Der Strom chinesischer Autohersteller, die Fahrzeuge nach Europa exportieren wollen, reißt nicht ab. In diesem Jahr will die GAC Group (Guangzhou Automobile Corporation) mit ihrer Elektroauto-Marke Aion aufschlagen. Das Mittelklasse-SUV Aion V wurde bereits im vergangenen Herbst auf der Messe Mondial de l´Auto in Paris gezeigt, von wo wir auch einen ersten Fahrbericht des ID.4-Gegners mitbringen konnten. Das zweite Modell, das für den Verkauf in Europa bestimmt sein wird, ist der kompakte GAC Aion UT. Auf dem chinesischen Heimatmarkt kommt der Fünftürer im März auf den Markt.
Bei der Gestaltung des UT hatte das konzerneigene Designstudio im italienischen Mailand den Hut auf. Der 4,27 Meter lange, 1,85 Meter breite und 1,58 Meter hohe UT sieht modern und gefällig aus, dürfte dabei den Geschmack von Kunden in Asien ebenso treffen wie hierzulande. Die flache Front, auf der bei Export-Modellen das GAC-Logo anstelle des Aion-Schriftzugs zu finden sein soll, und die eingelassenen Türgriffe unterstreichen das Bestreben der Entwickler nach optimaler Aerodynamik. Aufgelockert wird die Linienführung durch eine farbige Einlage in der breiten C-Säule.
Erster Check mit Sitzprobe
Wir starten zur Sitzprobe. In beiden Reihen bietet der UT viel Platz, auch für große Menschen. Die mit Kunstleder überspannten Plätze bieten eine angenehm weiche Polsterung, die mit dieser Komfortorientierung leicht an den Ansatz von Citroën erinnern.
Das Cockpit verzichtet, bis auf die Lenkstockhebel und Tasten am Multifunktionslenkrad, vollständig auf physische Bedienelemente. Ein 14,6 Zoll großer Touchscreen-Monitor erlaubt die Steuerung von Infotainment und Fahrzeugeinstellungen. Nachdem die Software im aktuellen Vorserienstand nur chinesische Schriftzeichen im Menü erlaubt, fallen und Manöver durch die einzelnen Bedienschritte schwer. Immerhin schaffen wir es zur Energieflussanzeige und den Icons zur Steuerung der zweistufig einstellbaren Energie-Rekuperation. Ein weiteres Display hinter dem Lenkrad versammelt alle fahrrelevanten Informationen sowie die Angaben des Bordcomputers.
Weiter rechts steck in Handschuhfach im Armaturenbrett des Aion UT – in chinesischen Autos eher selten zu finden. Ein Haken zum Aufhängen einer Handtasche befindet sich unter den Lüftungsdüsen. An den Füßen der A-Säulen teilen Dreiecksfenster das Blech. Damit wird die Rundumsicht verbessert, vor allem beim Abbiegen im Stadtverkehr und beim Rangieren.
Die Plattform teilt sich der GAC Aion UT mit dem größeren V, sie ist von vornherein als Elektroauto-Basis ausgelegt. Bei einem Gespräch mit dem GAC-Management am Firmensitz im chinesischen Guangzhou wird verraten, dass man für die Zukunft in einigen Modellen auch den Einsatz von Verbrennern als Range Extender, also in Form von seriellen Plug-in Hybriden, prüft – im UT wird es, aufgrund des beengten Bauraums, jedoch beim batterieelektrischen Antrieb bleiben.
Bei uns dürfte der Aion UT von einem 150 kW (204 PS) starken Elektromotor an der Vorderachse angetrieben werden, der seinen Strom aus einem 68 kWh großen Akku bezieht. Nach chinesischer Verbrauchsnorm CLTC sind damit 420 Kilometer Reichweite möglich. In China wird das Modell mit einem 100 kW (136 PS) starken Elektromotor angeboten.
Erste Fahrt im Aion UT
Auf einer werkseigenen Teststrecke können wir zu einer kurzen Ausfahrt starten. Unterschiedliche Bodenbeschaffenheiten auf dem Rundkurs erlauben dabei ein erstes Urteil über das Fahrwerk des Aion UT. Die Chinesen haben bei ihrem kompakten Elektriker eine komfortable Abstimmung hinbekommen, die Querfugen und Flicken im Asphalt gekonnt ausbügelt. Dazu passt die weiche Sitzpolsterung.
Ziemlich entkoppelt fühlt man sich am Zweispeichenlenkrad. Rückmeldung über den Stand der Vorderräder gibt es weder in Kurven noch bei Geradeausfahrt. Die anwesenden GAC-Leute versichern jedoch, dass dieser Vorserien-Stand bis zum Produktionsstart noch geändert werden soll.
Wann genau der Aion UT nach Europa kommt, ist noch nicht sicher. Die Marke will im zweiten Quartal 2025 in Norwegen, Polen und Portugal mit dem Verkauf des Aion V beginnen, später sollen andere Länder, inklusive Deutschland, dazukommen – und der Aion UT.
Als Mitbewerber für Modelle wie den GWM Ora 03 und MG4 Electric muss der Neuling auch mit einem günstigen Preis punkten. Auf Nachfrage erfährt man, dass die Chinesen mit dem Aion UT in Europa ab rund 26.000 Euro starten wollen. Das kann aber auch nur dann gelingen, wenn man auch Investitionen in ein Händler- und Werkstattnetz sowie das Marketing tätigt.
Für große Augen sorgt die Info zum Preis auf dem Heimatmarkt: In China soll der Aion UT ab rund 10.000 Euro kosten. Dann aber mit kleinerem Akku, weniger Motorleistung, ohne in der EU vorgeschriebene Fahrassistenz – und ohne einkalkulierte Strafzölle für chinesische Elektroautos.