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Ansichtssache Effizienzklassen
Orientierung oder absoluter Nonsens?

Inhalt von

Seit 1. November 2011 werden Autos wie Kühlschränke nach Energie-Effizienzklassen von A+ (grün) bis G (rot) eingestuft. Jens Katemann hält die neue Kennzeichnung für irreführend, während Peter Wolkenstein sie als Orientierungshilfe lobt.

Jens Katemann, Peter Wolkenstein
Foto: Dino Eisele

Jens Katemann contra Energie-Effizienzklassen

Man stelle sich vor, beim 100-Meter-Sprint gäbe es folgende Regel: Ist ein Athlet dicker als ein anderer, bekommt er eine Zeitgutschrift, weil er ja mehr Masse beschleunigen muss. Was für ein Blödsinn, finden Sie? Na dann schauen Sie sich doch mal die neuen Effizienzklassen für Neuwagen an. Das Prinzip ist vergleichbar. Verbrauch in Relation zum Fahrzeuggewicht was sagt das aus? Ist ein Auto sparsam oder einfach nur zu schwer?

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Klar ist zumindest: Hersteller, die auf Leichtbau setzen, werden benachteiligt. Oder anders gesagt: Verbraucht ein Auto zu viel, macht man es eben einfach schwerer, um in eine bessere Effizienzklasse zu kommen. Natürlich hat Kollege Wolkenstein recht. Man darf nicht Äpfel mit Birnen, im Fall von Autos etwa den Verbrauch von Familienvans mit Kleinwagen vergleichen. Aber was soll das Gewicht als Berechnungsgrundlage? Bei Kühlschränken, deren Einstufung als Vorbild für die neue Regelung galt, zählt der Rauminhalt, sprich der Nutzen. Die Zuordnung zu einer Energieeffizienzklasse wird dort durch die Abweichung seines Energieverbrauchs vom Referenzwert seiner Größenklasse ermittelt.

Grundfläche ist plausibler als Gewicht

Nun ist das nicht eins zu eins auf Autos übertragbar, da der Nutzen von Fahrzeugen nunmal anders als bei Kühlschränken nicht allein vom Rauminhalt abhängt. Anders gesagt: Ladekapazität ist nicht das einzige Kriterium beim Autokauf. Vor dem Hintergrund einer Vielfalt der Karosserieformen wird es deshalb nie eine hundertprozentig faire Lösung geben. Die Grundfläche ist als Berechnungsbasis meiner Ansicht nach aber immer noch plausibler als das Gewicht. Der Verwaltungsaufwand wäre übrigens vergleichbar, da die notwendigen Daten sich ebenfalls im Fahrzeugschein befinden.

Doch nun zählen die Kilos - was zu grotesken Ergebnissen führt: So schafft es ein Toyota Yaris 1.6 mit einem Normverbrauch von nur 5,2 Liter/100 km lediglich in die Effizienzklasse D, in der auch ein Toyota Landcruiser V8 mit einem fast doppelt so hohen Verbrauch (10,2 Liter/100 km) eingestuft ist. Noch unverständlicher: Ein siebensitziger Touran schneidet besser ab als das Modell mit zwei Stühlen weniger, nur weil er etwas mehr wiegt. Ich meine: Das Effizienzklassen-Label ist in der heutigen Form keine seriöse Orientierungshilfe für Autokäufer, denen der Erwerb eines möglichst umweltfreundlichen Fahrzeugs am Herzen liegt.

Peter Wolkenstein pro Energie-Effizienzklassen

Interessieren Sie sich für Haushaltsgeräte? Sind Sie über den aktuellen technischen Stand auf dem Laufenden? Ich nicht. Erst wenn eine Anschaffung ins Haus steht, hole ich Informationen ein, wobei Preis und Energieverbrauch wichtig sind, aber nicht alleine den Ausschlag geben: Beim Kühlschrank spielt der nutzbare Inhalt noch eine Rolle, bei der Waschmaschine die Schleuderdrehzahl.

Nun fallen Autos zwar nur bedingt unter die Kategorie Haushaltsgerät, aber auch hier gilt: Zwischen den verschiedenen Modellen gibt es deutliche Unterschiede, nicht zuletzt im Verbrauch. Ob der im Datenblatt angegebene Wert akzeptabel ist oder nicht, mag jeder Autofahrer anhand der Erfahrungen mit seinem Fahrzeug selbst entscheiden. Aber ob der im Showroom funkelnde Neuwagen tatsächlich überdurchschnittlich sparsam ist, bleibt ohne genaue Marktkenntnisse offen. Es ist also durchaus sinnvoll, auch Autos in Energie-Effizienzklassen einzustufen.

Dass hierfür nicht allein der CO2-Ausstoß (als Äquivalent für den Verbrauch) herangezogen wird, finde ich in Ordnung. 120 Gramm pro Kilometer sind für einen geräumigen Familienvan ein hervorragender Wert, für einen Kleinwagen dagegen allenfalls Durchschnitt – warum sollten beide also in die gleiche Effizienzklasse eingestuft werden? Als Kunde interessieren mich vergleichbare Modelle – wenn Effizienzklassen bei der Orientierung helfen sollen, müssen sie sich auf vergleichbare Autos einer Kategorie beziehen.

Grenzfälle gibt es, sind aber eher Ausnahme

Das wiederum ist leichter gesagt als getan. Denn die Kategorie – Kompaktklasse, SUV und so weiter – lässt sich anhand der Daten in den Fahrzeugpapieren nur unzureichend eingrenzen. Der Gesetzgeber hat sich für das Gewicht entschieden. Auf der einen Seite nachvollziehbar, denn wenn ein schweres Auto genauso wenig verbraucht wie ein leichtes, ist es effizienter. Auf der anderen Seite können sich vergleichbare Modelle – etwa VW Golf und Opel Astra – durchaus in ihrem Gewicht unterscheiden. So kann es passieren, dass das eine besser eingestuft wird, obwohl es sogar mehr CO2 ausstößt.

Solche Grenzfälle gibt es, aber sie sind eher die Ausnahme. Die Effizienzklassen-Einstufung mag im Detail noch Schwächen aufweisen, aber sie trägt dazu bei, Kunden für das Thema Verbrauch stärker zu sensibilisieren. Und wenn sie schon SUV statt Kleinwagen kaufen, kann es doch nur von Vorteil sein, wenn man dank der Effizienzklassen erkennen kann, ob es sich immerhin um eine vergleichsweise verbrauchsgünstige Ausführung unter seinesgleichen handelt.

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Erscheinungsdatum 26.05.2021

76 Seiten