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Datenvergleich Ferrari 296 GTB vs. Maserati MC20
So gleich und doch verschieden

Mit dem Ferrari 296 GTB und dem Maserati MC20 stehen zwei Mittelmotor-Sportler mit Dreiliter-Biturbo-V6 in den Startlöchern, die noch dazu aus dem selben Konzern kommen. Zeit für einen Vergleich.

06/2021, Kaltvergleich Ferrari 296 GTB vs. Maserati MC20
Foto: Ferrari / Maserati / Collage: Patrick Lang

Aufregende Zeiten für die Fans italienischer Automobilkunst: Mit dem Maserati MC20 und dem Ferrari 296 GTB stehen zwei neue und heiße "Belle macchine" mehr oder weniger kurz vor ihrer Markteinführung. Oberflächlich betrachtet scheinen sich die Rezepturen stark zu ähneln: Die Verbrennungs-Motoren finden hinter den beiden Sitzen ihren Platz. Sie verfügen jeweils über drei Liter Hubraum, die sich auf sechs in V-Form angeordnete Brennkammern verteilen; für die zweite Luft sorgt in beiden Fällen ein Turbolader-Paar. Doch wühlt man sich tiefer in Technik und Daten, fallen eklatante Unterschiede auf.

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Beginnen wir bei den Ottomotoren. Den Gedanken, hier könnte es sich aufgrund ähnlicher Daten – Bohrung und Hub betragen jeweils 88 x 82 Millimeter – um eng verwandte Triebwerke handelt, wischen wir sofort beiseite. Beide Dreiliter-V6-Benziner weisen nämlich zentrale konstruktive Unterschiede auf. Zum Beispiel beim Bankwinkel: 90 Grad sind es beim Maserati-V6, während der völlig neu entwickelte Ferrari-Motor 120 Grad aufweist. Das erlaubt es den Ingenieuren in Maranello, die Abgasseite in das V der Zylinderbänke zu legen und die beiden Turbos im jetzt "heißen" V zu platzieren. Im Gegensatz dazu flankieren die Lader des Dreizack-Coupés ihr Motor-Mutterschiff.

Motor-Technologien aus der Formel 1

Das heißt aber nicht, dass der von Maserati selbst konstruierte, gebaute und "Nettuno" (Neptun) getaufte V6 technisch rückständig wäre. Im Gegenteil: Er verfügt über Doppeleinspritzung und -zündung, wobei je eine Explosion im Haupt-Brennraum und eine in der Vorkammer stattfindet – ein aktuell in der Formel 1 gerne verwendetes Verbrennungs-Prinzip. Dadurch erhöht sich nicht nur die Verdichtung auf den Wert 11:1, sondern es kommen auch beeindruckende technische Daten zustande: Der MC20 liefert 630 PS bei 7.500/min und ein maximales Drehmoment von 730 Newtonmetern, das im Bereich zwischen 3.000 und 5.500 Umdrehungen anliegt.

Maserati Nettuno Motor MC20 Sechszylinder Vorkammer Doppelzündung
Maserati / Patrick Lang
Der Dreiliter-V6-Biturbo des MC20 arbeitet nach dem Vorkammer-Prinzip.

Mit 663 PS und einem Drehvermögen 1000/min mehr (maximal 8.500 Kurbelwellenrotationen) liegt der Ferrari-V6 trotzdem vorne; dabei ist er deutlich niedriger (9,4:1) verdichtet. Aber die Entwickler des 296 GTB haben in Bezug auf die Strömungsdynamik und Ansaugleistung offensichtlich einen hervorragenden Job gemacht. Zudem kann der Verbrenner auf elektrische Unterstützung vertrauen: Im Heck sitzt ein E-Motor, der bei Bedarf 122 kW / 167 kW beisteuert. Ergibt für das gesamte Hybrid-Antriebssystem eine Leistung von 830 PS bei 8.000/min und ein höchstmögliches Drehmoment von 740 Newtonmetern bei 6.250 Umdrehungen – trotz E-Motor kaum mehr als beim Maserati.

