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24hRennen Le Mans 2010 GT2-Klasse
Der Kampf in der GT2-Klasse: Der Konter

Inhalt von

Corvette und Ferrari hatten in der GT-Klasse in Le Mans klar Oberwasser, trotzdem gingen die Amis mit fliegenden Fahnen unter. Darauf hatten die Porsche-Piloten 18 Stunden gelauert.

24h Le Mans 2010 Porsche 911 Felbermayr
Foto: xpb

Drei Wochen vor Le Mans: Beim ALMS-Rennen in Laguna Seca produziert die GT2-Kategorie die klassische Vorstellung von dem, was man landläufig einen Krimi zu nennen pflegt: Im Minutentakt wechselte die Führung zwischen den tonangebenden Herstellern, Safety-Car-Phasen zerhackten das Rennen in unübersichtliche Portionen. Nach sechs Stunden Rennkuddelmuddel kreuzten Porsche, BMW und Corvette um drei Sekunden getrennt die Ziellinie. Darbietungen dieser Art entstehen nur in den Blütephasen des Motorsports, wenn alles passt: Hersteller, die Dampf machen, Technik-Reglements, die halbwegs passen, Starterfelder, die voll und zudem auch noch weitgehend ausgeglichen sind. Würden die gleichen Teilnehmer wie in Amerika - ergänzt um einige europäische Top-Acts wie das Felbermayer-Porsche-Team oder die Ferrari-Mannschaft AF Corse - über die sechsfache Distanz von Le Mans eine vergleichbare Magie verströmen können?

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Le Mans - ein Strecke für sich

Die Nennliste war mit 18 Teilnehmern bummsvoll, Profipiloten wohin man blickte. Es war angerichtet für ein großartiges Autorennen. Jedoch ist das Geläuf in Le Mans ein Unikat mit sehr speziellen Anforderungen: Das Rennen ist länger und härter zum Material, die Strecke schneller und erfordert hohe Topspeeds. Reichlich Motorleistung ist ebenso hilfreich wie ein niedriger Luftwiderstand. Standfestigkeit ist auch wichtig, ein guter Spritverbrauch notwendig, dazu muss der Reifenverschleiss passen. Und noch ungefähr weitere einhundert Dinge, die dieses Rennen in Le Mans so anspruchsvoll und einmalig machen. Genau deshalb gab es auch keine nahtlose Übertragung des Spannungsbogens von Laguna Seca nach Le Mans. Zu unterschiedlich sind die Fahrzeuge, zu unterschiedlich ihre Stärken und Schwächen. Die Grundrichtung, die sich im Zeittraining herausschälte, wo nur Ferrari und Corvette die magische Vier-Minuten-Marke knackten, lautete wie folgt: Ferrari und Corvette fahren Türklinke an Türklinke, Porsche hängt im Windschatten, und BMW fährt in einem anderen Rennen.

Der Marathon von Le Mans-Rennen bestätigte dann diese Hackordnung, wenngleich die beiden GT2-Goliaths Corvette und Ferrari das atemberaubende Tempo mit Rundenzeiten, die phasenweise deutlich unter den Qualifikationszeiten lagen, nur über einige Stunden wirklich ernsthaft darstellen konnten. Polesitter Ferrari, vertreten durch das amerikanische Risi-Team, verließ das phasenweise ziemlich wüste, aber absolut sehenswerte Duell mit Corvette nach Problemen im Getriebebereich. "Kein Wunder", so Corvette-Pilot Oliver Gavin. "So, wie die Risi-Piloten über die Curbs und andere Streckenbegrenzungen nagelten, mussten sie ja irgendwann ausfallen." Ferrari wollte nach zwei Klassensiegen in Le Mans das Triple, im Weg wäre nur Corvette gestanden. "Wir können in der Nacht ganz sicher wieder Triple-Stints fahren", orakelte Risi-Pilot Pierre Kaffer schon vor dem Rennen.

Das Ferrari-Team von Horst Farnbacher konnte die Lorbeeren für die Roten herausholen

Der einzige Hemmschuh bestand darin, dass Kaffer, Gianmaria Bruni und Jaime Melo das Rennen vom letzten Startplatz in Angriff nehmen mussten, weil die Kommissare nach dem Zeittraining feststellten, dass der Gurney am Heckflügel nicht ganz koscher war: Jede zweite Befestigungsschraube fehlte. Das legte den Verdacht nahe, dass sich der Gurney bei den hohen Topspeeds im Bereich von über 290 Stundenkilometern verbiegen könnte. Das Team betonte dagegen, man sei schon immer so gefahren. Ferrari wäre in Gestalt des Risi-Teams bis zum Rennende sicher eine kräftige Stimme im GT2-Geblöke der Werksteams und werksunterstützten Teams gewesen, auch weil man die Reichweite im Vergleich zu 2009 von 13 auf 14 Runden hochschrauben konnte. Dass am Ende aller Tage wieder das kleine, aber feine Ferrari-Team von Horst Farnbacher die Lorbeeren für die Roten aus Maranello herausholte, kann nach dem 24h-Rennen am Nürburgring nur noch Ahnungslose erschüttern.

