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Audi R18 e-tron quattro Technik
Der ultimative Quattro

Inhalt von

Die Sport-Prototypen von Le Mans sind die komplexesten Rennautos der Neuzeit. Hybrid, Allrad, Geschwindigkeiten bis zu 330 km/h und hundertprozentige Zuverlässigkeit: Die Anforderungen an die Techniker sind gewaltig.

Audi R18 e-tron quattro, Frontansicht
Foto: Hersteller

Audi und Le Mans - das war Liebe auf den ersten Blick. Zumindest beinahe. Denn 1999, bei der Premiere der Ingolstädter an der Sarthe, reichte es nur für Platz drei. Doch dann ging die Post ab: Schon im Jahr darauf wurde der erste Dreifach-Sieg eingefahren. In den letzten 13 Jahren triumphierte Audi elf Mal, darunter sechs Mal mit Dieselmotor. Nur zwei Mal standen - aus Ingolstädter Sicht - die Fahrer von Fremdfabrikaten auf dem Podium. 2003 siegten die Bentley-Boys, die allerdings von der Konzernschwester Audi mit Knowhow und Personal stark unterstützt worden waren, und 2009 gewann Peugeot.

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Le Mans weist den Weg in die Zukunft

Die Gegner von Audi wechselten. Peugeot zog zum Beispiel Anfang 2012 den Stöpsel. Mit Toyota rückte aber ein andere potenter Gegner nach. Doch eine Konstante blieb: Le Mans ist eine gigantische Herausforderung an die Techniker. Der Firmenslogan „Vorsprung durch Technik“ wird in Le Mans ideologisch perfekt unterfüttert. „Es war früher zum Beispiel eigentlich undenkbar, mit einem Dieselmotor in einem Prototypen zu fahren“, sagt Sportchef Wolfgang Ullrich. „Le Mans weist seit Langem den Weg in die Zukunft. Das Reglement fördert Innovationen und die effizientesten Lösungen wie keine andere Rennserie.“

Kostet Audi-Engagement 100 Millionen Euro?

Den Erfolg in Le Mans gibt es allerdings nicht zum Discount-Preis. Insider schätzen, dass Audi für das Sportwagen-Projekt das runde Sümmchen von 100 Millionen Euro budgetiert. Um Formel 1 auf Top-Niveau zu betreiben - allerdings ohne jede Sieg-Garantie - wäre jedoch ein mindestens doppelt so hoher Etat nötig.
 
Getrieben vom Konkurrenzdruck brachte Audi in den vergangenen Jahren stets neue oder zumindest fast neue Modelle, auch wenn die gleichlautende Typbezeichnung bisweilen suggeriert, es sei im Grunde alles beim Alten geblieben.
 
Die Audi des Jahrgangs 2013 hören auf den Namen R18 e-tron quattro - genauso wie zwei der vier Werksautos im Vorjahr. „Monocoque und Motor und Getriebe blieben gleich“, erläutert Wolfgang Appel, Leiter der Fahrzeugentwicklung. „Doch außen herum ist fast alles neu.“ Was die Karosserie angeht, sei das 2013er Modell ein neues Auto. Der Arbeitsaufwand für das Schneidern der neuen Kleider lässt sich ziemlich exakt beziffern. „50 bis 60 Ingenieure haben rund neun Monate lang an der Konstruktion gearbeitet.“
 
Zu tun gibt es für die Ingolstädter genug, denn die Arbeit am 2014-Modell ist schon längst im Gange. Dann tritt in Le Mans ein grundlegend neues, auf Energiemengen basierendes Reglement in Kraft. „Das Ziel ist eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 225 km/h bei einem Durchschnittsverbrauch von nur 23 Liter pro 100 Kilometer“, verrät Motorenchef Ulrich Baretzky.

Audi R18 ab 2013 mit Langheck

Beim 2013er Audi R18 fallen zwei Änderungen zum gleichnamigen Vorgängermodell ins Auge: zum einen die Radhausentlüftungen an den Vorderrädern. Statt der bislang üblichen Schlitze finden sich nun rechteckige Löcher. Die zweite Modifikation nennt sich Langheck. Doch anders als die Longtail-Versionen der Porsche 956 und 962 aus den achtziger Jahren sieht man die neue Optik erst auf den zweiten Blick. „Der Begriff ist eigentlich ein bisschen irreführend“, räumen die Audi-Techniker ein. „Denn es wurde ja nicht das Heck selbst verlängert, sondern der Heckflügel wurde so weit nach hinten versetzt, wie es das Reglement erlaubt.“ Dabei ging es exakt um 119 Millimeter.
 
