Mercedes-AMG CLE 53: Basis-AMG mit Sechszylinder

Mercedes-AMG CLE 53 4-Matic+ Coupé und Cabrio
Ganzjährig offen fahren kostet sechsstellig

Veröffentlicht am 07.11.2024

Die beste Art einen emotionalen Motor zu genießen, ist in einem offenen Auto. Im Mercedes-AMG CLE 53 Cabrio schlummert unter der muskulösen Haube ein turbogeladener Dreiliter-Reihensechszylinder mit 449 PS und 560 Nm Drehmoment. Für zehn Sekunden stehen sogar geboostete 600 Newtonmeter an. Technisch verzichtet man bewusst auf ein Biturbo-Konzept, denn ein E-Verdichter übernimmt die Aufgaben des zweiten konventionellen Turbos in niedrigen Drehzahllagen. Damit katapultiert sich der 53er in nur 4,4 Sekunden auf Landstraßentempo, mit der optionalen Racestart-Funktion schabt er noch mal zwei Zehntel ab. Haben wir natürlich direkt ausprobiert und sind beeindruckt. Der vollvariable Allrad verzahnt die 295er-Hinterreifen souverän im Asphalt, situationsabhängig – und die 0-100-Beschleunigung ist genau so eine Situation – schaltet sich die Vorderachse zu. Falls kein Ampelspurt, sondern fröhliche Quertreiberei auf dem Plan steht, lässt sich die Kraftverteilung auch komplett an die Hinterachse leiten. So hat man quasi einen Driftmode an der Hand. Ein 48-Volt-Mildhybrid-System steuert noch mal 23 PS über einen Startergenerator bei.

Im Alltag lässt sich der offene 53er aber auch entspannt bewegen. Das Verdeck öffnet in rund 20 Sekunden – auch während der Fahrt bis 60 km/h –, der vielzitierte Nackenföhn macht es den Passagieren auch bei mäßigen Temperaturen mollig warm und aus dem Scheibenrahmen fährt auf Knopfdruck ein Windabweiser namens Aircap aus, der den Fahrtwind über die Frontpassagiere hinweghebt. Das schont nicht nur die Frisur, sondern hält auch Regentropfen aus dem Innenraum fern. Können wir bestätigen, denn mittlerweile hat es auf unserer ersten Testrunde angefangen zu nieseln. Also: Dach drauf und ab in Sport+ mit der Fuhre.

Mercedes-AMG CLE 53 Cabrio
Andre Tillmann

Spätestens jetzt zeigt sich die gespaltene Persönlichkeit dieses AMG light. Wobei die von Herstellerseite ungeliebte Formulierung in diesem Falle wahrlich fehl am Platz ist. Wie beim C63 wurde der Vorderwagen substanziell überarbeitet, die Spur vorn um 58, hinten gar um 75 Millimeter verbreitert, die Motorhaube gefällt mit ihrem muskulösen Powerdome. Unser Testwagen hat zudem den 20-Zoll-Schmiederadsatz im Kreuzspeichen-Design verbaut, der ihn nochmals stämmiger wirken lässt. Dessen Aero-Ring ist übrigens nicht nur Design, sondern hat tatsächlich eine staudrucksenkende Wirkung. Vorn betont man mit weit geöffneter Schürze die Sportlichkeit, am Heck protzt der CLE 53 mit einem angedeuteten Diffusor und vier runden Endrohren. Ist natürlich subjektiv, aber schaut in unseren Augen sogar cooler aus als die Blenden der 63er-Modelle. Aber vielleicht hat man sich an den vier Trapezrohren auch einfach nur satt gesehen.

Wirklich verblüfft uns aber das Sounddesign, das zwar nicht mit dem metallischen Hämmern der alten V8-63er gesegnet ist (woher soll’s auch kommen), aber den Reihensechser geschmackvoll und sonor in Szene setzt. Über das tendenziell infantile Gespratzel beim Runterschalten oder Gas wegnehmen lässt sich diskutieren, aber wer keine Lust drauf hat, stellt den Auspuff eben über die AMG-Tasten am Lenkrad auf zivil.

Mercedes-AMG CLE 53 Cabrio
Andre Tillmann

Hier lassen sich auch Fahrwerk und Getriebe auf die aktuelle Vorliebe des Fahrers einstellen, wenn einem mal die vorkonfigurierten Settings nicht variantenreich genug sind. Gerade in Sachen Fahrwerk ist die Spreizung deutlich spürbar – vornehmlich im unteren Fahrerrücken. Denn kurze Stöße prügelt er einem dann durchaus markant, wenn auch nicht unangenehm ins Kreuz. In der komfortabelsten Stufe ist davon kaum noch etwas zu merken. Apropos: Gerade beim Rangieren merkt man sofort die serienmäßige Hinterachslenkung, die bis ca. 100 km/h mit maximal 2,5 Grad gegenläufig den Wendekreis verringert. Darüber lenkt die Hinterachse ganz dezent gleichförmig und verbessert so die Spurstabilität.

