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Die Zukunft von VW R
Touareg PHEV heute, ID.3 R morgen

VWs Spaßauto-Tochter R muss den vom Konzern vorgegebenen Weg der Elektrifizierung mitgehen. Vorher aber darf der Vorzeige-Familien-Kombi Passat von der Leine – auf einem zugefrorenen See.

VW Passat Variant R
Foto: Ingo Barenschee / VW

Feinster Schneestaub schwebt über dem Arvidsjaursjön, einer von rund 4.000 Seen in der Region um Arvidsjaur in Schwedisch Lappland. Die über 10 Quadratkilometer große Oberfläche bedeckt eine knapp 50 Zentimeter dicke Eisschicht, da können also schon ausgewachsene Lastwagen drüber rollen. Aktuell aber: Eine Horde VW Passat Variant R-Line Edition, deren mondsteingrauer Lack von Runde zu Runde mit Schnee überzuckert wird. Hier darf der trotz seines 272 PS starken Vierzylinder-Turbomotors und üppig beschwellerte, eher brave Familien-Kombi die abgewetzte Lederkutte überziehen und den Rocker raushängen lassen.

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Vollständig abschaltbares ESP als Spaßfaktor

Denn während der Konzern an der großen Antriebsrevolution bastelt, ab 2026 die Entwicklung neuer Verbrennungsmotoren unterlassen will, steckt in diesem Passat ein kleines Revolutiönchen: Seine elektronische Stabilitätskontrolle, weithin als ESP (eigentlich ein Mercedes-Begriff für diese Technik) bekannt, lässt sich vollständig deaktivieren. Was das bringt? Im Alltag: Nichts. Hier: Alles. Gaudi. Quertreiberei, tapfere Driftwinkel, die Welt aus der Seitenscheibe betrachten. Aber eben auch: Fahrzeugbeherrschung, Reflexe schulen, Physik verstehen im Allgemeinen, den Lastwechsel im Besonderen. Klar, der auf dem Haldex-Prinzip basierende Allradantrieb erlaubt bestenfalls eine Kraftverteilung von 50 zu 50, und das auch erst, wenn an den Vorderrädern Schlupf auftritt. Reines Leistungsübersteuern entfällt also eher, verkrümelt sich höchstens mal in Richtung Kurvenausgang.

VW Passat Variant R
Ingo Barenschee / VW
Der Allradantrieb verteilt die Kraft 50:50 zwischen Vorder- und Hinterachse.

Die Lösung: Anpendeln, Lastwechsel über die Bremse, geht schon. Der lange Radstand beruhigt, zwingt dich zu Geduld, bevor du wieder ans Gas gehst, doch speziell diese mittlere Rechts, die in eine längere Links übergeht, die sich wiederum in eine engere Rechts zwängt, um dann in eine ewig lange Beinahe-Gerade zu flüchten, hui, da fliegt der Kombi. Im Prinzip flipperst du nur zwischen zweiten und drittem Gang im Doppelkupplungsgetriebe herum, freust dich über die schnellen Reaktionen, ärgerst dich zuweilen, dass es den Gang nicht hält, zu früh hochschaltet. Doch das auf 900 Einheiten limitierte Passat-Sondermodell spielt wacker mit, lässt sich triezen, hilft dir mit seiner kommunikativen Lenkung, die auch bei schnellen Richtungswechseln nicht verhärtet. In den Reifen stecken je 400 Spikes von zwei Millimeter Länge, was auf dem Eis vor allem ein Plus an Bremsleistung bringt. In der unendlichen, angeditschen Kehre im hintersten Winkel des Rundkurses hilft es allerdings, das Kurveninnere Vorderrad am Eingang kurz in den Schnee einzuhaken, um das Heck ein bisschen schneller herumkommen zu lassen. Dann geht’s hier auch im dritten Gang. Aber muss es das?

Was kommt von VW R – elektrisch?

