Aston Martin V12 Vanquish: Alle Infos zum stärksten Aston-GT

Aston Martin Vanquish V12
Die Wut der zwölf

Veröffentlicht am 28.10.2024

Bevor Aston Martin in die Elektrifizierung-Ära eintritt, werden nochmal alle Verbrennermodelle ordentlich aufpoliert. Für die Modelle DB12 und Vantage haben die Briten diesen Schritt bereits vollzogen. Bleibt noch die Kirsche auf dem Sahnehäubchen. Das Topmodell im Portfolio wird künftig wieder Vanquish heißen und soll unter anderem Ferrari deren 12Cilindri-Kunden abspenstig machen. Ob der Edel-Brite das Zeug dazu hat?

Um den eigenen Anspruch zu unterstreichen, eignet sich etwa die Literleistung des großen Twin-Turbo-V12. Die liegt nämlich bei 160 PS und überflügelt damit sogar das Hypercar-Geschwisterlein aus eigenem Hause. Im Valkyrie sind es "nur" 150 PS. Okay, Sie wollen wissen, was das für den Gesamt-Output bedeutet. Aus 5,2 Litern Hubraum trommelt der Vanquish 835 PS und maximal 1.000 Newtonmeter Drehmoment zusammen. Damit donnert der Zwölfender bis auf 345 km/h und ist damit so schnell wie kein Serien-Aston je zuvor.

Alles neu im und am Vanquish-V12

Das Gerangel in den eigenen Reihen hört nicht auf. Der Vanquish ist im Aufbau 75 Prozent steifer als ein DBS. Seine elegante langgezogene Form verdankt er zudem 80 Millimeter zusätzlichem Radstand (Zuwachs vor der A-Säule). Allerdings ist der Vanquish mit 1.774 Kilogramm Trockengewicht schwerer als ein DBS, was Aston Martin freilich mit der umfangreicheren Ausstattung – gerade auch im Bereich der Assistenzsysteme – begründet. Na gut. Zudem rückt der schwere V12-Motor den Schwerpunkt etwas nach vorn. Beim DB12 liegt die Gewichtsverteilung bei 48 zu 52 Prozent, beim Vanquish bei 51 zu 49 Prozent.

Zu den technischen Höhepunkten des neuen Motors zählen ein verstärkter Zylinderblock und robustere Pleuel, neu gestaltete Zylinderköpfe mit reprofilierten Nockenwellen sowie neue Einlass- und Auslasskanäle. Anders positionierte Zündkerzen und modifizierte Einspritzdüsen mit höherer Durchflussrate sorgen für eine optimierte Verbrennung und eine spürbare Effizienzsteigerung. Darüber hinaus sorgen neue Turbolader mit höherer Drehzahl und geringerem Trägheitsmoment für eine verbesserte Leistung und Gasannahme. Die Kraft wird weiter über die bekannte Achtgang-Automatik ausschließlich auf die Hinterräder übertragen.

Fun-Facts vom Insider

Dass bei einem V12 gerade die Daten rund um den Motor gerne kommuniziert werden, versteht sich. Doch es gibt ein paar Informationen, die Sie nicht in der Pressemitteilung finden, sondern nur bei uns. Dazu zählen etwa die Spitznamen für Exterieur-Carbon-Teile, die bei Aston Martin intern genutzt werden. Darunter das dominanteste dürfte jenes am Heck sein, das zwischen den Rückleuchten sitzt und den Marken-Schriftzug trägt. Diesem Element wurde der Name "Surfboard" verliehen, wohingegen die Carbon-Einsätze unterhalb der A-Säulen "Bow and Arrow" (dt. Pfeil und Bogen) getauft wurden, weil sie aussehen – nun ja – wie ein gespannter Bogen.

