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Ineos Grenadier gegen Land Rover Defender
Ist die Kopie besser als das Original?

Der kommende Ineos Grenadier ist unübersehbar am klassischen Defender orientiert. Wir checken, wo der Neuling gegen das Original punkten könnte.

Ineos Grenadier vs. Land Rover Defender Classic
Foto: Ineos/Land Rover

In China gilt, so wird vom guten alten Konfuzius kolportiert, das Nachmachen als Würdigung: "Wer große Meister kopiert, erweist ihnen Ehre", soll der Philosoph angeblich als Sinnspruch für die Nachwelt hinterlassen haben. Im Falle Ineos Grenadier dürfte man also durchaus von einer Ehrerbietung für den alten Land Rover Defender sprechen, der 2016 von uns ging und dessen Name seit kurzem einen Offroader mit sehr moderner Technik schmückt.

Unsere Highlights
Ineos Grenadier vs. Land Rover Defender Classic
Das Original wurde bis 2016 in Sollihull gebaut

Die Hintergründe zum Ineos Grenadier, der Ende 2021 auf den Markt kommen soll, haben wir bereits in dieser ausführlichen Geschichte aufgeschrieben. In der Zwischenzeit laufen bei Ineos die Prototypen-Tests auf Hochtouren, rund ein Dutzend Vorserienfahrzeuge soll laut Ineos derzeit für Belastungstests unterwegs sein.

Dass der Hersteller bereits jetzt, über ein Jahr vor dem Debüt, einen ungetarnten Ausblick auf das kommende Auto erlaubt, ist in der Branche absolut unüblich. Doch als neuer Player, der kein Vorgängerprodukt im Ende seines Lebenszyklus noch für ein Weilchen vermarkten muss, ist Ineos diesen Weg gegangen, um das Interesse am Grenadier anzuheizen. Und feierte auch prompt einen ersten Etappensieg. Ein britisches Gericht urteilte gegen die Klage von Jaguar Land Rover, mit der gegen die offensichtliche Kopie des klassischen Defender-Designs vorgegangen werden sollte.

Obwohl Ineos mit Details wie exakten technischen Daten oder einem Ausblick auf das Interieur noch hinter dem Berg hält – die bislang abgebildeten Prototypen haben noch einen spartanischen Funktions-Innenraum ähnlich eines Rallye-Autos – lässt sich anhand der bisherigen Informationen jedoch bereits eine erste Standort-Bestimmung durchführen.

Karosserie

Abseits aller Diskussionen über das Design verfügt der Ineos Grenadier offenbar über sehr vergleichbare Abmessungen – Länge, Höhe, Radstand – zum früheren Land Rover Defender 110. Das war gleichzeitig eine der wichtigsten Eigenschaften des alten Defender: Durch die sehr geometrischen Formen mit fast senkrechten Wänden und gerade Flächen ließ sich der Wagen einfach ausbauen, etwa zum Transport von Sportgeräten oder als einfaches Camping-Mobil mit Schlafgelegenheit. Dies dürfte auch der Ineos Grenadier im Vergleich zu modernen SUV sehr gut beherrschen. Gleichzeitig ermöglicht die kastige Form den Anbau von Zubehör wie seitlichen Lastträgern oder einem Dachkorb. Diesbezüglich dürfte vermutlich Gleichstand herrschen.

Land Rover Defender Classisc Karosserievarianten
Land Rover
Alleine in Deutschland hatte Land Rover elf verschiedene Karosserievarianten des Defender Classic im Angebot – das wird Indeos wohl nie erreichen

Zu erwarten ist jedoch eine deutlich verbesserte Ergonomie im Innenraum. Hier litt der alte Defender bis zuletzt an seiner über die Jahrzehnte durchgeschleppten Grundkonstruktion, die Fahrern speziell der Linkslenkerversionen einiges abverlangte – weit nach außen an die Tür gerückt mit einer versetzten Pedalerie waren lange Fahrten speziell für Großgewachsene kein großes Vergnügen. Hier darf man sicher sein, dass der Ineos Grenadier das besser kann.

An der Karosserievielfalt des Defender wird der Ineos Grenadier jedoch vorerst scheitern. Der Landy war mit drei verschiedenen Radständen (90, 110 und 130 Zoll), als Pickup mit einer oder zwei Sitzreihen, als verglaster Station Wagon und als Hardtop-Lieferwagen, mit Planenverdeck als "Cabrio" und sogar mit Einzel- und Doppelkabine als Fahrgestell zum Selbstaufbau erhältlich. Ineos konzentriert sich zunächst auf den Station Wagon, hat aber bereits angekündigt, zu einem späteren Zeitpunkt auch ein Pickup-Modell anzubieten.

