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WEC – 6h-Rennen Spa 2023
Ferrari kann Toyota nur kurz ärgern

Das Sechs-Stunden-Rennen in Spa-Francorchamps fungiert traditionell als Generalprobe für den Klassiker in Le Mans. Geht es nach der Ergebnisliste, sind die doppelt erfolgreichen Toyota weiterhin unschlagbar. Nach brutalen Abflügen wächst die Kritik am Reifenwärmer-Verbot.

 6h-Rennen Spa 2023 - WEC - Start - Ferrari 499P - Toyota GR010 - Porsche 963 - Cadillac V-Series.R - Peugeot 9X8 - Glickenhaus 007
Foto: XPB

Schon vor der Rennfreigabe kam es zu absurden Szenen. Noch in den Einführungsrunden drehten sich gleich mehrere Autos ausgangs der feuchten Raidillon und in Les Combes. Abseits eines leicht eingeschlagenen LMP2 konnten aber alle schwerwiegende Konsequenzen dank reichlich Glück vermeiden. Obwohl kein weiterer Regen mehr folgen sollte, war so früh klar, dass es ein schwieriger Nachmittag in den gewohnt rauen Ardennen werden würde.

Unsere Highlights

Besonderes Kopfzerbrechen brachte dabei das seit dieser Saison neue Reifenwärmer-Verbot, das selbst bei angenehmeren Temperaturen die Fahrer zuletzt extrem herausforderte. Ein passendes Beispiel dafür lieferte Brendon Hartley im Toyota GR010 Hybrid mit der Nummer 8. In der Qualifikation am wärmeren Freitag hatte er sein Auto auf frischen Reifen ebenfalls ausgangs der Raidillon versenkt. Er und seine Kollegen Sébastien Buemi und Ryō Hirakawa mussten sich dementsprechend am Ende der Startaufstellung einreihen.

 6h-Rennen Spa 2023 - WEC - Ferrari 499P - James Calado/Antonio Giovinazzi/Alessandro Pier Guidi
XPB
In der Qualifikation war Ferrari wieder nah an den Toyota dran. Ohne ein Track-Limit-Vergehen wäre die zweite Pole-Position möglich gewesen.

Ferrari-Reifenwahl anfangs erfolgreich

Die Pole-Position ging an das Schwesterauto mit der Nummer 7 (Mike Conway/Kamui Kobayashi/José María López), das sich davor einen engen Dreikampf mit den zwei Ferrari 499P geliefert hatte. Erst sah es sogar nach einer zweiten Saison-Pole für die italienischen Rückkehrer aus, aber Antonio Giovinazzi (#51; James Calado/Antonio Giovinazzi/Alessandro Pier Guidi) hatte sich eines Track-Limit-Vergehens schuldig gemacht. Er rundete hinter dem #50 Ferrari (Antonio Fuoco/Miguel Molina/Nicklas Nielsen) die Top 3 ab.

Dahinter platzierten sich die beiden Cadillac (#2 und #3), der #6 Porsche und der brandneue Kunden-Porsche von JOTA (#38). Der zweite Werks-Porsche (#5) und die zwei Peugeot (#93 und #94) erlebten ein Debakel und wurden sogar von Glickenhaus geschlagen.

In der feuchten Startphase gaben die beiden Ferrari zunächst durch Regenreifen den Ton an. Der Pole-Setter-Toyota fiel durch Slicks parallel schnell aus der Top 5. Die Deutsch-Japaner setzten allerdings weitsichtig auf abtrocknende Bedingungen. Sie bekamen hierbei nach wenigen Minuten in Form eines gestrandeten GT-Porsche und der dadurch ausgelösten ersten Neutralisierung Schützenhilfe.

 6h-Rennen Spa 2023 - WEC - Porsche 963 - JOTA - Yifei Ye/António Felix da Costa/Will Stevens
Porsche
JOTA setzte in Spa als erstes Kundenteam den Porsche 963 in der Topklasse ein. Der finale sechste Rang machte Teamchef Dieter Gass "super zufrieden".