Ein weiterer Insider-Fakt betrifft das serienmäßige Glasdach (Carbondach gibt es optional). Ein Glasdach in dieser Größe gab es bislang für kein anderes V12-Modell bei Aston Martin. Nun könnte man meinen, der Tönungsgrad sei volle Absicht. Nur sechs Prozent des einfallenden Lichts kommen im Cockpit an. Tatsache ist allerdings, dass der einzige Zulieferer, der in der Lage war, ein so großes Glasdach mit allen notwendigen Spezifika bereitzustellen, dafür nur eben jenes getönte Glas nutzen kann. Andere Gläser scheinen durchs Qualitäts-Raster zu fallen.

Aston Martin V12 Vanquish 2024
Aston Martin

Große Worte vom Chef

Blickt man auf die ganz offizielle Kommunikation, so geizt Aston-Chef Lawrence Stroll nicht mit Vorschusslorbeeren. Als den "wahrhaftigsten aller Aston Martins" bezeichnet der Kanadier den Vanquish, und überhaupt als rollenden Superlativ im Segment der Ultra-Luxus-Sportwagen. Für den "Sportwagen"-Aspekt sollen dabei Extras wie das elektronische Sperrdifferenzial an der Hinterachse sorgen, das innerhalb von nur 135 Millisekunden zwischen null und 100 Prozent Sperrwirkung umschalten kann. Damit kontrolliert das ins ESP integrierte System den Radschlupf an der Hinterachse im Sinne einer optimalen Traktion bei unterschiedlichen Fahrbedingungen. Akustisch untermalt eine vierflutige Edelstahl-Abgasanlage die dynamischen Ambitionen des Fahrers. Sind die Ambitionen besonders groß, bietet sich eventuell das Upgrade auf die optionale Lightweight-Sports-Titanium-Abgasanlage an.

Die Basis für den Nobel-Sportwagen bildet eine Aluminium-Struktur. Vorn kommt eine Doppelquerlenker-, hinten eine Mehrlenker-Achse zum Einsatz. Neue Bilstein-DTX-Dämpfer sollen das Gefühl der Anbindung zwischen Karosserie, Aufhängung und Hinterachse verbessern. Wichtig war den Ingenieuren, eine möglichst große Bandbreite zwischen Komfort und Sportlichkeit abzubilden. So soll sich der GT auf langen Strecken mühelos anfühlen, bei Bedarf aber auch zum aggressiven Kurvenfresser mutieren. Die sportlichen Qualitäten sollen jederzeit abrufbar bleiben, ohne das Fahrverhalten zu dominieren. Für die Straßenanbindung zeichnen eigens angemischte Pirelli P Zero auf 21-Zöllern verantwortlich.

Aston Martin V12 Vanquish 2024
Aston Martin

Außen Sport, innen Luxus

Serienmäßig verbaut Aston Martin gefragte Extras wie eine Carbon-Keramik-Bremsanlage und das im Portfolio sonst aufpreispflichtige Top-Soundsystem von Bowers & Wilkins. Letzteres soll zusammen mit dem gediegenen Cockpit-Ambiente aus Leder, Carbon und Aluminium den luxusorientierten Charakterzug des Autos unterstreichen. Ein Ambiente übrigens, das der Fahrer mit nur einer Person teilen kann, denn der Vanquish ist als 2+0-Sitzer ausgelegt, also mit zwei Sitzen und etwas Stauraum dahinter.

Zwar geizt Aston Martin nicht mit konventionellen Bedienelementen in Form von Schaltern, Tasten und Drehreglern, doch jeglicher Displays kann sich heute wohl kaum ein Hersteller verwehren. Die beiden Screens hinter dem Lenkrad und oberhalb der Mittelkonsole messen jeweils 10,25 Zoll. Das Infotainment-System kommt wie schon in DB12 und Vantage von Aston Martin selbst und nicht mehr von Technik-Partner AMG.