Verarbeitung

Es braucht keine hellseherischen Fähigkeiten, um den Ineos Grenadier in diesem Kapitel in Führung zu sehen. Bis zuletzt wurde der alte Land Rover Defender unter zum Teil anachronistischen Umständen mit einem hohen Handarbeits-Anteil hergestellt. Das führte zur stetig schwankenden Fertigungsqulität – schlecht eingepasste Karosserieteile, zahlreiche Reste von Bohrspänen im Innenraum oder nachlässig verlegte Leitungen – der Defender war immer für eine Überraschung gut. Legendär das "Water Ingress Manual", ein Werkstatthandbuch, mit dem nachträglich Karosserieundichtigkeiten behoben werden sollten. Auch um die Öl-Leckagen und Elektrik-Probleme des alten Defender ranken sich zahllose Legenden und Insider-Witze.

Ineos Grenadier vs. Land Rover Defender Classic
Land Rover
Die Qualitätskontrolle beim Defender Classic war nicht immer von Erfolg gekrönt

Der Ineos Grenadier wird in einem modernen Werk entstehen – zuletzt war auch das Daimler-Werk Hambach im Gespräch – und mit modernen Produktionsmethoden etliche Fehlerquellen ausschließen können. Auch die Auswahl der Zulieferer (Achsen, Rahmen) lässt vermuten, dass hier eine höhere Produktqualität am Ende der Montage steht.

Antrieb

Für besonderes Aufsehen sorgte Ineos mit der Ankündigung, bei der Motorisierung des Grenadier auf BMW als Zulieferer zu setzen. Verbaut werden sollen dabei zwei Sahnestücke der Bayern, der Dreiliter-Reihensechszylinder als Benziner und Diesel. Die aktuellen Versionen des B58-Diesel leisten bereits in der Basisausführung mit einem Lader bei BMW mindestens 265 PS, das Benziner-Pendant B58 kommt bei BMW auf wenigstens 326 PS. Wie viel Leistung und Drehmoment die Bayern-Sechser letztlich im Grenadier freisetzen, bleibt noch abzuwarten. Sehr viel spaßiger als mit den zuletzt 122 PS aus dem von Ford übernommenen Vierzylinder-Diesel im letzten Starrachs-Defender wird es jedoch ohne jeden Zweifel.

Ineos Grenadier Erlkönig
Stefan Baldauf
Noch testet Ineos getarnte Prototypen des Grenadier, Ende 2021 soll das Serienauto kommen

Während des den früheren Defender ausschließlich mit einem recht schwergängigen Schaltgetriebe samt schwergängigem Kupplungspedal gab, wird Ineos die BMW-Motoren immer mit einer Achtstufen-Automatik von ZF verbinden. Dieser Schritt ist nicht nur aus Komfortgründen zu begrüßen. Auch im Hinblick auf die Geländetauglichkeit ist ein Automatikgetriebe stets erste Wahl, es erlaubt sowohl den praktisch unterbrechungsfreien Antrieb (wichtig zum Beispiel auf weichem Untergrund) als auch eine viel bessere Dosierbarkeit zum Beispiel in sehr langsamen Passagen oder am Steilhang.

Beim Verteilergetriebe setzt Ineos wie Land Rover beim früheren Defender auf einen echten, mechanischen Permanentallrad mit 50:50-Aufteilung und Zentraldifferentialsperre. Keine Experimente mit Lamellen- oder Visko-Elementen wie bei modernen SUV, aus Offroader-Sicht ist diese Entscheidung sehr zu begrüßen. Dass die Starrachsen des Ineos Grenadier, sie werden vom italienischen Zulieferer Carraro gefertigt, robuster ausfallen als die alten Defender-Achsen, darf ebenfalls als gesichert gelten. Die speziell bei größerer Bereifung nicht übermäßig belastbaren Achsdifferentiale und Steckachsen des früheren Defender waren die Achilles-Ferse des Briten.

Der Ineos Grenadier im Video

Ausblick

Während der alte Land Rover Defender bis auf die letzte Schraube bekannt und durchdiskutiert ist, stehen hinter dem Ineos Grenadier trotz der häppchenweise bekanntgegebenen Details noch viele Fragezeichen. Exakte Daten, die Preise, die Innenraumgestaltung und nicht zuletzt erste Fahreindrücke vom Serienprodukt sind noch nicht in Sicht, was ein solides Ranking derzeit schwierig macht. Dass viele Unzulänglichkeiten, die dem Land Rover Defender Classic von seiner Fan-Gemeinde stets als liebenswerte Schrullen nachgesehen wurden, in einem modernen Nachfolger nicht stattfinden dürfen, steht jedoch außer Frage. Hier wird Ineos noch Beweise liefern müssen, dass man als Newcomer unter den Autoproduzenten von Beginn an tadellose Qualität liefern kann.

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Defender. Für mich zählt nur das Original von Land Rover.Grenadier. Optisch und technisch ist er der wahre Nachfolger.

Fazit

Noch ist zu wenig bekannt über den kommenden Ineos Grenadier, um ihn einem fundierten Fakten-Check im Vergleich mit dem früheren Land Rover Defender unterziehen zu können. Speziell in Sachen Fertigungsqualität, Fahrkomfort oder Rostvorsorge liegen die zu erfüllenden Erwartungen hoch. In rund einem Jahr werden wir mehr wissen, wenn aus den handgebauten Prototypen erste Vorserienfahrzeuge geworden sind.

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