Nach dem Q6 E-Tron präsentiert Audi mit dem neuen A6 E-Tron das zweite Modell, das auf dem 800-Volt-Baukasten "Premium Platform Electric" (PPE) aufbaut. Doch durch den flachen Aufbau kann der knapp fünf Meter lange Ingolstädter erstmals zeigen, wozu die Plattform in der Lage ist. Mehr als 750 Kilometer Reichweite verspricht Audi. Doch das ist längst nicht alles.
Probefahrt in Audi S6 E-Tron Avant und A6 E-Tron Performance
Für unseren Ausflug wählten wir zur Einstimmung gleich mal das Topmodell, den Audi S6 E-tron. Eine Asynchronmaschine vorne mit 140 kW, die bei Nichtgebrauch nahezu widerstandsfrei mitläuft, und ein Permanentsynchro (280 kW, 580 Nm) im Heck sorgen gemeinsam für eine Systemleistung von 370 kW, im Peak auch mal 405 kW. So schwer der Kombi mit 2,4 Tonnen leer auch ist, spurtet er doch mit 3,9 Sekunden meisterlich auf 100 km/h und nachdrücklich weiter. Dass der Audi kein Asphalt-Reißer ist, sondern mit harmonischer Leistungsentfaltung glänzt, macht ihn nur reizvoller.
Und wie geht’s durch die Kurve? In diesem Avant jedenfalls geschwind und doch entspannt. Die Ingenieure haben eine so feinfühlige und rückmeldungsstarke Progressivlenkung entwickelt, wie es kaum ein anderer E-Auto-Bauer vermag. Auf kurvigen Straßen ist die schiere Masse des A6-E-tron schnell vergessen. Eher fällt auf, dass der auffällig designte, 4,93 Meter lange und (mit Spiegeln) 2,14 Meter breite Kombi mächtig Raum fordert. Wie hilfreich, dass er zur Not mit einer feinfühlig dosierbaren Reibbremse verzögert. Im One-Pedal-Betrieb rekuperiert er mit bis zu 2,5 m/s².
Dann wieder raus aus der Kurve. Selbst im sportlichsten Fahrmodus klappt das mit voller Traktion und ruhigem Heck – nicht nur dank der ausgeklügelten Momentensteuerung, auch die 21-Zoll-Mischbereifung (245/40 und 275/35) hilft hier kräftig mit.
Da ist es fast schon unterhaltsamer, einen Audi A6 E-tron mit Heckantrieb (Performance) ums Eck zu scheuchen. Keine schwere E-Maschine vorn, aber 565 Nm Drehmoment an der Hinterachse. Dazu die präzise Lenkung, frei von jeglichen Antriebseinflüssen – was für eine Gaudi! Die vorderen Räder haben mächtig Grip, die Pneus hinten mal mehr, mal weniger, ganz nach Belieben des Fahrers. Und dennoch immer sicher, da sich der Audi gut einschätzen lässt und das ESP dezent eingreift.
Gut zu wissen: Auch der A6 E-tron Performance trägt den großen Akku im Unterboden. Entsprechend hoch die Reichweite von 720 Kilometern nach WLTP. Beiden Varianten gemein ist zudem der hohe Federungskomfort. Adaptivgedämpft und luftgefedert, meistert der Testwagen Rumpelstrecken oder kopfsteingepflasterte Wege souverän und verkneift sich heftige Aufbaubewegungen. Zudem kann der Fahrer die Bodenfreiheit um 20 Millimeter erhöhen oder reduzieren, entsprechend kommt der A6 mit erhöhten Bordsteinkanten gut zurecht oder liegt niedrig über dem Asphalt. Dann allerdings mit einem strafferen Setting, aber noch akzeptabel für einen sportlichen Kombi aus dem Premium-Segment. Regulär gibt Audi nur dem S6 e-tron das aufwendige Fahrwerk serienmäßig mit.