Innen hatten wir die grundlegenden Komfortfeatures bereits angeteasert. Dazu kommen die jederzeit empfehlenswerten AMG Performance Sitze für 2.559 Euro Aufpreis. Der Seitenhalt ist souverän, der Sitzkomfort dem Basisgestühl fast ebenbürtig. Was die Lenkung angeht, gefällt uns ihr AMG-typisch leichtgängiger Charakter recht gut. Auch in den Sport-Modi wirkt sie nicht zu künstlich versteift. Das Volant ist unten stets abgeflacht, wir fuhren die 500 Euro teurere Variante mit Mikrofaser-Grifffläche. Mit den beiden Aluminium-Schaltpaddeln lassen sich die neun Fahrstufen auch manuell wählen, das Klick-Feedback ist jedoch nicht ganz nach unserem Geschmack. Automatik konnten sie schon immer besser. Die Mittelkonsole dominiert das im Neigungswinkel verstellbare 11,9-Zoll-Zentraldisplay im Hochformat, wobei der ebenfalls digitale Instrumententräger mit 12,3 Zoll in Sachen Diagonale sogar größer geraten ist.

Preislich sind wir dagegen längst im Bereich echter AMG-Modelle angekommen: 100.436 Euro kostet der offene CLE 53 mindestens – und damit 8.150 Euro mehr als das Coupé. Der ebenfalls sechszylindrige CLE 450 ohne AMG-Klimbim ist rund 12.000 Euro günstiger.

Das Cabrio

In puncto Ausstattung und Technik-Umfang gibt es keine Unterschiede zum Schwestermodell mit festem Dach. Abseits der Cabrio-spezifischen Merkmale, versteht sich. Zu Letzteren zählen Airscarf und Aircap. Beide Extras sorgen dafür, dass laut Hersteller ein ganzjähriger offener Fahrspaß kein Problem darstellt. Der Airscarf ist bereits aus anderen Mercedes-Cabrios bekannt und bläst einen warmen Luftstrom in den Nacken von Fahrer und Beifahrer. Das Aircap ist eine ausfahrbare Klappe am oberen Rahmen der Windschutzscheibe, die den Fahrtwind über den Innenraum hinwegführt. Einen Windschott gibt es ebenfalls.

SPERRFRIST 06.05.24 10 Uhr Mercedes-AMG CLE 53 Cabrio
Dirk Weyhenmeyer / Mercedes

Das Akustik-Verdeck bietet Mercedes-AMG in Schwarz, Rot und Grau an. Innerhalb von 20 Sekunden sind Öffnen oder Schließen abgehandelt. Beides funktioniert bis zu einer Geschwindigkeit von 60 km/h. Vom Kofferraumvolumen (385 Liter) bleiben bei offenem Verdeck 295 Liter übrig. Ein verstärkter Rohbau kompensiert das fehlende feste Dach, ein Überrollschutzsystem sorgt im Falle eines Unfalls mit Überschlag für die Sicherheit der Insassen.

Der Spurt auf 100 km/h dauert aus dem Stand 4,4 Sekunden. Zwei Zehntel gewinnen jene Kunden, die das optionale "AMG Dynamic Plus"-Paket mit Launch-Control-Funktion einbuchen. Die Höchstgeschwindigkeit lässt sich per "AMG Driver's Package" von 250 auf 270 km/h erhöhen. Weiteres zu technischen Details, Fahrwerk, Allradantrieb und Optionen erfahren Sie in diesem Artikel am Beispiel des Coupés, das wir bereits zu einer Probefahrt ausführen durften.

SPERRFRIST 06.05.24 10 Uhr Mercedes-AMG CLE 53 Cabrio
Dirk Weyhenmeyer / Mercedes

Interieur

Die E-Klasse-Bezüge breiten sich im Wesentlichen im Innenraum aus, dem man dank des generös geschnittenen Fondbereichs sogar eine vollwertige Viersitzigkeit attestieren darf. Cockpit und Vorderwagen hingegen orientieren sich eher in Richtung C-Klasse, spitzen das Fahrgefühl sozusagen mit Hilfe einer kompakteren Anbindung zu. Die Mischung machts!

