Einen ersten Ausblick auf den Valhalla lieferten die Briten bereits im März 2019 mit der Studie AM-RB 003 auf dem Genfer Autosalon. Wenige Monate später bestätigte Aston Martin, dass daraus der Supersportwagen Valhalla werden würde. Nach verschiedenen Entwicklungs-Evolutionsstufen ist es im Dezember 2024 endlich so weit. Der Valhalla darf sich im fertigen Produktions-Trimm zeigen.
Der Valhalla ist ein Auto der Premieren geworden. Er ist der erste Mittelmotor-Supersportwagen und der erste Plug-in-Hybrid, den Aston Martin in Serie produziert. Zudem ist er der erste Aston Martin, der sich auch rein elektrisch bewegen lässt.
Antrieb
Den Verbrenner-Part des Valhalla-Antriebs haben die Aston-Martin-Ingenieure vom Motor aus dem Mercedes-AMG GT Black Series abgeleitet. Sie betonen, dass nur der Rumpfmotor von AMG kommt; alles andere haben sie neu entwickelt und an die für den Valhalla gewünschten Eigenschaften angepasst. Der mit einer flachen Kurbelwelle und Trockensumpfschmierung ausgerüstete Biturbo-V8 mit vier Litern Hubraum ist der stärkste Achtzylinder, den die Briten je in einem Modell verbaut haben. Satte 828 PS und 857 Nm entstammen dem Verbrenner. Drei zusätzliche Elektromaschinen steuern weitere 251 PS bei. Zwei davon sitzen an der Vorderachse, der Dritte ist in das Getriebe integriert. Die Radial-Flux-Motoren an der Vorderachse sorgen für Torque Vectoring, erlauben den rein elektrischen Fahrbetrieb (auch rückwärts) und gewinnen, wie der E-Motor im Getriebe, beim Bremsen Energie zurück.
Die Systemleistung gipfelt in gigantischen 1.079 PS und einem maximalen Drehmoment von 1.100 Nm. Das völlig neu entwickelte Achtgang-Doppelkupplungsgetriebe (ohne Rückwärtsgang) überträgt die Antriebskraft über ein hydraulisch betätigtes elektronisches Differenzial auf die Hinterachse und bietet Schaltzeiten von kleinen Sekundenbruchteilen. Im Bestfall geht es in 2,5 Sekunden von null auf 100 km/h. Bei der Höchstgeschwindigkeit haben sich die Briten bei 350 km/h selbst ein Limit auferlegt. Rein elektrisch schafft der Valhalla bis zu 14 Kilometer mit maximal 140 km/h. Wie groß die Hochvoltbatterie im 400-Volt-System ausfällt und wie sie sich extern laden lässt, verrät Aston Martin noch nicht.
Das Zusammenspiel aller Antriebskomponenten steuert eine ausgeklügelte Fahrdynamikregelung mit einstellbarem ESP. Hinzu kommen die Fahrmodi Pure EV, Sport und Sport+ sowie Race, die neben dem Antrieb auch das Fahrwerk, die Lenkung und die aktive Aerodynamik beeinflussen.
Design
Der Valhalla ist kein kleines Auto. In der Länge streckt er sich auf 4,73 Meter, in der Breite auf 2,21 Meter (mit Spiegel). Dafür ist er nur 1,16 Meter hoch. Der Radstand liegt bei 2.760 Millimetern. Die flache Linienführung verzichtet auf feststehende Flügel. Markant sind dagegen die nach vorn oben schwenkenden Flügeltüren und die Dachhutze, die Kühlluft Richtung Motorraum schaufelt. Die Vierfach-Abgasanlage bündelt ein Paar Endrohre oben im Heck, das zweite Paar sorgt für einen Venturi-Effekt am Diffusor. Die Karosserie aus Carbonfaser ist entweder lackiert oder in Sichtcarbon erhältlich. Auch Teillackierungen nach Kundenwunsch sind möglich. Die LED-Leuchten verfügen vorn über Matrix-Technologie und einen Fernlicht-Assistenten.
Aerodynamik
Auf die Aerodynamik des Valhalla sind die Aston-Martin-Verantwortlichen besonders stolz. Aerodynamik-Guru Adrian Newey, bis vor Kurzem im Hauptberuf technischer Direktor beim früher mit Aston Martin kooperierenden Red-Bull-Racing-F1-Team und bald in gleicher Funktion beim Konkurrenzen Aston Martin tätig, und Aston Martins weitere Formel-1-Ingenieure zeichnen für Abtrieb und Windschlupf verantwortlich. Vorn sitzt ein großer, mehrteiliger Splitter. Da der Vorderwagen in der Höhe im DRS-Stil um 15 Millimeter verstellbar ist, erreicht Aston Martin hier trotz starr montiertem Splitter eine aktive Aerodynamik. An den Frontspoiler schließt sich eine konkave Unterbodenfläche an, die ebenfalls aktiv gesteuert wird und durch Unterdruck Abtrieb erzeugt. Vor den Hinterrädern befinden sich kleine geschlitzte Lamellen auf dem Schweller, die den Luftstrom unter dem Auto nach oben leiten und so den Abtrieb erhöhen.