Ladeleistung von bis zu 270 kW
Der Audi A6 E-Tron Sportback baut wie der Avant auf der neuen PPE-Plattform (Premium Plattform Electric) auf, die gemeinsam mit Porsche entwickelt wurde. Diese Skateboard-Plattform erlaubt es, zwischen den Achsen großen Batteriepacks unterzubringen – im Falle des neuen Audi A6 E-Tron besteht die neu entwickelte Lithium-Ionen-Batterie aus zwölf Modulen und 180 prismatischen Zellen mit einer Gesamtbruttokapazität von 100 kWh (94,9 kWh netto) in der größten Variante. Damit schafft die flach gestreckte Limousine Sportback mehr als 750 Kilometer am Stück. Im Kombi Avant sollen es immer noch gut 720 Kilometer sein.
Dank 800-Volt-Architektur sind dazu gigantische Ladeleistungen von bis zu 270 kW drin. In zehn Minuten sollen dann 310 Kilometer Reichweite nachgeladen sein. In 21 Minuten steigt der State of Charge (SoC) von zehn auf 80 Prozent. Wenn eine Ladesäule nur mit 400-Volt-Technik ausgestattet ist, ermöglicht der A6 E-Tron sogenanntes Bankladen. Dabei wird die 800-Volt-Batterie elektrisch in zwei Bänke mit jeweils 400-Volt-Spannung geteilt, die sich dann parallel mit bis zu 135 kW aufladen lassen. An haushaltsüblichen Wallboxen ist ein AC-Laden mit bis zu 11 kW möglich. Eine 22-kW-AC-Lademöglichkeit wird zu einem späteren Zeitpunkt angeboten.
Die Antriebs-Versionen
Zum Marktstart im Sommer 2024 tratt der A6 E-Tron Performance mit 270 kW/367 PS starker PSM (Permanentmagneterregte Synchronmaschine) an der Hinterachse an, die dank Siliziumkarbid-Halbleitern im Pulswechselrichter sehr effizient arbeitet und ausschließlich die Hinterräder antreibt. Neben den Antriebsaufgaben soll die E-Maschine im Alltag auch bis zu 95 Prozent der Bremsarbeiten übernehmen können. Dazu darf sie unter Idealbedingungen mit bis zu 220 kW als Generator rekuperieren.
Als zweite Variante zum Marktstart rollte der S6 E-Tron in die Showrooms. Auch er arbeitet mit der permanenterregten Synchronmaschine im Heck, darf zusätzlich aber noch auf die Kraft eines Frontmotors (Asynchronmaschine) setzen. Zusammen bringt es das Kraftpaket als elektrischer Quattro-Antrieb auf 370 kW/503 PS (mit Launch Control 550 PS).
Im Oktober 2024 schiebt Audi eine neue Einstiegsvariante mit 210 kW/286 PS (240 kW/326 PS mit Launch Control) Leistung, maximal 435 Nm Drehmoment und Hinterradantrieb nach. Das neue Basismodell setzt auf eine kleinere Batterie, die über eine Gesamtbruttokapazität von 83 kWh (netto 75,8 kWh) verfügt. Die Gesamtreichweite beträgt bis zu 627 Kilometer beim A6 Sportback E-Tron und bis zu 598 Kilometer beim A6 Avant E-Tron. Die Ladeleistung liegt hier bei maximal 225 kW. Von 10 auf 80 Prozent soll es in 21 Minuten gehen.
Ebenfalls neu ins Angebot rutscht eine weitere Quattro-Variante. Sie bietet mit ihren zwei Motoren ein Systemleistung von 315 kW/428 PS (340 kW/462 PS mit Launch Control) und 580 plus 275 Nm Drehmoment. Auch hier steigt der "State of Charge" in nur 21 Minuten von 10 auf 80 Prozent. Die Reichweite beträgt mit der 100-kWh-Batterie bis zu 716 Kilometer im A6 Sportback E-Tron Quattro und bis zu 685 Kilometer im A6 Avant E-Tron Quattro.
Design-Chef bestätigt RS6 E-Tron
Auch eine RS-Version ist in Planung, wie Marc Lichte bestätigte. Audis Ex-Design-Chef erzählte den Kollegen des britischen Magazins "Top Gear" am Rande der Präsentation des Activesphere Concepts, dass er den RS6 E-Tron Managern des VW-Konzerns bereits vorgestellt habe. "Und sie waren begeistert, als sie die Bilder und die Modelle auf der Bühne sahen", ergänzte Lichte. Der Öffentlichkeit soll der Power-E-Tron 2024 vorgestellt werden.