So fährt der 1.000-Newtonmeter-GT

So, nun aber genug zum Infotainment, denn das Entertainment liegt auf den Straßen, die der Vanquish unter die Räder nimmt. Die sind hier auf Sardinien eher von der engeren Sorte was den großen GT erstmal etwas in Bedrängnis bringt. Denn mit 4,85 mal 2,12 Metern samt Außenspiegeln ist das Coupé nochmal zehn Zentimeter länger als der kleine Bruder DB12, während die Außenbreite in etwa gleich ausfällt. Dazu kommt die sehr tiefe Sitzposition und die kleinen Fensterflächen, die zusammen mit der mächtigen Haube Eingewöhnung voraussetzt, bis man die Abmessungen verinnerlicht hat. Vorsicht ist angesagt bei nahendem Gegenverkehr. Aber das klingt nun alles schlimmer als es ist, denn der Vanquish hat seinen ausladenden Aufbau gut im Griff. Die Lenkung reagiert relaxed um die Mittellage baut aber schön harmonisch Lenkwinkel auf, so dass man die Carbonspiegel präzise und nah an die Leitplanke heranführen kann. Wird die Kurve enger wackelt die Verbindung an die Vorderachse jedoch ein wenig, denn bei höherem Lenkwinkel ab ca. 60 Grad zieht es den Vanquish plötzlich mit höherer Vehemenz in die Ecke. Was wie ein Lenksprung wirkt, ist laut Aston Martin der aggressiveren Vorderachs-Geometrie gegenüber dem DB12 geschuldet, die das Topmodell mit mehr Wucht in die Ecken befördern soll. Mit etwas Eingewöhnung umfährt man diese kleine Unschärfe aber recht locker.

Aston Martin V12 Vanquish 2024
Aston Martin

Oder vergisst sie auf der nächsten Geraden bereits: Auftritt V12-Biturbo. Und damit verbunden die Frage: Kriegt der Vanquish seine immense Power auf die Straße? Erstaunlicherweise ja, wobei sich Aston Martin hier einiger Tricks bedient. Das Drehmoment wird im zivilen GT-Modus und in den unteren Gängen sanfter aufgebaut. Heißt: sein maximales Drehmoment entwickelt der V12 erst bei höheren Drehzahlen zugunsten der Fahrbarkeit. Torque-Shaping nennt sich dieser Prozess. Dementsprechend kommt man auch mit viel Gaspedaleinsatz sehr zügig aber ohne dauerhaft im ESP-Fangnetz zu hängen aus den engen Kehren. Aber schon hier fällt auf, wie bitterböse der Zwölfzylinder ab mittleren Drehzahlen schiebt. Wählt man nun den Sport oder Sport-Plus-Modus erlebt man die brachiale Mitte des V12 in vollen Zügen, jedoch auch seine kleine Schwäche. Denn der Drehmoment-Tsunami bricht nicht direkt beim Gasanlegen los. Die beiden Turbolader brauchen fast 3500 Umdrehungen bis sie mit vollen 2,25 bar zum Angriff blasen. Dann fährt aber ein regelrechter Ruck durch das Fahrzeug, der sogar die kurz die Traktion überwinden kann. Gerade auf nasser Straße ein eher unschöner Effekt. Umschifft man den rabiaten Drehmomentaufbau aber etwas, kann man das Spektakel in vollen Zügen genießen, denn zwischen 3.500 und 6.500 Umdrehungen surft man einen Drehmoment-Tsunami, der Stoff von Legenden sein könnte. So satt, so massig und so muskulös fühlt sich der Schub des großen Motors an. Dabei ist er kein Drehzahlverächter, sondern legt bis zum Begrenzer kurz vor 7.000 Umdrehungen nochmal schön zu. Klanglich besteht auch nicht eine Sekunde Zweifel an seiner Herkunft. Nur Aston Martin V12 kombinieren den bollerig tiefen Grundton und die raue Mitte mit dem versoffen brülligen Drehzahlgipfel. Verwechslungsgefahr mit der Handvoll übrigen V12 des Automobilbaus? Ausgeschlossen. Optional brüllt der Vanquish durch eine Titanabgasanlage. Außen ist Lautstärke gerade noch verträglich, innen dagegen angenehm präsent aber nicht nervig, zudem untermalt vom tosenden Ladersturm.