Die Vorzüge des Langhecks liegen auf der Hand. Weniger Luftwiderstand und dadurch geringerer Kraftstoffverbrauch und/oder höherer Topspeed. Der Rennsport-Knigge verbietet es, über den cW-Wert zu sprechen. „Viel schlechter als bei Straßenautos“, - mehr lässt sich Appel nicht entlocken. „Aber bei Rennautos geht es in erster Linie um hohe Abtriebswerte.“
 
Auch der neue Audi R18 trägt den Beinamen Quattro. Das ist nicht ganz falsch. Aber auch nicht ganz richtig. Denn Allradantrieb ist zwar an Bord, darf aber kaum genutzt werden. Das komplizierte Regelwerk für Le Mans schreibt nämlich vor, dass die Elektromotoren an der Vorderachse erst jenseits von 120 km/h in Aktion treten dürfen, in einem Geschwindigkeitsbereich also, in dem die Traktion kein Thema mehr ist - zumindest auf trockener Bahn.
 
Der Effekt des Hybridantriebs ist ohnehin eher bescheiden. Denn pro Runde dürfen laut Reglement nicht mehr als 3,5 Megajoule rekuperiert und im Schwungradspeicher gehortet werden. In Le Mans können die Fahrer sieben Mal die 160 Kilowatt der E-Motoren nutzen. Der Zauber ist aber stets nach wenigen Augenblicken wieder vorbei.
 
Wenn man weiß, dass in einem einzigen Liter Dieselkraftstoff 43 Megajoule Energie stecken, schrumpft der Effekt des Hybridsystems auf Zwergenmaß. Pro 13,6-Kilometer-Runde benötigt der R18 knapp fünf Liter Diesel. Der Beitrag des Hybridsystems namens e-tron an der Energiemenge liegt also unter zwei Prozent. Kein Wunder, dass Spötter im vergangenen Juni meinten, der R18 habe nicht wegen, sondern trotz des Hybridsystems gewonnen. Pläne, schon ab 2013 auf einen Pressluft-Hybrid umzurüsten, wurden vom ACO (Automobil Club de l‘Ouest) gestoppt.

Leichtbau und Dieselpower

Technisch gesehen war es eine Meisterleistung, das mit E-Motoren, Schwungradspeicher sowie Antriebswellen rund 80 Kilo schwere Hybrid-Paket in den Sportprototypen zu integrieren. Um das Mindestgewicht von 915 Kilo zu erreichen, waren einige technische Klimmzüge nötig. Die Diätberater von Audi griffen beispielsweise auf ein Getriebegehäuse aus Karbon (CfK) zurück. Es war sicherlich keine leichte Aufgabe, diese aus der Formel 1 stammende Technologie für eine hundertprozentig störungsfreie Laufleistung von mehr als 5000 Kilometern fit zu machen. Doch dieses Detail passt bestens zum ideologischen Unterbau des Le Mans-Projekts von Audi. Nach FSI und TDI hat man sich neben dem Hybridantrieb („e-tron“) in den letzten Jahren das Thema Ultra-Leichtbau auf die Fahnen geschrieben.
 
Nicht wegzudenken aus der Le Mans-Historie von Audi ist die Dieseltechnologie. Downsizing war das Gebot der letzten Jahre. Statt des V10 arbeitet jetzt ein V6 mit 3,7 Liter Hubraum hinter dem Rücken des Fahrers. Dieses Triebwerk weist zwei Besonderheiten auf. Erstens den weit gespreizten Bankwinkel von 120 Grad. „Damit haben wir eine tiefere Schwerpunktlage als bei einem Boxermotor“, sagt Motorenchef Ulrich Baretzky. Zweites unverkennbares Merkmal des V6: Turbolader und Auspuffkrümmer sitzen oben im V. Eine lange als unkonventionell geltende Lösung, die Audi allerdings auch bei einem Serienauto, dem S8, anwendet.
 
Für Aufregung in der Sportwagen-Szene sorgte die neue Positionierung der Auspuffendrohre. Von „blown diffusor“ à la Formel 1 und damit krass verbessertem Abtrieb war schnell die Rede. „Das ist nicht das Königsthema“, relativiert Baretzky. „Das hilft höchstens ein klein wenig beim Herausbeschleunigen aus den Kurven.“
 
Sehr umsichtig haben sich die Ingenieure darum gekümmert, dass die Werksfahrer beim Überholen die langsameren Konkurrenten stets im Blick haben. Die Sicht nach schräg vorn ist wegen der massiven A-Säulen zwar recht bescheiden. Doch auf zwei Bildschirmen können die Fahrer nun sehen, was sich schräg vorn abspielt. Eine völlig neue Art der Konkurrenzbeobachtung.

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Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten