird erst ziemlich spät so richtig nass, ein großer Teil des Schlamassels wird abgeleitet. Wir haben das für sie ausprobiert. Nicht ganz freiwillig aber intensiv. Intensiv. So wie das ganze Bike sich anfühlt. Irgendwo im Grenzbereich zwischen Motorrad und Auto.

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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