Ein Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe nutzen übrigens beide Antriebsstränge. Aber nur der Ferrari schleppt eine Hochvolt-Batterie (Kapazität: 7,45 Kilowattstunden) mit sich herum, um per E-Motor boosten oder bis zu 25 Kilometer rein elektrisch fahren zu können. Wer daraus ein Übergewicht ableitet, sieht sich getäuscht: Ist der 296 GTB mit dem optionalen Leichtbau-Paket "Assetto Fiorano" ausgerüstet, wiegt er trocken 1.470 Kilogramm. Der Maserati MC20 ist fünf Kilogramm schwerer.

Der Ferrari ist kaum schneller

Trotz deutlich höherer Leistung und etwas niedrigeren Gewichts hat der Ferrari Mühe, dem Maserati davonzufahren. Von Null auf Hundert herrscht quasi Gleichstand: Mit 2,88 statt 2,9 Sekunden hat der MC20 den im Frontgrill zur Schau gestellten Dreizack hauchzart vorne. Beschleunigen die Sportwagen auf 200 km/h, zieht der 296 GTB vorbei (7,3 statt 8,8 Sekunden). Die Höchstgeschwindigkeit des Maserati lautet "über 326 km/h". Auch Ferrari will sich nicht genau festlegen und nennt "mehr als 330 km/h".

Allerdings ist in puncto Performance das letzte Wort noch nicht gesprochen. Maserati plant für den MC20 nämlich eine reine Elektroversion, welche die V6-Variante leistungsmäßig überflügeln soll. Die Italiener stellen ein dreimotoriges Layout (einer vorne, zwei hinten) in Aussicht, ohne bisher jedoch Leistungsdaten oder Fahrwerte zu nennen. Möglich, dass der MC20 dann nicht nur auf-, sondern den Ferrari 296 GTB sogar überholt – zumindest kurzfristig und auf gerader Strecke.

Dass die Truppe aus Maranello – im Gegensatz zur Konkurrenz aus Modena – ihren Neuling eher auf der Rennstrecke sieht als auf dem Boulevard, ist genetisch schon in der Marken-DNA hinterlegt. Wie viele technische Register Ferrari zieht, damit der 296 GTB möglichst flott ums Eck schießt, ist dennoch erstaunlich: Die Systeme heißen "SCM", "FDE2.0", "ABS evo" oder "6w-CDS" und sind wirklich ausgeklügelt konstruiert (manche würden sagen: over-engineered). Auch der MC20 bietet Torque Vectoring, ein elektronisches Hinterachs-Differenzial mit bis zu 100 Prozent Sperrwirkung und fünf Fahrmodi, die alle Fahrsituationen vom schlechten Wetter bis zum Rennstreckeneinsatz abdecken; hinzu kommen optionale Karbon-Keramik-Bremsen. Doch die Fülle an Fahrdynamik-Technologien hinkt jener des Ferrari klar hinterher.

Stilistische Vorbilder aus der Markenhistorie

Die beiden Italo-Sportler lassen sich natürlich nicht nur nach harten Daten, sondern auch weichen Faktoren vergleichen. Zum Beispiel beim Design: Das vergleichbare technische Grundkonzept führt zu ähnlichen gestalterischen Lösungen. Als Beispiele seien der an den Flanken stark eingezogene Bereich oberhalb der Schweller oder die direkt hinter den B-Säulen angeordneten seitlichen Lufteinlässe genannt. Die Verbrennungsmotoren verrichten ihr Tagwerk unter transparenten Abdeckungen, und am Heck fallen jeweils schmale Leuchten und zentral über dem Diffusor positionierte Auspuff-Endrohre auf. Aufgrund extrem ausgefeilter Aerodynamik verzichten beide Rivalen aus ausladendes Spoilerwerk.

06/2021, Ferrari 296 GTB
Ferrari S.p.A.
Am 296er-Heck werden die stilistischen Bezüge zum Ferrari 250 LM besonders deutlich.