Dieselben Fahrer (Dominik Farnbacher, Leh Keen, Allan Simonsen) schlichen sich lautlos von hinten an die Brigade der Werksmannschaften an. Das Auto wurde geschont, die Benutzung der ersten Gangstufe verboten, und um Curbs wurde hochanständig herumgefahren - alles Regeln aus dem großen Ankommer-Buch des Langstreckensports. Obendrein konnten die Hankook-Reifen Doppelstints mühelos verkraften. Platz zwei in der Klasse ist daher einerseits logisch, andererseits aber auch schlicht sensationell. Nachdem der Risi-Ferrari verglühte, war Corvette allein zu Hause. Die Stärke der Amis ist bekannt: Exzellente Stopps, standfeste Autos, erfahrene Piloten und ein sicheres Händchen in den so wichtigen Fragen der Politik. Corvette hatte seine Stärken in Amerika nie ausgespielt, Le Mans ist der Dreh- und Angelpunkt des Programms. Den Gegnern wurde schon am Donnerstag speiübel, als Corvette Longruns auf den harten Michelin-Reifen absolvierte - und dabei Rundenzeiten von 4.02 Minuten im Dutzend rausknallte.

Die Corvette-Mannschaft hatte ein sicheres Händchen in Le Mans

Die Corvette war in allen Belangen das Auto, das es zu schlagen galt: Sehr gute Topspeedwerte, aber auch viel Abtrieb, wie die Sektorzeiten für die 1,1 Kilometer lange Sektion der Porsche-Kurven belegte. Was die Gegner da noch nicht wussten: Triple-Stints mit den Michelin-Reifen waren ebenfalls drin, und das bei einem Frontmotorauto. Und was niemand ahnte und noch weniger glauben wollte: Corvette hätte 15-Runden-Stints fahren können. Die Erklärung: Die Amis fuhren mit Direkteinspritzung. Wieso und warum, das bleibt ein Geheimnis. Wie schon bemerkt: Die Corvette-Mannschaft hat ein sicheres Händchen in den heutzutage so wichtigen Fragen der Politik. Mit dieser Erklärung muss man es wohl bewenden lassen. Keine Politik der Welt kann einen Le Mans-Teilnehmer jedoch im Rennen vor Unbill schützen.

Als die erste Corvette mit Motorschaden nach 16 Stunden ausrollte und der zweite Wagen erst in einen Unfall verwickelte wurde und sodann ebenfalls mit rauchendem Colt verendete, war das Feuerwerk der gelben Muskeltiere endgültig erloschen. Nicht wenige Gegner freuten sich recht herzlich, dass ausgerechnet der V8-Motor mit der umstrittenen Direkteinspritzung der Speed-Demonstration von Corvette ein vorzeitiges Ende bereitete. "Volle Lotte, null Fehler." Die Rennzusammenfassung von Marc Lieb fällt ähnlich kurz aus wie die Liste der Unregelmäßigkeiten im Camp des deutschen Felbermayer-Teams: Keine Schrammen, keine öltriefenden Motoren, keine Unfälle, nicht einmal Ärger im Bereich von Getriebe oder Kupplung, der traditionellen Sollbruchstelle im Langstreckensport.

Das viel Spektakel erzeugende Art Car von BMW blieb ohne Sprit beim Rennen in Le Mans liegen

Das Rennen ein Muster an Ereignislosigkeit, die Abwesenheit von Fehlern das Erfolgsgeheimnis - was soll man da noch groß schreiben? Dass die Fahrer Marc Lieb, Richard Lietz und Wolf Henzler den Bock rannahmen bis zum Geht-nicht-mehr - und dabei trotzdem fehlerfrei blieben? Das setzt man bei dieser Fahrerpaarung voraus, auch wenn das schon fast unverschämt ist. Dass man ab der dritten Rennstunde Doppelstints mit den Michelin-Reifen fuhr, war in der Tat ein erstaunliches Novum in der Geschichte der hecklastigen Elfer-Geschichte. 14 Runden mit einer Tankfüllung? Porsche war immer Benchmark beim Verbrauch, doch die Gegner haben auch aufgeschlossen. Aber wenn man alles richtig macht, spielt das keine Rolle, oder? Und dass unter den fünf Klassenbesten drei Elfer sind, ist Balsam auf die in Le Mans so oft geschundene Porsche-Seele.

Noch geschundener war nur die BMW-Seele in Le Mans, die sich an wenig laben konnte. Im ersten Training war das Schnitzer-Team weit vom Schuss, am zweiten Tag schon näher dran, weil auf die Öhlins-Dämpfer-Spezifikation aus der ALMS umgesattelt und das scharfe Motormapping ausgepackt wurde. Dennoch fehlten auf die Spitze drei harte Sekunden. Auch im Rennen änderte sich an diesem Zeitenkorridor eher wenig. Das viel Spektakel erzeugende Art Car blieb ohne Sprit liegen, das Schwesterauto hatte einen Unfall sowie den Tausch der Antriebswellen zu verdauen. Die Restriktorverkleinerung vor dem Rennen auf 29,0 Millimeter sorgte dafür, dass man beim Motormapping nachlegen musste, um nicht in die Topspeedfalle zu geraten. Doch gleichzeitig ging so die Verbrauchseffizienz des BMW M3 über den Deister: Bei 13 Runden lag die Standardreichweite - zu wenig, um sich im GT2-Gewühl nach vorn tanken zu können. Einsam im luftleeren Raum des GT2-Mittelfeldes kam der BMW auf Platz 5 ins Ziel. Laguna Seca wiederholte sich - aber leider nicht über 24 Stunden, sondern nur über sieben Stunden. Kommendes Jahr steigt die GT2-Klasse zur Le Mans-Einheitskategorie der Produktionswagen auf. Schon jetzt wird gewettet, dass dann noch mehr Hersteller auf den rasanten GT-Zug aufspringen werden. Allerdings müssen die Regelhüter auch aufpassen, dass das zarte GT2-Pflänzchen nicht frühzeitig vom Sturm der Sondergenehmigungen umgeweht wird: Wenn das mit Abstand schnellste Auto im Feld auch noch eine Runde mehr fahren kann als alle Gegner, dann ist ein gewisser Pilzbefall schon zu erkennen.

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Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten