Seit die Marke zu Audi beziehungsweise zum VW-Konzern gehört, baut Lamborghini fast ausschließlich Sportwagen mit Allradantrieb. Doch immer wieder legten die Italiener Sonderserien auf, bei denen die hochgezüchteten Motoren ihre Kraft nur auf die Hinterräder übertragen. So auch bei den "kleinen" Baureihen Gallardo und Huracan, die es jeweils zeitweise mit Hinterradantrieb zu kaufen gab.
"Eine andere Art der Hybridisierung"
Doch beim neuen Temerario , der mit den eben erwähnten Boliden in einer Ahnenreihe steht, ist ein solches Modell nicht in Sicht. Zumindest war das bisher so. Doch aktuelle Aussagen von Rouven Mohr lassen nicht nur die Fans der Marke aufhorchen: "Ich sage nicht, dass es in der Zukunft nicht auch eine 2WD-Version des Straßenautos geben könnte." Mit diesen Worten zitiert das britische Magazin "Car" den deutschen Technikdirektor von Lamborghini.
Allerdings schränkt Mohr ein und gesteht, dass der Temerario dann "eine andere Art der Hybridisierung" benötige. Der Allrad-Antriebsstrang der Standardversion setzt nämlich auf mehr Komponenten, als für einen Hecktriebler nötig wären. Da ist einerseits der 90-Grad-V8 mit zwei Turboladern im "heißen V", an den sich ein Axialfluss-Elektromotor anschließt, hinter dem wiederum das Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe arbeitet. An der Vorderachse gibt es zwei weitere Axialfluss-E-Maschinen, welche die Vorderräder bei Bedarf zuschalten. In Kombination entwickelt das System bis zu 920 PS.
Die beiden vorderen Motoren bräuchte ein hinterradgetriebener Lamborghini Temerario naturgemäß nicht. Doch allein sie aus dem Hybridsystem herauszulösen, sodass nur noch die hintere Kombination aus Biturbo-V6, Axialflussmotor und Getriebe übrigbleibt, scheint für Mohr keine Option zu sein. Möglicherweise, weil die in der Allradversion verbaute 3,8-Kilowattstunden-Batterie zu schwer wäre. Stattdessen schielt Lamborghinis CTO auf das T-Hybrid-System, das Porsche, eine andere Sportwagenmarke des VW-Konzerns, in die GTS-Modelle des 911 einbaut. Es sei ein "Superbeispiel für einen völlig anderen Hybridansatz", sagt Mohr, und es sei heute bereits verfügbar.
E-Motoren im Getriebe und Turbolader
Das grundsätzliche Antriebs-Layout des Porsche 911 GTS besteht nicht nur aus dem bekannten Sechszylinder-Boxer mit 3,6 Litern Hubraum, einer permanenterregten Synchronmaschine im Gehäuse des PDK-Getriebes und einer kleinen sowie leichten 1,9-kWh-Lithium-Ionen-Batterie im Bug. Hinzu kommt hier jedoch ein zweiter kleiner Elektromotor, der im Turbo zwischen Verdichter- und Turbinenrad sitzt und den Lader damit schneller auf Touren bringt. Das soll in der Gesamtheit Leistungstäler auffüllen und Turbolöcher stopfen. Die Gesamtleistung des Porsche 911 GTS von 541 PS wäre für einen Lamborghini Temerario sicherlich zu wenig. Doch beim Italiener kommt ja allein der Verbrenner-Part auf 800 PS, weshalb auch das System insgesamt deutlich erstarken könnte.
Somit könnte Lamborghinis Einstiegs-Sportwagen dank Porsche-Hilfe zum Hecktriebler werden. Doch was wäre, wenn dieses Vorhaben einfach umgesetzt würde, indem alle Elektrokomponenten rausfliegen? Der neue Lamborghini-GT3-Rennwagen auf Temerario-Basis tritt schließlich auch ohne Hybridantrieb an. Doch hier reagiert Mohr zurückhaltend. "Man soll nie nie sagen, aber das steht nicht auf unserer Prioritätenliste und die Wahrscheinlichkeit ist deshalb gering."