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Audi Rallye Quattro-Historie
Wir wa(h)ren Helden

Inhalt von

Hannu Mikkola und Arne Hertz brachten dem Audi Rallye-Quattro vor 30 Jahren das Siegen bei. Doch das wird bei all der Quattro-Feierei gerne mal übersehen. Deshalb rufen wir die beiden wahren Helden in zurück ins Gedächtnis.

Audi Rallye-Quattro, Historie
Foto: McKlein

Die Sonne steht kaum einen Zoll über den South Downs im Osten. Mit anderen Worten: Es ist sehr früh im sommerlichen Südengland. In den Audi-Boxen bereitet eine Mechanikertruppe die Werkswagen vor. Zum 20. Jubiläum des Goodwood Festival of Speed hat sich der Hausherr Lord March unter anderem Preziosen aus der Audi-Tradition-Sammlung gewünscht.

Die ersten Besucher stromern zwischen Autos und improvisierten Boxen durch. Audi-Schrauber in Rot-Schwarz nesteln Warmlaufkerzen in den V12 eines Auto Union Typ D, andere machen per eingestöpselten Laptop einen R18 E-Tron startklar. Dazwischen stehen ein Quattro und zwei ältere Herren mit Helmen.

Unsere Highlights

Vor 30 Jahren zum fuhr der Audi Quattro zum WM-Titel

Rückblende, RAC-Rallye vor genau 30 Jahren: Hannu Mikkola und Beifahrer Arne Hertz stehen bereits als Weltmeister fest. Ihr schärfster Rivale um den Titel, Walter Röhrl im Lancia 037, ist nicht zur England-Rallye angetreten. Teamkollegin Michèle Mouton steht bereits draußen, als einziger Gegner bleibt Stig Blomqvist im privat eingesetzten Audi Quattro A2 eines britischen Teams übrig. Weil Blomqvist und Mikkola nicht die besten Freunde sind, besorgen sie es sich auf den geheimen Sonderprüfungen in den novemberfinsteren Wäldern so lange, bis Mikkola mit seinem Quattro einen Baum erwischt, den er eigentlich ein paar Zentimeter weiter links erwartete.

Das Rad ist ab, die Aufhängung abgeknickt, der Audi Quattro rutscht auf der Bremsscheibe durch den Wald. Als Gegengewicht kniet Arne Hertz links auf der Heckklappe und hält sich bis zum nächsten Service am Heckflügel fest. Sie werden dennoch Zweite, Weltmeister sind sie sowieso, Stig Blomqvist gewinnt auf dem Quattro A2 des Sutton-Teams mit dem Kennzeichen 44 CMN.

30 Jahre später stehen Hannu Mikkola und Arne Hertz mit ihren Helmen neben eben jenem Auto, mit dem Stig Blomqvist damals siegte. Audi hat es restauriert und gönnt ihm beim Festival of Speed die erste öffentliche Ausfahrt. Dass die Namen der einstigen Rivalen Blomqvist/Cederberg auf den Türen stehen, irritiert die beiden nicht. Längst ist aus dem Gegner ein geschätzter Kollege geworden.

Audi Quattro wurde schnell konkurrenzfähig

Sie könnten Heldengeschichten erzählen von damals, als die Rallyes noch wild und die Autos ungestüm waren, doch das ist nicht ihre Art. Hannu Mikkola, der 30 Jahre lang Rallyefahrer war, Weltmeister dazu, und der in jenen verrückten Gruppe-B-Jahren, als noch im Dschungel an der Elfenbeinküste, auf kenianischen Safaripisten, in den Taita Hills oder den Schotterpisten um die Meteora-Klöster um Weltmeisterschaftspunkte gefahren wurde, mehr Rallyes gewann als jeder andere, ist viel zu freundlich und bescheiden dazu.