Brutaler Cadillac-Abflug

So wurde nicht nur den Regenreifen-Teams der eh recht kurze Vorteil genommen, sondern auch die Strecke kollektiv getrocknet. Die unausweichlichen Zusatz-Stopps für die Pneu-Wechsel drehten den Taktik-Kniff schließlich in einen massiven Nachteil um, der angesichts fehlender Reifenwärmer doppelt bestraft wurde.

Der #7 Toyota lag somit wieder in der Führung. Kurz nach dem ersten Stundenwechsel formten der #6 Porsche (Kévin Estre/André Lotterer/Laurens Vanthoor), der nach vorne geeilte #8 Toyota und der #3 Caddy (Sébastien Bourdais/Jack Aitken/Renger van der Zande) sein Verfolgerfeld. Letzterer schlug dann jedoch nach fast 100 Minuten brutal in die innere Tecpro-Barriere der Raidillon ein.

Van der Zande blieb glücklicherweise unverletzt, zeigte sich angesichts des massiven Schadens des jungen Chassis aber frustriert. Er berichtete nach dem Verlust der Lenkfähigkeit: "Wir untersuchen noch, welches Problem diesen Unfall ausgelöst hat. Ich bin stolz, dass Cadillac so ein sicheres Auto gebaut hat. Bis auf leichte Kopfschmerzen und einen etwas schmerzenden Nacken bin ich glimpflich davongekommen."

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Toyota marschiert durchs Rennen

Nach zwei Rennstunden bildeten der #7 Toyota, der #6 Porsche und der #8 Toyota die Top 3. Dahinter gab der zweite Werks-Porsche mit der #5 (Dane Cameron/Michael Christensen/Frédéric Makowiecki) Anlass für weitere Erleichterung bei den Zuffenhausenern, die im Vorfeld verschiedene Probleme hatten. Ferrari erholte sich zu diesem Zeitpunkt weiter vom Risiko der Startphase. Nur 15 Minuten später war die verbesserte Laune von Porsche dahin, als die #6 mit einem Elektrikdefekt auf Start-Ziel stehenblieb und somit ausfiel.

Zur Rennhalbzeit hatte sich die Toyota-Abordnung an der Spitze zementiert. Bis in die letzte Rennstunde war die finale Reihenfolge nicht komplett klar. Um den letzten Podiumsplatz entwickelte sich parallel ein Dreikampf zwischen Cadillac, Ferrari und Porsche. Eine strategische Extra-Herausforderung stellte eine Safety-Car-Phase bei rund "2:30h to go" dar. Jacques Villeneuve im #4 Vanwall Vandervell 680 war unglücklich mit einem GT-Ferrari kollidiert.

Ein weiteres Drama für ein Auto aus der Topklasse hatte das Rennen nicht einmal eine Stunde später zu bieten. Antonio Fuoco verlor den #50 Ferrari kurz nach dem Ende der Boxengasse und schlug mit der linken Front in die linken Leitschienen ein. Der frisch bereifte, demolierte Italo-Renner blieb anschließend kurz vor Eau Rouge auf der Strecke stehen – das vierte Safety Car.

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Kritik am Reifenwärmer-Verbot

Wenig überraschend äußerten sich Ferrari-Vertreter im Anschluss angesäuert über die Umstände. Gegenüber Sportscar365 kritisierte der Boss der Sportwagen-Rennabteilung Antonello Coletta: "Im Fahrerlager und unter den Profis, sowie erst recht bei den Fahrern, teilt man die Meinung, dass die Situation gefährlich wurde. Es ist die Zeit gekommen, dass man intensiv darüber nachdenkt, denn es hat große Auswirkungen auf die Sicherheit."

Bezüglich der mit Nachhaltigkeit begründeten Kampagne äußerte sich Caddy-Fahrer Jack Aitken: "Man kann nicht ignorieren, dass die besten Fahrer der Szene seit der Einführung der neuen Autos Probleme auf kalten Reifen haben. Ist es die eingesparte Energie aus den Wärmern wirklich in Relation zu den aufaddierten Unfallkosten wert?"