Jost Capito, Leiter der Volkswagen R GmbH, steigt aus einem T-Roc R, 300 PS stark – und stark gefragt. Mit der Nachfrage nach dem seit wenigen Wochen verfügbaren Kompakt-SUV ist man zufrieden. Die VW-Tochter Seat meldet in Deutschland vom technisch nahezu identischen Cupra Ateca einen Anteil von 30 Prozent an der Baureihe, Konkurrent Hyundai liefert ebenfalls rund ein Drittel des Kompaktwagens i30 in der N-Variante aus, wahlweise 250 oder 275 PS stark. Kein Bock auf Auto sieht anders aus. Wird es dann überhaupt einen rein elektrischen VW R geben, Herr Capito? „Ja, definitiv. Der muss sich aber genauso rechnen wie ein R-Modell mit Verbrennungsmotor. Wir sagen den Märkten also, was das Auto kann und was das kosten würde, dann bekommen wir eine Absatzprognose zurückgespielt. Erscheint die zu gering, muss die Technik wieder angepasst werden. Auch dazu dient uns der eR1, damit können wir auch unseren Importeuren zeigen, was möglich ist.“

Ein Elektro-Golf R fährt schon

Der eR1 ist ein Elektrofahrzeug auf Basis des Golfs, in dessen Antrieb die Erkenntnisse aus den drei Rekordfahrten (Nürburgring Nordschleife, Pikes Peak, Tianmen) einflossen. Und was muss ein straßenzugelassener Elektro-R draufhaben? „Nehmen wir mal den Golf R als Maßstab. Das ist ein voll alltagstaugliches Erstfahrzeug, kein Zweit- oder Drittwagen ausschließlich für den Spaß. Da darf ein Elektro-R keine Ausnahme machen. Ich bin mir aktuell aber selbst noch nicht sicher, was einem möglichen Kunden bei einem Elektroauto Freude bereitet, der heute enthusiastisch eines mit Verbrenner fährt. Ich glaube nicht, dass sich das auf die Längsbeschleunigung reduziert“, sagt Capito. Vielmehr gelte es, die spezifischen Vorteile wie schnelle und präzise Kraftverteilung sowie den niedrigen und zentralen Schwerpunkt zu nutzen. Der Nachteil: Das Gewicht. Wann so ein Auto kommen könnte? Capito dämpft die Erwartungen: „Auf jeden Fall länger als zwei Jahre, denn allein die Freigabe der Batterie dauert rund vier Jahre, zumindest aktuell. Die Freigabezeiten reduzieren sich ja auch.“

Touareg R wird ein Plug-in-Hybrid

Zunächst einmal zeigt VW R den ersten Plugin-Hybrid, den Touareg R. Dessen Antriebsstrang entspricht weitestgehend dem des Porsche Cayenne E-Hybrid. Sonst keine Elektrifizierungsmaßnahmen geplant? „Das hängt stark von der Gesetzgebung ab. Euro7 sollte ja 2023 kommen, jetzt wird es wohl 2025, dafür kommt eine nochmals verschärfte Euro 6-Norm. Doch wie sieht die aus? Ist Lambda1 da schon vorgeschrieben oder nicht? Das hat alles erheblichen Einfluss. In diesem Jahr kommen wir erst einmal noch mit einigen Verbrennern, die nicht elektrifiziert sind. Wir können da keine eigenen Wege gehen, das muss auf dem basieren, was in der Serie kommt. R-Modelle sollen schließlich erschwingliche Performance-Fahrzeuge sein“, antwortet Capito.

Noch in diesem Jahr folgt der Golf R mit 333 PS starken Zweiliter-TSI-Triebwerk – ohne Elektrifizierung, da der Konzern sich hier auf die vom Absatzvolumen relevanteren 1.0- und 1.5-Motoren konzentriert (eTSI). Die Besonderheit des Golf: Ein Differenzial an der Hinterachse, das gezielt das Drehmoment zwischen den Hinterrädern verteilen kann, um die Agilität zu erhöhen – nicht nur auf Schnee, vor allem auf Asphalt. Doch das hört sich so an, als könne es auf dem zugefrorenen Arvidsjaursjön noch lustiger zugehen. Jost Capito steigt wieder in den T-Roc R, die Vierrohr-Abgasanlage vom Spezialisten Akrapovic rollt einen rotzige-donnernden Klangteppich hinter dem VW aus, eine Schleppe aus Schneestaub heftet sich ans Heck. Der Klang des Passat wirkt dagegen doch arg dröge, die Schneeschleppe jedoch nicht minder spektakulär als die des T-Roc. Die Sicht wird hier vermutlich nicht so schnell aufklaren.

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