Im Inneren heißen Sportlenkrad sowie Sportintegralsitze mit Kunstlederbezügen sowie rote Sicherheitsgurte die Fahrer willkommen. Echtes Leder und Performancesitze gibt es gegen Aufpreis. Die Inneneinrichtung verknüpft die aktuellen Mercedes-Standards mit AMG-Pop. Bedeutet: Auch dem CLE fehlt ein klares Instrumentendesign. Der Röhren-Look in den vermeintlichen Spurt-Ansichten ist schlichtweg Käse, die klassische Ansicht wird in den spannenden Bereichen vom fleischwurstdicken Lenkradkranz überdeckt. Aber: das Head-up-Display hat beim AMG-CLE einen Balkendrehzahlmesser in petto, weshalb wir die Rumhacke wieder wegstecken können. Vor der Mittelkonsole lehnt das übliche 11,9-Zoll-Tablet der dritten MBUX-Generation, das sich zur Darstellung allerlei AMG-spezifischer Inhalte animieren lässt. Drumrum: großflächige CFK-Einlagen, Ambientelicht bis in die Fußräume sowie – als Must-Have – die Performance-Sitze mit adaptiven Wangen und straffer Polsterung.

449 statt 435 PS

Vergleichsweise flauschig: der Klang. Keine Pauken, keine Trompeten. Stattdessen: Laufkultur. Die Hoffnung (oder Sorge), die aggressive Aufmachung könne auf den geschmeidigen Charakter des 53ers abgefärbt haben, ist jedenfalls schnell verflogen. Zumal sich am Antrieb gegenüber seinen bisherigen Auftritten nur Details geändert haben. Im Zentrum steht weiterhin ein Dreiliter-Reihensechszylinder, der mit optimierten Brennräumen, neu gestalteten Ventilen sowie einer veränderten Einspritzung verfeinert wurde und in gewohnter Manier bezuschusst wird. Zum einen durch einen elektrisch angetriebenen Zusatzverdichter, der nun länger "vorladen" kann, sodass der Abgasturbo größer dimensioniert werden konnte. Endeffekt: 1,5 statt 1,1 bar maximaler Ladedruck, 449 statt 435 PS und 560 Nm – deren 600 sogar im zehnsekündigen Overboost.

Zuarbeiter Nummer zwei – der integrierte Startergenerator – ist in die Getriebeglocke eingezogen, um von dort aus bis zu 17 kW und 205 Nm in den Antrieb einzuspeisen, allerdings nur kurzfristig. Wie bei allen AMG-Sprösslingen wird die Kraft per Neunstufen-Automatik übertragen, hier jedoch nicht mittels nasser Anfahrkupplung, sondern konventionell per Wandler, der im CLE 53 (mit Dynamic-Plus-Paket) aber erstmals auch den Launch kontrollieren kann.

4,0 Sekunden bis Tempo 100

Die Sprintperformance liest sich dementsprechend imposant. Bis zu 4,0 Sekunden auf 100 ändern aber nichts daran, dass der Dreiliter nicht das ist, was man einen Sportmotor nennen würde. Er schiebt cremig an, zieht flächig durch, dreht dann wuchtig aus – alles wie gemalt, für die linke Autobahnspur, aber ein bisschen pomadig auf Routen wie diesen hier auf Teneriffa.

Manche Straßen verschlingen sich derart mit der schroffen Topografie, dass man die stahlgefederte Ride-Control ordentlich rannehmen kann, ohne mit dem (per Shortcut abschaltbaren) Tempopiepser ins Gehege zu geraten. Quintessenz aus der Hatz durchs Naturparadies: Die Reaktionen des Fahrwerks sind schärfer als jene des Motors: 265er vorn, 295er hinten, klebrige Michelins, stattliche Spurweiten – eine harte Schale für einen verhältnismäßig weichen Kern.

Die sportlichen Modi vermögen die charakterlichen Differenzen zwischen Motor und Fahrwerk aber immerhin zu reduzieren. Statt die Gänge aneinanderzuschmiegen, lädt sie der CLE dann ruckvoll durch, der seidige Sound wird fauchiger, das Handling aber nach wie vor vom Gewicht diktiert – auch weil im Unterschied zu den Topmodellen die Aktivsperre fehlt, die dem Einlenkverhalten über Torque-Vectoring auf die Sprünge helfen könnte.

Der 63 kommt

Nicht zu viel wollen, lautet daher die Grundregel, sonst überrumpeln gut 1.900 Kilo die Seitenführungskraft. Besser daher: Die blitzsaubere Parameterlenkung als Anker nutzen, sachte einfädeln, das Zutun der serienmäßigen Hinterachslenkung einkalkulieren, und dann ordentlich Drehmoment in den Allrad pumpen, damit der genügend Spielmasse zur Verfügung hat, um seine (je nach Modus) heckbetonte Kraftverteilung auszunutzen.

