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BMW 320 Turbo Jägermeister
Flügel-Stürmer

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Die Formel-1-Weltmeisterschaft vor 30 Jahren ist einer der größten BMW-Motorsporterfolge. Den direkten Vorläufer des bayerischen Grand-Prix-Kraftwerks versteckten die BMW-Motorentechniker im orangefarbenen 320 Turbo für die Deutsche Rennsport-Meisterschaft 1979.

BMW 320 Turbo Gruppe 5, Frontansicht
Foto: Hardy Mutschler

BMW meinte es ernst. Für die Saison 1979 in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft entwickelte das Team um Paul Rosche einen eigenen Turbomotor. Bis dahin hatte BMW-Privatier Schnitzer gezeigt, was mit einem zwangsbeatmeten bayerischen Vierzylinder möglich ist: Die PS-Päpste aus Freilassing schoben ihren Piloten Harald Ertl 1978 zur Meisterschaft - der erste Titel für die sportlichen Bayern in der Kultliga des deutschen Motorsports.

Erst beim dritten Rennen ist das Triebwerk bereit zum Einsatz

Doch die Folgesaison begann mit einem Turboloch: Meister Ertl ließ sich von den Erzrivalen Ford und Zakspeed anheuern, und Rosches Turbinenkraftwerk war zu Saisonbeginn noch nicht einsatzbereit. Das von BMW geförderte Talent Markus Höttinger musste sich zunächst mit dem 303 PS starken Formel-2-Saugmotor aus dem Vorjahr begnügen. Schnitzers Meistermannschaft kam zudem mit ihrem Neuzugang Manfred Winkelhock noch nicht richtig in Tritt. Erst beim dritten Lauf auf dem Nürburgring traf die PS-Fracht aus München für Höttingers Jägermeister-Mobil ein, aber nach drei mageren Trainingsrunden war das Spiel schon aus.

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Beim sechsten Lauf auf dem Norisring endlich der erste Treffer für Markus Höttinger, übrigens ein Schützling seines österreichischen Landsmanns Dr. Helmut Marko - Pole Position. Doch vor der Kulisse von 100.000 Zuschauern verspielt der 23-Jährige im Rennen zunächst seine Führungsrolle, weil das Zurückschalten vor den engen Kehren des Nürnberger Stadtkurses immer wieder misslingt. Den von GS-Tuning in Freiburg aufgebauten Gruppe 5-BMW muss Höttinger auf der ungewohnten rechten Seite dirigieren, und das verlangt vom Nachwuchsstar eine starke linke Hand beim Schalten. Der Einbau des Turboladers hatte den Raum auf der linken Seite im Motorraum so begrenzt, dass die Lenkung nur auf der rechten Seite zur Vorderachse geführt werden konnte.

Rosche baut das DRM-Triebwerk zum Formel 1-Motor auf

Im Gegensatz zu Schnitzer blieb das Werk bei der serienmäßigen Seitenwahl für den Zylinderkopf: in Fahrtrichtung rechts der Einlass und links der Auslass. Paul Rosche entschied sich außerdem anders als das Freilassinger Privatteam für einen kurzhubigen Motor und behielt die Serienbohrung von 89 Millimetern bei. Früh entdeckten Rosche und BMW-Motorsportchef Jochen Neerpasch, dass in dem Turbomotor das Potenzial für ein Formel-1-Aggregat steckt. Als der Motorenpapst bei einem Spezialzulieferer die Kurbelwelle für den DRM-Motor bestellte, gab er das für die Formel 1 passende Teil gleich mit in Auftrag. Die Niere vorn hatte der Werksmotor bei der Motorleistung – offiziell 450 PS.

Zurück zum sechsten Lauf auf dem Norisring, vor dem Neerpasch die Erwartungen gedämpft hatte: "Wir befinden uns noch in der Experimentierphase". Am Ende aber feiern Schnitzer-Neuzugang Winkelhock und BMW-Hoffnung Höttinger einen Doppelsieg, der erste Schlag gegen die superflachen Turbo-Capri von Zakspeed. Höttinger legt im GS-BMW nach - zwei schnellste Rennrunden in den nächsten beiden Läufen. Beim vorletzten Saisonlauf auf dem Kleinen Kurs in Hockenheim folgt der große Auftritt des Österreichers: Er feiert seinen insgesamt vierten DRM-Erfolg und erzielt dabei wieder die schnellste Rennrunde. Tragisch: Nur ein halbes Jahr später stirbt Markus Höttinger beim Lauf zur Formel-2-Europameisterschaft 1980 nur wenige hundert Meter von der Stelle entfernt, wo er im Jägermeister-BMW seinen ersten Saisonerfolg bejubelte.

