Mit dem neuen AMG GT 63 Pro bringt Mercedes nach eigenen Angaben das sportlichste Modell der AMG-GT-Familie an den Start. Vorgestellt wurde die für die Rundstrecke optimierte Version auf dem diesjährigen Goodwood Festival of Speed, nun dürfen wir erstmals fahrdynamischen Kontakt aufnehmen – und zwar auf der Clubsport-Strecke von Ascari in Südspanien.
Das Performance-Plus für die Rennstrecke soll aus einem leistungsgesteigerten V8-Motor, einer optimierten Aerodynamik sowie einem verbesserten Kühlsystem resultieren. Dennoch soll der GT Pro weiter ein hohes Maß an Alltagstauglichkeit bieten.
27 PS mehr Leistung
Mehr Leistung hat einem Plus an Dynamik noch nie geschadet. Mit einer überarbeiteten Motorsteuerung klettert die Power des 4,0-Liter-V8-Biturbo-Motors um 27 PS und 50 Nm. Die neue Ausbaustufe kommt so auf 612 PS und ein maximales Drehmoment von 850 Nm. Von null auf 200 km/h sprintet der AMG GT 63 Pro in 10,9 Sekunden (0,5 Sekunden schneller als der AMG GT 63). Die Höchstgeschwindigkeit wird bei 317 km/h erreicht.
Mehr Leistung erzeugt mehr Abwärme. Um den Temperaturhaushalt stabil zu halten, wurden in den linken und rechten vorderen Radläufen nun jeweils zwei Kühler positioniert. Die Aufsatzkühler der Differenziale an Vorder- und Hinterachse sowie des Verteilergetriebes werden aktiv mithilfe von elektrisch betriebenen Wasserpumpen gekühlt. Die neue Geometrie der Luftleitschaufeln am Unterboden und die überarbeiteten Bremsenabdeckbleche leiten zudem mehr Luft zur Bremse.
Flügelchen und Spoiler
Nachgelegt wurde ebenfalls beim Aeropaket. Die neu gestaltete Frontschürze trägt rund um die vergrößerten seitlichen Lufteinlässe zusätzliche Luftleitelemente. Die Serienausstattung umfasst zudem das aktive Aerodynamik-Profil im Unterboden, das aktive Luftregelsystem in der Frontschürze und einen starren Carbon-Flügel auf der Heckklappe. Hinzu kommen zusätzliche Luftleitelemente am Unterboden, jeweils auf Höhe der Achsen. Alle Maßnahmen zusammen erhöhen den Abtrieb an der Vorderachse um 30, an der Hinterachse um 15 Kilogramm. Standfeste Bremspower liefern serienmäßig montierte Keramik-Stopper mit Titan-Belägen und 420er-Scheiben an der Vorderachse.
Diese sitzen hinter neuen 21-Zoll-Schmiederädern im Kreuzspeichen‑Design, die exklusiv in Himalayagrau matt lackiert sind. Serienmäßig sind sie mit Michelin-Pilot-Sport-5-Reifen bestückt. Optional sind ohne Aufpreis Michelin-Pilot-Sport-Cup-2R Cup-Reifen erhältlich. Die Dimensionen lauten vorn 295/30 und hinten 305/30.
Damit man den Motorsport-Ansatz auch gleich sieht, ist das AMG Carbon Paket Exterieur mit Frontsplitter, Zierleisten in den Seitenschwellern, Diffusor und dem bereits erwähnten Heckflügel serienmäßig an Bord. Innen sind die Performance-Sitze serienmäßig, das Rundum-sorglos-Track-Pack mit GPS Streckenanalysetool ohnehin. Und was den Spagat zwischen Rennstrecke und Alltag noch mal verdeutlicht: Für 1.904 Euro lässt sich sogar für den Pro das Fondsitz-Paket ordern.