Doch auch wenn dabei überaus erquickliche Fahrgefühle entstehen, die Abstimmung macht vor allem eines: Lust auf mehr – auf mehr Power. Klar ist: Nur für den 53er hat sich die Coupé-Karosserie nicht derart verrenkt. Da kommt noch was: ein 63ers, auch das ist klar! Wegen der modellpolitischen Doppelrolle des CLE stellt sich wenn, dann nur die Frage, in Richtung welcher seiner beiden Einflusssphären das Motorkonzept des künftigen Top-Coupés tendiert?

Antrieb und Fahrwerk

Bei den AMG-Motorisierungen spielt Mercedes ein wenig verkehrte Welt. Im Topmodell CLE 63 arbeitet der aus der C-Klasse bekannte Vierzylinder-Performance-Hybrid mit bis zu 680 PS. Der Basis-AMG CLE 53 bietet zwar weniger Leistung, dafür aber einen vermutlich prestigeträchtigeren Reihensechszylinder. Der CLE 53 4-Matic+ kombiniert den 449 PS starken Dreiliter-Sechszylinder mit doppelter Aufladung, mit einem Abgasturbolader und einem elektrischen Zusatzverdichter sowie mit einem 48-Volt-ISG-System, das bis zu 23 zusätzliche PS und maximal 205 Zusatz-Nm liefert. Das maximal 560 Nm starke Antriebskonzept findet sich so auch im Mercedes S 500 4-Matic. Per Overboost sind kurzzeitig sogar bis zu 600 Nm drin. Gangwechsel obliegen der bekannten AMG-Speedshift-Neungang-Automatik. Die Kraftübertragung auf alle vier Räder sichert der vollvariable Allradantrieb 4Matic+. Von null auf 100 km/h spurtet der 53er in 4,2 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit liegt abgeregelt bei 250 km/h. Optional wird das Limit auf 270 km/h angehoben.

Eine Stahlfederung und eine adaptive Verstelldämpfung prägen zusammen mit einer Hinterachslenkung das Fahrwerk des CLE 53. Per Schalter können drei Dämpfer-Kennlinien vorgewählt werden.

Design und Ausstattungspakete

Als Vertreter der AMG-Fraktion geht der CLE 53 optisch eigene Wege. Für den sportlichen Look sorgen eine AMG-spezifische Kühlerverkleidung, eine neu geformte Frontschürze mit größeren Lufteinlässen sowie eine neue Heckschürze, die die runden Doppelendrohrblenden harmonisch integriert. Die Heckleuchten sind durch ein dunkelrotes Design-Element miteinander verbunden. Auf dem Heckdeckel sitzt ein kleiner Spoiler. Besonders markant sind aber die ausgestellten Radläufe, die dem AMG CLE vorn 58 Millimeter und hinten 78 Millimeter mehr Spurbreite verleihen. Darunter stecken 19 Zoll große AMG-Räder; auf Wunsch gibt es Pendants im 20-Zoll-Format. Hinter diesen sitzt die AMG-Hochleistungs-Bremsanlage mit Vierkolben-Sätteln und 370er-Scheiben vorn sowie 360er-Discs und Einkolben-Sätteln hinten.

Das optionale AMG-Optik-Paket setzt noch sportlichere Akzente. Es enthält zusätzliche Flics an Front- und Heckschürze, eine ausgeprägtere Abrisskante auf dem Kofferraumdeckel und ein Diffusor-Brett zwischen den Endrohrblenden. Zur weiteren Individualisierung stehen je zwei AMG-Night- und -Carbon-Pakete zur Wahl.

Preise und Marktstart

Bestellt werden kann der Sechszylinder-AMG im Coupé seit Mitte Januar 2024. Als Grundpreis rufen die Schwaben derzeit wenigstens 92.285 Euro auf. Wer dann allerdings den Konfigurator startet, darf sich über einen Preis mit Kundenvorteil ab 82.133 Euro freuen. Wer das AMG Dynamik Plus-Paket an Bord haben möchte, muss weitere 2.380 Euro zahlen. Das AMG-Optik-Paket kostet 1.785 Euro Aufpreis, das Carbon-Paket I weitere 3.511 Euro. Dunkle Ansprüche erfüllen die Night-Pakete I und II zu Preisen von 1.131 Euro und 655 Euro. Eine Manufaktur-Spektralblau-Lackierung ist für 5.117 Euro zu haben. AMG-Performance-Sitzpakete sind je nach Ausführung mit 2.559 oder 5.343 Euro zu bezahlen. Nicht-AMG-CLE-Coupés starten ab 58.132 Euro für den CLE 200.

Ab Juli 2024 ist der CLE 53 auch als Cabrio verfügbar. Hier ruft Mercedes einen Grundpreis von 100.436 Euro auf, im Konfigurator mit Kundenvorteil startet der offene 53er dann aber bereits ab 89.388 Euro. So oder so ist das Cabrio rund 8.150 Euro teurer als das Coupé.