Die ZF-8-Gang-Automatik wurde zugunsten des hohen Topspeeds länger übersetzt, trotzdem durchturnt der Monster-Motor in der Front die Drehzahlbänder so schnell, dass man im manuellen Modus richtig engagiert an den Paddels zupfen muss um die nächste Gangstufe rechtzeitig einzulegen. Apropos rechtzeitig: Die Keramikbremsanlage muss aufgrund des immensen Beschleunigungspotenzials ebenfalls rechtzeitig betätigt werden, gibt dann aber transparentes Feedback und lässt sich mit etwas langem Pedalweg präzise dosieren. Dann schwingt sich der große Brite galant um den Scheitel und lässt dich dank des sauber regelnden elektronisch geregelten Sperrdifferenzials die Power am Kurvenausgang gut verwalten, das leicht drückende Heck ist aber allgegenwärtig, auch, da man beim gleichen Reifenformat wie beim DB12 blieb: 275er auf der Vorder- und 325er-Reifen auf der Hinterachse sind zwar alles andere als schmalspurig, aber das immense Drehmoment verwandelt die hinteren Reifen bei deaktivierter Stabilitätselektronik jederzeit in Rauch.

Aston Martin V12 Vanquish 2024
Aston Martin

Passt das noch zum GT-Charakter eines Aston Martins? Durchaus, denn der Vanquish verliert nur selten seine Geschmeidigkeit. Trotz der kurzzeitig wackeligen Anbindung an die Vorderachse ist das Fahrgefühl sehr satt und aufgrund der knapp 1,9 Tonnen Lebendgewicht mehr von Stabilität als Leichtfüßigkeit geprägt. Die um die Mittellage entspannte Lenkung macht den Geradeauslauf auch bei erhöhtem Tempo angenehm. Die erfreuliche Natürlichkeit beim Fahren rührt auch daher, dass man auf diverse fahrdynamische Geschmacksverstärker verzichtet. Zum einen stammt der extra für den Vanquish entwickelte Pirelli-Reifen aus der normalen P-Zero-Serie, bietet also gleichermaßen Trocken- wie Nassgrip und hat keinen ausgeprägten Rennstreckenfokus. Auch die von vielen deutschen Sportlern bekannte Hinterradlenkung oder aktive Stabilisatoren müssen draußen bleiben. Die Vorderachse giert dementsprechend nie nach dem Scheitel wie bei einem waschechten Supersportler. Dafür federt der Vanquish mit seinen Adaptivdämpfern auch grobe Flicken gut aus dem Asphalt, neigt im GT-Modus auf langen Wellen sogar leicht zum Schwingen und bleibt stets angenehm berechenbar. Dazu bleibt er bei geschlossener Auspuffklappe angenehm ruhig und filtert sogar Windgeräusche effektiv. Die Sitze bieten ein gesundes Maß an Seitenhalt, umklammern aber nicht und lassen etwas Freiraum für längere Strecken. Einzig das etwas knappe Kofferraumvolumen von 248 Litern und der etwas ungünstig geschnittene Raum hinter den Sitzen mindert die Reisequalitäten ein wenig. Sonst lädt der Vanquish wie fast jeder Aston dazu ein, ganze Länder mit Luxus, Lust und Leistung zu durchmessen. Dabei helfen sogar Abstandstempomat, Totwinkelwarner und Spurhalteassistent, nur die Aktivierung des Tempomats über die etwas klapprigen Lenkradtasten passt nicht zum großartigen Luxusgefühl im sehr fein eingerichteten und verarbeiteten Cockpit.

Preise und Marktstart

Ab sofort kann der Vanquish bestellt werden. Die Preise für den opulenten Sport-GT liegen bei rund 380.000 Euro. Erste Auslieferungen soll es noch im vierten Quartal 2024 geben. Die Produktion ist auf weniger als 1.000 Exemplare pro Jahr limitiert. Zudem dürfte noch eine offene Version mit dem Namenszusatz Volante folgen. Details dazu sind allerdings noch nicht bekannt.