Den meisten Anpressdruck an der Hinterachse generieren die mächtigen, unter dem Heck verlaufenden Venturi-Tunnel, die in noch heftigerer Form bereits vom Valkyrie bekannt sind. Außerdem passt das Auto den Anstellwinkel des ebenfalls mehrteiligen Heckflügels abhängig von der Fahrsituation an – auch dies soll an das DRS-System eines Formel-1-Autos erinnern. Bei 240 km/h soll der Valhalla mehr als 600 Kilogramm Abtrieb generieren, wobei die aktive Aerodynamik des Hypercars den Anpressdruck vorn und hinten kontinuierlich derart feinjustiert, dass Gripniveau und Fahrzeugbalance stets optimal austariert sind.
Fahrwerk
Beim Fahrwerk setzt Aston Martin ebenfalls auf Hybrid-Technik: Vorn kommt ein Pushrod-Layout zum Einsatz, während hinten eine Mehrlenker-Aufhängung installiert ist. Variable Federn und adaptive Dämpfer sowie Torque Vectoring versprechen blitzschnelle Reaktionen auf die jeweilige Fahrsituation und vielfältige Einstellmöglichkeiten. Zu den Fahrmodi gehört eine Rennstrecken-Abstimmung, in der sich die Komponenten maximal versteifen. Hinter den vorn 20 und hinten 21 Zoll großen Schmiederädern, die mit eigens entwickelten Michelin-Reifen in den Dimensionen 285/30 vorn und 335/35 hinten ummantelt sind, arbeitet eine Brake-by-Wire-Bremsanlage, die auf Carbon-Keramik-Komponenten (410er-Scheiben vorn mit Sechskolben-Zangen, 390er-Discs hinten mit Vierkolben-Zangen) vertraut.
Trotz des verfolgten Leichtbau-Ansatzes rüstet Aston Martin den Valhalla mit einigen elektronischen Sicherheits-Systemen aus. Dazu zählen die automatische Notbrems-Funktion, der Auffahrwarner, die aktive Geschwindigkeitsregelung, ein Spurhalteassistent, die Totwinkel-Überwachung und die Rückfahrkamera mit Surround-View-Funktion.
Chassis
Das Monocoque des Valhalla wog in einem Entwicklungsstadium gegen Jahresende 2022 noch 120 Kilogramm. Den Ingenieuren war das zu schwer; für das Serienauto wurde das Gewicht auf 74,2 Kilogramm gedrückt. An der Vorder- und Rückseite der Wanne sind Aluminium-Hilfsrahmen angebracht. Das komplette Fahrzeug bringt trocken 1.655 Kilogramm auf die Waage. Beim Chassis greift Aston Martin ebenfalls auf Formel-1-Kompetenz zurück: Die mittels eines neuen und patentierten Verfahrens umgesetzte Fertigung der Kohlefaser-Monocoques geschieht bei Aston Martin Performance Technologies (AMPT) – und damit in jener Abteilung, in der der technische Austausch zwischen Autohersteller und F1-Team stattfindet.
Interieur
Die Sitzposition im übersichtlich gestalteten Innenraum ähnelt jenem eines Formel-1-Autos. Die Hüfte des Fahrers ist ungefähr auf Höhe der Pedale, der Hosenboden sitzt tiefer. An der Stelle, wo der in seiner Neigung verstellbare Kohlefaser-Schalensitz montiert ist, ist der innere Fahrzeugboden nach unten gewölbt. Die Fahrerin oder der Fahrer streckt seine Beine also nach vorn und nicht nach unten und legt die Fersen auf einem Zwischenboden ab, was beim ersten Probesitzen eine extrem angenehme Sitzposition ergeben hat. Im Vergleich zum Valkyrie bietet der Valhalla zudem innen deutlich mehr Platz. Das Infosystem setzt auf ein Display auf der Lenksäule, das alle wichtigen Anzeigen bündelt. Zentrales Bedienelement ist ein Touchscreen auf der Mittelkonsole.
Produktion und Preis
Innerhalb von zweieinhalb Jahren sollen ab der zweiten Hälfte 2025 bis zu 999 Exemplare des Valhalla entstehen – doppelt so viele wie ursprünglich geplant. Die Aston-Martin-Entscheider begründen das damit, dass man an dem Projekt auch Geld verdienen müsse – die Entwicklung von Valkyrie und Valhalla hat anscheinend Unsummen verschlungen. Der Preis des Valhalla könnte bei zirka 833.000 Euro losgehen – bei den aktuellen Preisentwicklungen ist es aber nicht unwahrscheinlich, dass der endgültige Preis noch deutlich höher ist. Zwei Drittel der Produktion sind dem Hersteller zufolge bereits verkauft.