Markentypische Eigenheiten bleiben freilich nicht verborgen. Der Maserati zitiert unverhohlen den MC12, das V12-Supercar aus den 2000er-Jahren – wenn auch längst nicht so radikal nach dem "Form follows Function"-Prinzip und verpackt in deutlich kompaktere Dimensionen. Trotzdem ist der Dynamiker aus Modena das größere Auto: Er misst 4,67 Meter in der Länge, 1,97 Meter in der Breite und 1,22 in der Höhe bei einem Radstand von 2,70 Meter. Die Maße des Maranello-Sportlers: 4,57 x 1,96 x 1,19 Meter; der Radstand beträgt 2,60 Meter.

Ferrari nennt den 250 LM aus den Sechzigerjahren als gestalterisches Vorbild für den 296 GTB. Tatsächlich tauchen einige stilistische Merkmale wieder auf, vor allem im Heckbereich: Eine steil stehende Heckscheibe wird von zwei sanft vom Dach Richtung Heck abfallenden Streben begrenzt, die optisch in wohlgerundeten hinteren Kotflügeln münden. Der Rest verkörpert die aktuelle Ferrari-Ästhetik; vor allem den anderen Hybrid-Sportler SF90 Stradale erkennen wir wieder.

296 GTB: Auch innen ein typischer Ferrari

Auch innen ist der 296 GTB ein typischer, mit viel italienischem Leder ausstaffierter Ferrari: Alles gruppiert sich auf der Fahrerseite – bedient wird fast ausschließlich über das Lenkrad und angezeigt über den Instrumenten-Monitor sowie das Head-up-Display. Einen zweiten – ebenso kleinen wie stark horizontal ausgerichteten – Bildschirm, der beispielsweise Drehzahl, Gang und Geschwindigkeit anzeigt, gibt es auf der Beifahrerseite. Der Look der Gangwahltasten auf der Mittelkonsole erinnert an die offenen Schaltkulissen früherer Ferrari-Modelle.

Maserati MC20, Interieur
Maserati
Im Vergleich zum Ferrari-Cockpit ist jenes des MC20 recht konventionell gestaltet.

Der Einstieg in den Maserati – durch Scherentüren! – gelingt zwar etwas spektakulärer, aber das Interieur-Design ist im MC20 etwas konventioneller gestaltet als im 296 GTB. Das Lenkrad bietet weniger Bedienelemente, der Bereich der digitalen Instrumente wirkt nicht gar so überladen. Dafür schwebt ein zentraler 10,25-Zoll-Touchscreen über der Mittelkonsole, mit dem eine neue Infotainment-Generation debütiert. Der Maserati mixt nicht nur mehr Materialien ins Interieur-Design (etwa Alcantara und Kohlefaser), sondern scheint auch mehr Konnektivitäts- und Fahrassistenz-Systeme zu bieten. Ferrari bleibt bei diesen Themen bisher unkonkret. Aber klar: In einem "Cavallino Rampante" ist das Fahren die Show – alles andere lenkt ab und/oder ist nebensächlich.

Für Letzteres dürfte die Klientel beider Marken auch die Preise halten. Der Vollständigkeit halber seien sie dennoch erwähnt: Der Maserati MC20 startet bei 210.000 Euro (mit deutscher Mehrwertsteuer). Der Ferrari 296 GTB liegt bei – in Italien zu zahlenden – 269.000 Euro. War ja klar, dass Maranello seinen Platzhirsch-Status auch in dieser Kategorie untermauern will.

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Fazit

Es sieht ganz danach aus, als haben Ferrari und Maserati die Aufgabe "zweisitziger Sportwagen mit Dreiliter-V6-Mittelmotor" ebenso unterschiedlich wie markentypisch interpretiert. Der 296 GTB als wahrscheinlich messerscharfes, weil bis ins letzte Fahrdynamik-Eck ausdefiniertes Fahrerauto mit Hightech bis zum Abwinken und der Kraft (wahrscheinlich Urgewalt) der zwei Herzen. Und der MC20 als immer noch supersportlicher, aber nicht in jeder Situation das Limit einfordernder Stilist, der auf das pure Zusammenspiel von Kolben, Pleueln sowie Turboladern vertraut und das Fahren auch mal Nebensache sein lässt.

Ob diese theoretische Einschätzung stimmt, kann selbstverständlich nur eine direkte Begegnung in der realen Welt final klären. Aber die wird kommen – ganz sicher!

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