Neuer Asphaltbelag auf dem permanenten Kurs, unebene Fahrbahnen und Spurrillen auf jenem Teil der Rennstrecke, der für den Rest des Jahres dem gewöhnlichen Pkw- und Lkw-Verkehr dient, beschränkte Reifenkontingente für die Prototypen- und GTE-Rennwagen sowie ein transparentes Informationssystem, mit dem Zuschauer fortan die Reifenstrategie der Teams nachvollziehen können: Die 24 Stunden von Le Mans halten für Michelin auch in diesem Jahr wieder spannende Aufgaben bereit. Das Highlight der Langstrecken-Weltmeisterschaft WEC (World Endurance Championship) findet vom 17. bis 18. Juni auf dem Circuit des 24 Heures statt, bereits am vergangenen Sonntag konnten die Teilnehmer auf der 13,629 Kilometer langen Kombination aus Straßenkurs und Rennstrecke trainieren. Von 60 Fahrzeugen setzen 29 auf die Reifentechnologie der französischen Premiummarke. Gegenüber den üblichen Sechsstundenrennen der WEC-Saison kämpfen sie in Le Mans um doppelte Punkte.
Der Klassiker im Departement Sarthe könnte in diesem Jahr mit neuen Rekorden aufwarten – so zum Beispiel der längsten Einsatzdauer eines Reifensatzes während des Rennens. Während Vierfach-Stints für die Topkategorie fast schon normal geworden sind, hat ein R18 von Audi Sport 2011 während der Nacht sogar fünf Stints über jeweils elf Runden ohne Reifenwechsel abgespult und dabei gut 750 Kilometer im Wettbewerbstempo zurückgelegt. Bei entsprechender Witterung rechnet Michelin damit, dass sich dies am dritten Juni-Wochenende wiederholt. Dank deutlich verbesserter Effizienz kommen die aktuellen Hybrid-Rennwagen von Porsche und Toyota allerdings mit einer Benzinladung voraussichtlich 13 Runden weit. Macht über fünf Stints fast 886 Kilometer …
Zwölf Sätze Trocken-Slicks müssen für die Topautos über 24 Stunden reichen
Vorteil für die Teams: Da in der WEC und in Le Mans der Tankvorgang und der Reifenwechsel nicht zeitgleich, sondern nacheinander erfolgen müssen, ermöglicht der Verzicht auf neue Pneus einen Zeitgewinn von gut 25 Sekunden. Über die Renndistanz betrachtet kann dies ein Polster von bis zu 50 Sekunden ergeben – angesichts der großen Konkurrenzdichte eine Menge Holz.
Dabei bleiben die Reifenkontingente für die 24-Stunden-Hatz unverändert: Pro Auto können für die Trainingssitzungen und das Warm-up am Samstagmorgen 28 Slicks für trockene Bedingungen verwendet werden, im Rennen selbst dürfen maximal zwölf Sätze zum Einsatz kommen. Regen- und Intermediate-Pneus, die sogenannten „Hybrid“-Reifen, sind unlimitiert. Bei den sechsstündigen WEC-Läufen ist dies anders: Hier hat das Reglement die Menge der zur Verfügung stehenden Slicks für LMP1- und GTE Pro-Fahrzeuge von sechs auf vier Sätze reduziert.
Der Umwelt zuliebe: Weniger Rennreifen, Materialeinsatz und Transport
Auch wenn es um Rennreifen geht, achtet Michelin auf nachhaltiges Wirtschaften. Seit 2014, als das neue Hybrid-Reglement für die LMP1-Werksteams eingeführt wurde, setzt die französische Marke eine neue Generation von Wettbewerbspneus für diese bis zu 1000 PS starken Fahrzeuge ein. Sie fallen gut 15 Prozent schmaler aus als ihre Vorgänger und bringen pro Satz acht Kilogramm weniger auf die Waage. In Kombination mit den für 2017 beschlossenen Mengenbegrenzungen wurden bislang gut zwölf Tonnen Rohmaterial eingespart. Hinzu kommt die größere Vielseitigkeit der MICHELIN Reifen. Da sie ihre optimale Leistungsfähigkeit über ein immer breiteres Temperaturfenster erreichen, sank der Bedarf an Pneus, die produziert und nach Le Mans transportiert werden müssen, signifikant. Und beim Transport sorgt eine ausgeklügelte Logistik dafür, dass die Umweltauswirkungen auf ein Minimum zurückgeführt werden.
Großaufgebot: Michelin ist in Le Mans mit 90 Mitarbeitenden vertreten
Auch organisatorisch stellt der 24-Stunden-Klassiker für Michelin Motorsport eine der größten Herausforderungen des ganzen Jahres dar. So läuft bereits zwei Monate zuvor im Werk Cataroux die Fertigung der knapp über 5.000 Le Mans-Pneus an. Sie werden mit 13 Sattelschleppern zur Strecke gebracht und dort während der Rennwoche in einem 800 Quadratmeter großen Zelt gelagert. Ebenfalls im Fahrerlager bauen die Spezialisten der französischen Marke auf 600 Quadratmetern drei Montagestraßen auf, in denen die Pneus für die einzelnen Partnerteams auf Felgen auf- und abgezogen sowie – falls nötig – ausgewuchtet werden. Ihren Service bieten die 45 Monteure während des Rennens im Schichtdienst rund um die Uhr an. Das gleiche gilt für die 15 Techniker und Ingenieure, die direkt mit den Teams arbeiten. Sie analysieren und bewerten die Performance der Reifen und reichen die ermittelten Daten unverzüglich an ihre Kollegen in Clermont-Ferrand weiter. Insgesamt umfasst die Abordnung von Michelin in Le Mans 90 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.
RFID-Technologie: Reifenstrategie für Zuschauer transparent gemacht
Ab diesem Jahr können die Le Mans-Fans entlang der Strecke und weltweit vor den Bildschirmen die taktischen Entscheidungen der Teams noch unmittelbarer nachvollziehen: Mittels RFID-Technologie (steht für Radio Frequency Identification) erhalten sie Zugang zu aktuellen Informationen über die jeweils eingesetzten Reifen. Dabei verraten in die Pneus eingelassene Elektronik-Chips nicht nur, auf welcher Laufflächenmischung das einzelne Fahrzeug gerade rollt, sondern auch, wie viele Runden diese Reifen bereits abgespult haben – ein Know-how, das in der Vergangenheit selbst den Teams nicht zur Verfügung stand, und ein echtes Bonbon für Strategie-Liebhaber.