Neerpaschs gescheiterter Coup

Doch schon während der Saison 1979 entwickelte sich hinter der fröhlich-orangefarbenen Kulisse von Höttingers BMW eines der größten Dramen im deutschen Motorsport. Jochen Neerpasch muss bei der Motorsport GmbH drastisch Personal abbauen - und weit schlimmer: Sein bis dahin geheimer Plan eines Turbomotors für die Formel 1 wird vom Vorstand abgeschmettert. "Nicht der Formel-, sondern der Produktionswagensport ist BMW-spezifischer Sport", lautet die offizielle Erklärung.

Neerpasch will nach acht erfolgreichen Jahren weg von BMW. Wenige Tage vor Weihnachten, so berichtet der österreichische Reporter Heinz Prüller, weiht Neerpasch seinen Assistenten Dieter Stappert ein - bei einem Gespräch in der BMW-Tiefgarage: "Ich geh zu Peugeot-Talbot, werde dort Rennleiter. Und den Formel-1-Motor nehm' ich mit."

Damit meint der Manager genau den Motor, der in dem Jägermeister-BMW steckte. Der Plan: Talbot entwickelt den Vierzylinder mit dem in der Königsklasse zulässigen Turbo-Hubraum von 1,5 Liter und setzt ein eigenes Formel-1-Auto ein. Der Ausgang ist bekannt: BMW entwickelte den Turbomotor mit dem Kürzel M12/13 dann doch selbst zur Rennreife, befeuerte damit die Brabham in der Königsklasse und feierte 1983 mit dem Weltmeistertitel einen der größten Erfolge der Motorsportgeschichte. Jochen Neerpasch stand auf verlorenem Posten, weil der PSA-Konzern die großspurigen Formel-1-Pläne von Talbot auf die Unterstützung für Ligier eindampfte.

Weitgehend unbekannte Geschichte des Jägermeister-BMW

Und der Jägermeister-BMW mit dem Werks-Turbo? Im Werksarchiv gibt es keine Informationen zur Geschichte dieses Autos nach 1979. Der Gruppe-5-Renner gehört jedenfalls seit 15 Jahren zur Sammlung von BMW Classic - als Meilenstein auf dem Weg in die Formel 1 einschließlich Weltmeistertitel und gleichzeitig als erfolgreicher Vorfahr der neuen Tourenwagengeneration von BMW, die in ihrer ersten DTM-Saison alle Titel eingefahren hat.

Der BMW 320 Turbo ist das Bindeglied zwischen der jahrzehntelangen Tourenwagen-Tradition der bayerischen Marke und dem erfolgreichen Auftritt in der Königsklasse des Motorsports. Und es ist ein Sinnbild für die Widerstandsfähigkeit der BMW-Motorsportler gegen die Drohung von Entwicklungsvorstand Dr. Karlheinz Rademacher: "Wenn ich noch einmal jemand bei Arbeiten am Turbo erwische, schmeiße ich ihn persönlich hinaus!"

Making of – ein Modell mit 450 PS

Der freiberufliche Fotograf Hardy Mutschler kann sich im Studio perfekte Bedingungen schaffen, um die Totalen und Details des BMW 320 Turbo in der Jägermeister-Lackierung auf die Datenkarte zu bannen. Unermüdlich leuchtet er den Wagen aus der Sammlung von BMW Classic immer wieder neu aus: Die außergewöhnlich vielen Rundungen und Kanten der breiten Kotflügel sowie der ausladenden Spoiler stellen ihn dabei vor besondere Herausforderungen. Drei Tage und Nächte hat sich Mutschler mit dem Gruppe 5-Boliden beschäftigt.

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Erscheinungsdatum 05.09.2024

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