Dabei gäbe es viel zu erzählen von den frühen Jahren des Quattro-Programms, als Audi-Teamchef Jürgen Stockmar den arrivierten und ausgefuchsten Profi Mikkola im Herbst 1979 ins frisch gegründete Rallyeteam holte. "Ich sollte die erste Hälfte der Saison 1980 einen frontgetriebenen 200 Turbo fahren und dann erst den Quattro", erinnert sich Mikkola später beim Tee im exklusiven Goodwood Drivers Club. Er hielt es für unmöglich, den Quattro in einem halben Jahr konkurrenzfähig zu bekommen. Dennoch schloss er mit Audi einen Zweijahres-Vertrag. "Damit die bei Audi nicht glaubten, ich sei nur gekommen, um das Geld fürs Testen abzukassieren."

Trotzdem fuhr er in der nächsten Saison mit einem privaten Ford Escort in der Rallye-WM mit. Wobei Mitfahren bei Mikkola nicht nur Mitfahren heißt: Er wurde im veralteten Ford WM-Zweiter hinter Walter Röhrl im Fiat 131 Abarth. Im Herbst 1980 folgten die ersten Wettbewerbe, noch außer Konkurrenz. Schließlich wurde Mikkola beim ersten echten Einsatz, der Monte 1981, nur durch einen Unfall gestoppt; den zweiten Einsatz, die Schweden-Rallye, gewann er.

Für Mikkola und Hertz ist die Tea Time beendet. Der straffe Zeitplan des Festival of Speed sieht den nächsten Lauf im Blomqvist-Auto vor. Die beiden Herren nehmen ihre Helme und gehen, schlendern aus dem Drivers Club durch ein Spalier aus Bewunderern, die ihnen Bücher, Fotos und Audi-Mützen zum Signieren hinhalten. Im motorsportverrückten England sind sie ohnehin Volkshelden.

Denn die richtigen Heldenstorys sind nicht die, die man selber erzählt. Michèle Mouton etwa, die ehemalige Teamkollegin, hat einige über Hannu Mikkola im Repertoire. Sie vergisst nie zu erwähnen, wer für sie der Held ist, wenn die Rede auf die frühen Quattro-Jahre kommt. Und berichtet, wie Mikkola ihr das Audi-Fahren beibrachte, weil sie nach wilden Jahren in Hecktrieblern mit dem allradgetriebenen, servogelenkten Quattro nicht zurechtkam.

"Hannu zeigte mir, wie das geht mit dem Linksbremsen", erinnerte sie sich später in einem Interview, "das half mir sehr." Die Entwicklungsarbeit habe ohnehin auf Mikkolas Schultern gelastet, gesteht sie. Und erzählt von dessen Rat, als sie mit brennendem Quattro bei der Finnland-Rallye stehen blieb und nicht wusste, wie sie ihn löschen sollte: "Fahr in den See!"

Audi Quattro fühlt sich an wie damals

Im Fahrerlager steigen Hannu Mikkola, 71, und Arne Hertz, 74, in den Dienstwagen. Der Audi Quattro A2 ist keine Diva wie der Silberpfeil von 1939 oder der Le-Mans-Renner von 2013, er benötigt weder Warmlaufkerzen noch Laptop, nur einen Knopfdruck. Der 360 PS starke 2,1-Liter-Fünfzylinder im Quattro A2 brummt nicht viel anders als in einem zivilen Audi aus jenen Jahren. Er rollt durch die Menschenmenge zum Vorstart, dann die Strecke bergab zum Start des Bergrennens im Schlosspark.

Wenige Minuten später kommt das Rallyeauto über das schmale Asphaltband hochgetobt, pfeift und knallt beim Schalten, fegt so knapp an den Strohballen vorbei, dass es trocken aufstaubt. In Sekundenbruchteilen ist es aus Sicht-, nicht aber aus Hörweite. Dann sind sie wieder zurück im Fahrerlager – Mikkola, Hertz und der Audi. Es sei jedes Mal wie früher, sagt der Fahrer. Nichts habe sich geändert, nichts sei vergessen. "Das Auto fühlt sich genau so an wie damals." Die Zuschauer an der Audi-Box applaudieren, als die beiden Herren gehen. Die Sonne steht jetzt genau über ihnen. Es ist Mittag in Südengland.

Die aktuelle Ausgabe
Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten