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Kritik von Countach-Designer Marcello Gandini
Neuauflage ist „Verleugnung meiner Design-DNA“

Marcello Gandini ist der Schöpfer des originalen Lamborghini Countach. Für die Neuauflage Lamborghini Countach LPI 800-4 und den Hersteller hat der Italiener nur herbe Kritik übrig.

SPERRFRIST 13.08.21 19:30 Uhr Lamborghini Countach LPI-800 4
Foto: Lamborghini

Als Lamborghini Mitte August mit dem V12-Hybrid-Boliden Countach LPI 800-4 (siehe Fotoshow oben in diesem Artikel) die Neuauflage des Sportwagen-Keils vorstellte, waren die größten Worte gerade bedeutungsschwer genug. "Der Countach ist eine der wichtigsten Ikonen des Automobils", sagte Marken-Chef Stephan Winkelmann damals. Er verkörpere "unsere Philosophie, Grenzen neu zu ziehen, Unerwartetes und Außergewöhnliches zu erreichen und vor allem der ‚Stoff, aus dem Träume sind‘ zu sein." Zur Neuauflage lässt sich der Lamborghini-Präsident und -CEO wie folgt zitieren: "Er stellt dar, wie sich der legendäre Countach der 70er- und 80er-Jahre zu einem Elite-Supersportmodell dieses Jahrzehnts hätte entwickeln können."

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Marcello Gandini, der Designer des legendären Original-Countach, für den 1971 – also vor genau 50 Jahren – das Showcar LP 500 den Weg bereitete, scheint die Sache völlig anders zu sehen. Zumindest fühlte sich der inzwischen 83 Jahre Italiener genötigt, in einem offenen Brief ein paar Dinge bezüglich des Countach LPI 800-4 zurechtzurücken. Darin distanziert sich Gandini nicht nur von dem neuen Modell, sondern tritt auch dem Eindruck entgegen, er habe daran mitgewirkt. Er sieht sich genötigt "klarzustellen und zu wiederholen, dass er nicht an dem Projekt beteiligt war und keine Kenntnis davon hatte". Und weiter: "Die Vermutung, dass es sich um einen neuen Countach handelt, der von Marcello Gandini stammt (und sei es auch nur als Zustimmung), ist unwahr." Weiter kann man verbal nicht auf Distanz gehen.

"Nicht seinem Geist und seiner Sicht der Dinge"

Doch nicht nur das. Gandini erklärt in seinem Statement, dass "das Remake nicht seinem Geist und seiner Sicht der Dinge" entspreche. "Ich habe meine Identität als Designer, insbesondere im Bereich der Supersportwagen, die ich für Lamborghini entworfen habe, auf einem einzigartigen Konzept aufgebaut: Jedes neue Modell musste sich von dem vorherigen völlig unterscheiden. Mut und die Fähigkeit, mit dem Erfolg des vorherigen Autos zu brechen, die Gewissheit, der Gewohnheit nicht nachgeben zu wollen, waren die Essenz meiner Arbeit." Zwar sei es klar, dass sich die Märkte und das Marketing seither stark verändert hätten. "Aber die Wiederholung eines Modells aus der Vergangenheit ist meiner Meinung nach eine Verleugnung der Grundprinzipien meiner DNA als Auto-Designer."

Ganz besonders verärgert scheint Gandini wegen eines am 15. Juni 2021 gedrehten Videos zu sein, das die Lamborghini-Presseabteilung im Zuge der Präsentation des Countach LPI 800-4 veröffentlichte. Darin unterhält er sich mit dem aktuellen Design-Chef der Sportwagen-Marke, Mitja Borkert, über seine eigene Kreation und dessen Reinkarnation, die Lamborghini zum Countach-Jubiläum auflegt. Allzu begeistert von dieser scheint der Italiener während des – Original-Zitat – "Plauderstündchens" nicht zu sein. Als Borkert anhand von Zeichnungen und eines Modells seine Ideen erklärt, nickt Gandini verhalten und zieht die Mundwinkel nur verhalten nach oben."In seiner gewohnt eleganten und höflichen Art lächelte Marcello Gandini und nahm das von Borkert vorgestellte Modell während des Gesprächs entgegen", heißt es dazu in Gandinis Brief.

Serienauto statt "persönlicher Hommage"

Der Design-Grandseigneur hätte es wahrscheinlich auf sich beruhen lassen, würde Lamborghini den Countach LPI 800-4 jetzt nicht in Serie bauen. "Weder vor noch während des Interviews wurde erwähnt, dass das Fahrzeug für eine limitierte Serienproduktion vorgesehen war." Gandini war wohl der Ansicht, das von Borkert gezeigte Modell sei eine "persönliche Hommage an Maestro Gandini", die er für sich selbst und als Grundlage für ein Jubiläums-Modell angefertigt hatte, das im August in Pebble Beach anlässlich des 50-jährigen Jubiläums des LP-500-Showcars enthüllt werden sollte.

Concorso d'Eleganza Villa d'Este (2019) BMW Garmisch Marcello Gandini
BMW
Marcello Gandini beim Concorso d'Eleganza Villa d'Este im Jahr 2019.

Die Linienführung des neuen Lamborghini Countach LPI 800-4 kommt in der Designer-Gilde übrigens generell nicht gut an. Viele Auto-Gestalter haben sich zur Neuauflage bereits kritisch zu Wort gemeldet. Besonders deutlich wurde dabei Ex-BMW-, Ferrari- und McLaren-Designer Frank Stephenson, der in einem Video sagt, Lamborghini missbrauche die großartige Reputation des originalen Countach als "Melkkuh". Die Kundschaft scheint da jedoch anderer Ansicht zu sein: Die Kleinserie von 112 Exemplaren ist bereits ausverkauft – und das trotz des Stückpreises von gut zwei Millionen Euro.

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Fazit

Ist da ein verdienter, mit starker Reputation ausgestatteter Ex-Lamborghini-Mitarbeiter tatsächlich unwissend und unter Vortäuschung falscher Tatsachen für PR-Zwecke eingespannt worden? Oder fühlt sich hier ein eitler Designer nicht genug eingebunden oder gar in seiner Ehre angekratzt, weshalb er sein Vermächtnis gefährdet sieht? Die Wahrheit liegt wahrscheinlich irgendwo in der Mitte, zumal die Tatsache, dass der Lamborghini Countach LPI 800-4 längst ausverkauft ist, jede weitere Diskussion erübrigen sollte. Aber es geht nun mal um eine der Sportwagen-Ikonen der Automobilgeschichte. Ein Auto, dessen Poster in unzähligen Kinderzimmern und Garagen hing oder noch hängt, lässt eben kaum einen Fan kalt. Weshalb Gandinis Einlassungen zum LPI 800-4 doch etwas mehr sind als "nur" pure Design-Kritik.

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