Grip ohne Ende
Für den Erstkontakt schickt uns AMG auf die anspruchsvolle Privatstrecke Ascari in der Nähe von Ronda – und trotzdem droht Ungemach von oben. In den Bergen gelegen, ist die Strecke ohnehin anfällig für landesuntypisches Wetter und auch heute hängen die Wolken zwischen den Bergkämmen. Gerade als wir zu unserem ersten Stint aufbrechen, fängt es an zu nieseln. Das verträgt sich gar nicht gut mit den aufgezogenen Cup 2 R aus dem Hause Michelin. Zwar lässt AMG seinen Kunden die Wahl zwischen Semislick und dem zivilen Pilot Sport 5, aber hier auf dem Track ist die Wahl eindeutig.

Die Zielflagge am Heck deutet es an: Mit dem GT 63 Pro zielt AMG auf den Gentleman-Racer, der gern auf eigene Achse zum Trackday cruist.
Also schnell raus, bevor es schlimmer wird: Schon in der ersten Links zuckt der GT 63 Pro beim rausbeschleunigen mit dem Hinterwagen, dabei haben wir noch nicht mal ESP aus. Auch im Sport-Modus lässt er die Zügel schon angenehm locker, ganz verzichten wollen wir bei diesen Bedingungen auf das rettende Sicherheitsnetz dann doch nicht. Nach einer halben Runde haben wir die Bedingungen verinnerlicht. Die Strecke ist noch ok, aber an einigen Stellen schon recht rutschig. Vor allem verwundert uns, wie viel Grip die Vorderachse trotz des Regens noch immer hat. Wer beim Einlenken nicht mit der groben Kelle kommt, sondern eher die filigrane Klinge reitet, der erntet langwährende Stabilität.
Schöner Mix aus Alltag und Racing
Kurvenausgangs ist der Neue weit weniger hinterlistig als der Vorgänger. Das liegt naturgemäß daran, dass nun der Allradantrieb die Fuhre über die Vorderachse geradezieht, sobald das Heck allzu unwirsch auszukeilen versucht. Dabei will er bewusst nicht dem GT R oder sonstigen Derivaten der abgelösten Generation nacheifern. Entspannt zum Trackday gondeln, ein paar fixe Runden auf den Asphalt zaubern und genau so komfortabel wieder auf eigener Achse heim rollen. All das soll der neue problemlos können.

Das Interieur vereint Sportlichkeit mit Eleganz.
Nach einer Dreiviertelstunde sind wir mit unserem zweiten Slot dran und siehe da, die Wolken haben sich verzogen. Und was der Pro nun abliefert, ist ganz großes Kino: Was sich im Feuchten nur angedeutet hatte, kommt nun glasklar zum Vorschein. Dieser GT ist ein Grip-Monster. Schon bei der normalen Version begeisterte uns die Vorderachse mit ihrer, im Vergleich zum technischen Bruder SL, viel aggressiveren Abstimmung. Extrem direktes Einlenkverhalten, durch die 295er Breite vorn ein nicht enden wollendes Gefühl von Stabilität, dazu dieser unnachgiebige Punch des Vierliter-Biturbos mit seinen nun 612 PS – ein Traum. Mit der zweiten Generation GT wollte AMG allgemeinverträglicher werden, die Art von aus dem Handgelenk geschüttelter Supersportlichkeit vermitteln, wie es sonst nur ein 911 Turbo kann. Und mit dem Pro hat sich der GT noch ein weiteres Zuffenhäuser Talent angeeignet: Mit ihm fühlt sich auch ein durchschnittlich talentierter Fahrer, als könnte er nächstes Jahr DTM-Champion werden.
Marktstart und Preise
Allerdings erfordert dieses Motorsport-Feeling auch ein nicht unerhebliches Startgeld: Der Grundpreis für den 612 PS starken Pro liegt bei 219.674 Euro. Die Schwaben verlangen damit fast 30.000 Euro mehr, als für den AMG GT 63 4Matic+, der bereits ab 190.192 Euro zu haben ist.