Er kündigte an, dass der Audi RS6 E-Tron "definitiv" eine breitere Karosserie samt vergrößerter Spurweite und größeren Räder als die A6-Pendants erhalten wird. Zudem stellte Lichte in Aussicht, dass die RS-Version eine "andere Leistung" bieten wird – wobei "anders" in diesem Zusammenhang "deutlich mehr" bedeuten dürfte. Details oder Daten nannte Audis oberster Designer zwar nicht, aber er habe herausgestellt, dass es beim RS immer "um die Kombination aus Leistung und Funktionalität" gehe.
In 3,9 Sekunden auf Tempo 100
Auch ohne das "R" davor bringt es der Audi S6 E-Tron auf irrwitzige Fahrleistungen. Aus dem Stand sprintet der Allradler auf Wunsch in 3,9 Sekunden auf Landstraßentempo. Dabei setzt der eigentlich 370 kW starke Antrieb im Launch-Control-Modus zusätzliche 35 kW frei. Mit 550 PS stürmt er dann theoretisch bis 240 km/h voran, bevor ihn die Elektronik einfängt. Die Werte gelten gleichermaßen für den Audi S6 E-Tron Sportback wie für den S6 E-Tron Avant.
Auch der A6 E-Tron Performance mit Heckantrieb schafft schnelle Sprintzeiten. Sowohl der Sportback als auch der Avant schaffen es in 5,4 Sekunden auf Tempo 100. Die Höchstgeschwindigkeit wird hier auf 210 km/h begrenzt. Der geringe cw-Wert von 0,21 adelt den neuen A6 Sportback übrigens als – in puncto Aerodynamik – besten Audi aller Zeiten. Der A6 Avant ist mit einem cw-Wert von 0,24 kaum schlechter.
Aerodynamik und Reichweite
Ob die runde Front, der schlanke Aufbau oder die Air Curtains, die die Umströmung der Front und die Radanströmung verbessern – jedes Detail soll am neuen Audi für möglichst geringen Luftwiderstand, höhere Effizienz und mehr Reichweite sorgen. Im Aerodynamikkonzept spielt auch der Unterboden mit diversen Feinoptimierungen an allen Bauteilen eine wichtige Rolle. Dazu gehören speziell angepasste Radspoiler und 3D-Anlaufkörper vorn vor den Vorderrädern, die jeweils für den Sportback und den Avant individuell optimiert sind.
Die Dämpfungswanne sowie die Batterie-, die Hinterachs- und die Schwellerverkleidungen sind ebenfalls aerodynamisch optimiert, genau wie der breite Diffusor am Heck. Passend dazu bietet Audi Aero-Räder in verschiedenen Größen an. Nicht zu vergessen – auch den neuen Audi A6 gibt es jetzt optional mit virtuellen Außenspiegeln. Die sind nun sogar anklappbar. All das führt zu einer enormen Elektro-Reichweite von gut 750 Kilometer beim A6 E-Tron Sportback. Selbst der Einsatzradius des S6 E-Tron Avant kann sich mit 640 Kilometern sehen lassen.
Innenraum mit Panorama-Display
Auf den wohnlich gestalteten Innenraum des neuen A6 E-Tron scheint Audi besonders stolz. Dabei fällt vor allem der sogenannte Softwrap auf, der sich von Tür zur Tür über die gesamte Schalttafelbreite erstreckt. Bedienbereiche sind dagegen in hochglänzendem Schwarz abgesetzt. Die Bildschirme der optionalen virtuellen Außenspiegel befinden sich an den Türinnenseiten im Winkel der A-Säule und der Türbrüstung. Im Zentrum des Cockpits steht aber das neue Panorama-Display.