Vertreter der Ausrichter und des Reifenlieferanten Michelin reagierten sehr defensiv auf die Vorwürfe und erklärten bislang, an der Linie festhalten zu wollen. Doch angesichts des (nach unten) größeren Temperaturfensters in Le Mans werden die Diskussionen im nächsten Monat die Szene wohl weiter beschäftigen.

 6h-Rennen Spa 2023 - WEC - Toyota Toyota GR010 Hybrid - Brendon Hartley/Sébastien Buemi/Ryō Hirakawa
Motorsport Images
Seit dieser Saison dürfen die Reifen nicht mehr vorgewärmt werden. Besonders auf den Out-Laps kreierte dies reichlich Chaos in Spa.

Ferrari ringt Porsche nieder

Trotz eines Missverständnisses der beiden Toyota am Ausgang der Raidillon, das Kobayashi regelwidrig in der Auslaufzone überholen sah und ihm eine Fünf-Sekunden-Strafe einbrockte, waren die Platzhirsche der Szene auch bei der Le-Mans-Generalprobe unschlagbar. Der Sieg ging final an die #8, die #7 zeigte eine fast perfekte Schadensbegrenzung. Dramatisch wurde es hingegen im Kampf um den Podiumsplatz neben ihnen. In der letzten Dreiviertelstunde jagte der verbliebene #51 Ferrari den verbliebenen #5 Porsche.

Mit einem roten Husarenritt galoppierte James Calado an den durch die Reifen hadernden 963 heran und sollte zahlreiche Sekunden wegfeilen. Ausgerechnet in der letzten Runde konnte sich Makowiecki nicht mehr verteidigen und musste den 499P vorbeiziehen lassen. Lauter Jubel begleitete das intensiv vorbereitete Manöver. Insgesamt 72.244 Zuschauer waren für das Event angereist und hatten die neuen Tribünen komplett ausgefüllt.

 6h-Rennen Spa 2023 - WEC - Ferrari 488 GTE Evo - Luís Pérez Companc/Alessio Rovera/Lilou Wadoux
XPB
Die 22-jährige Französin Lilou Wadoux ist die erste Siegerin in einer FIA-WEC-Klasse. Sie gewann für ein Ferrari-GTE-Team.

LMP2-Heimsieg und GT-Gewinnerin

Einen Grund zur Freude gab es ebenfalls in der kleineren Prototypen-Klasse LMP2. Dort triumphierte das einheimische Team WRT (#41) mit den Piloten Rui Andrade, Louis Delétraz und Robert Kubica. In der LMGTE Am gewann der #83 Richard Mille AF Corse Ferrari 488 GTE Evo, der neben den Fahrern Luís Pérez Companc und Alessio Rovera auch die Französin Lilou Wadoux am Steuer sah. Sie ist die erste Gewinnerin einer FIA-WEC-Klasse.

Vor dem Saisonhöhepunkt in Le Mans (10. und 11. Juni) lohnt sich nun ein erster Blick auf die WM-Wertung. Brendon Hartley, Sébastien Buemi und Ryō Hirakawa führen dort mit 71 Punkten. Die siegreichen Kollegen Mike Conway, Kamui Kobayashi und José María López haben fünf Zähler Rückstand. Mit 42 Punkten sind Antonio Fuoco, Miguel Molina und Nicklas Nielsen bereits auf Respektabstand.

Neben der Reifenwärmer-Debatte scheint auch das Thema Balance of Performance vor Le Mans an Fahrt aufzunehmen. So hat es wohl erste Ansätze eines erhöhten Gewichts für die LMH (u.a. Toyota, Ferrari und Peugeot) gegeben. Doch in Spa, wo es erstmals möglich gewesen wäre, nahmen die Technikhüter Abstand. Was besonders einem LMDh-Hersteller nicht wirklich gefiel.

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Erscheinungsdatum 03.07.2024

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