Die MMI-Bildschirmfläche ist im Curved Design und in OLED-Technologie ausgeführt und besteht aus dem 11,9 Zoll großen Audi virtual cockpit und dem 14,5 Zoll großen MMI Touchdisplay. Dazu gesellt sich auf Wunsch ein 10,9 Zoll großes MMI Beifahrerdisplay. Über den Active Privacy Mode kann der Beifahrer während der Fahrt Filme schauen oder Serien streamen. Der Fahrer kann sich dagegen am Augmented-Reality-Head-up-Display erfreuen.
Google-Infotainment und ChatGPT
Audi nutzt beim neuen A6 Android Automotive OS als Betriebssystem. Damit lösen sich die Ingolstädter auch hier von der Volkswagen-Tochter Cariad. Inhalte kann der Audi A6 E-Tron jederzeit mittels Over-the-Air-Updates downloaden. Neueste Audi connect Dienste und der weiterentwickelte, serienmäßige E-Tron Routenplaner sind damit stets auf dem neuesten Stand. Apps wie YouTube sind über den Audi Application Store für Drittanbieter-Apps verfügbar, der direkt in das MMI eingebunden ist und kein Smartphone für die Nutzung voraussetzt.
Neben der erweiterten Touch-Bedienung stand für Audi auch der selbst-lernende Sprachassistent im Mittelpunkt. Mithilfe des Audi assistant lassen sich nun zahlreiche Fahrzeugfunktionen steuern. Zudem können sich Insassen über die Verbindung zu ChatGPT (bereitgestellt über Microsoft Azure OpenAI Service) während der Fahrt recherchierte Inhalte vorlesen lassen sowie in natürlicher Sprache mit dem Auto interagieren. Allerdings wird zunächst der Audi assistent versuchen, die Anfrage zu lösen. Erst wenn das Audi-System etwa allgemeine Wissensfragen nicht beantworten kann, werden diese an ChatGPT weitergeleitet. Für den Nutzer passiert das unbemerkt und nahtlos. Audi will dabei höchste Priorität auf die Datensicherheit gelegt haben. Um einen bestmöglichen Datenschutz zu gewährleisten, werden Fragen und Antworten nach der Verarbeitung wieder gelöscht. Zudem soll ChatGPT zu keinem Zeitpunkt Zugriff auf die Fahrzeugdaten erhalten.
Autonome Fahrhilfen und Marktstart A6 E-Tron
Ein Novum für den A6 E-Tron ist der adaptive Fahrassistent plus. Der soll den Fahrer beim Beschleunigen, Bremsen, Halten von Geschwindigkeit und eingestelltem Abstand sowie bei der Spurführung unterstützen. Dadurch soll der Fahrkomfort speziell auf Langstrecken gesteigert werden. Neben verschiedenen Sensoren nutzt das System je nach Region hochauflösende Kartendaten und in der Cloud berechnete Schwarmdaten anderer Fahrzeuge zur Verbesserung des Fahrverhaltens. Aus einer Fusion dieser Informationen berechnet es den voraus liegenden Streckenverlauf und ermöglicht ein komfortables Fahrerlebnis im gesamten Geschwindigkeitsbereich und in Stausituationen.
Marktstart und Preise
Mit dem Marktstart sind serienmäßig der Parkassistent plus, eine Rückfahrkamera, der verkehrszeichenbasierte Geschwindigkeitsbegrenzer, die kamerabasierte Verkehrszeichenerkennung, der Adaptive Geschwindigkeitsassistent, die Einparkhilfe plus mit Distanzanzeige und die Ablenkungs- und Müdigkeitserkennung an Bord des Audi A6 E-Tron. Bestellt werden kann der neue Audi seit September 2024. Die Preise für den A6 E-Tron starten ab 62.800 Euro für den Sportback und ab 64.450 Euro für den Avant. Für den E-Tron Performance beginnen die Preise bei 75.600 Euro für den Sportback und 77.250 Euro für den Avant. Der A6 Sportback E-Tron Quattro kostet 79.800 Euro, der Preis für den A6 Avant E-Tron Quattro beträgt 81.450 Euro. Der S6 Sportback E-Tron kostet 99.500 Euro und der Preis für den S6 Avant e-tron beträgt 101.150 Euro.