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Vorschau Dakar 2016
Showtime in der Wüste

Robby Gordon ist bei der Dakar-Rallye der Mann für die aberwitzigste Show. Der Amerikaner ist besessen von der Idee, mit seinem Eigenbau Gordini die Rallye zu gewinnen. Ein ehrgeiziges Ziel, aber nicht aussichtslos. Favorit ist dennoch das Mini-Team.

01/2015, Dakar 2015 Robby Gordon
Foto: Robby Gordon

Es ist die klassische David- gegen-Goliath-Geschichte: Ein Mini-Team will die mächtigen Hersteller besiegen. Seit 2006 versucht der Kalifornier Robby Gordon den großen Wüsten-Coup zu landen - den Sieg bei der Dakar-Rallye mit seinem Eigenbau, den er in Anlehnung an seinen Nachnamen Gordini getauft hat. Immer wieder, unverdrossen, trotz aller Rückschläge. Als Highlight steht immerhin der dritte Platz von 2009 zu Buche. Klar, dass die Sympathien des Publikums dem David zufliegen. Es ist aber beileibe nicht nur die Underdog-Rolle, die Robby Gordon so populär macht. Der Amerikaner ist auch ein großer Entertainer. Reifenqualm, Donuts, mächtige Sprünge, Fotos mit den Fans, Autogramme - Gordon erfüllt alle Wünsche des Publikums. Und zwar gerne: Auch mit 46 Jahren hat er diebischen Spaß daran, Reifen möglichst schnell zu vernichten. Die Fans geraten in Ekstase Robby Gordon ist der Mann für die ganz großen Verrücktheiten.

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Lenkrad im Hotel vergessen, so wie beim zeremoniellen Start der Dakar-Rallye vor dem Präsidentenpalast in Buenos Aires im Januar 2015? "Kein Problem“, grinst er. "Da fahr ich halt die zehn Kilometer vom Parc fermé zur Startrampe mit einer Gripzange an der Lenksäule.“ Zweimal schon erfreute er die Fans mit einem besonderen Stunt: Da kraxelte er mitten im Zuschauerspalier von Buenos Aires aufs Dach des fahrenden Hummer, fixierte Lenkrad und Gaspedal und brauste so durch die City. Sprünge über die Startrampe gehören ebenso zu seinem Repertoire wie Donuts mitten auf der Autobahn, gerne auch vor den am Standstreifen parkenden Servicetrucks rivalisierender Teams. "Die Leute wollen das sehen, also mach ich es.“ Die Fans lieben Robby Gordon wegen dieser Verrücktheiten. Das war schon so, als die Dakar noch in Portugal startete und dann nach Afrika übersetzte. Im jetzigen Dakar-Brückenkopf Argentinien, dem Land mit dem begeisterungsfähigsten Sportpublikum der Welt, verfällt die Menge schier in zügellose Ekstase, wenn der orangefarbene "Gordini“, ein 450 PS starker Hecktriebler, auftaucht. Obwohl der Amerikaner ganz offensichtlich ein paar Pfunde zu viel auf den Hüften hat, ist er extrem belastbar. "Ich brauche kein Fitnesstraining. Ich sitze ja dauernd in einem Rennauto.“ Mal in einem Stadium Truck in der von ihm gegründeten und organisierten SST-Meisterschaft, mal im 900 PS starken, mit fast einem Meter Federweg ausgestatteten Trophy Truck für die Baja-Wüstenrennen in den USA und in Mexiko. Und wenn es hart auf hart geht, beißt er schon mal die Zähne zusammen. Vor ein paar Jahren erzählte er im Etappenziel folgende etwas unappetitliche Story: "Meinem Beifahrer wurde schlecht. Er musste sich übergeben, und danach hat sein Mikro für die Gegensprechanlage nicht mehr funktioniert. Da haben wir halt schnell die Helme getauscht.“ Gefühlte 99,9 Prozent aller Teamchefs im Motorsport missbilligen Gordons Extravaganzen. Wenn sie über ihn sprechen, fallen Begriffe wie "Rallye-Clown“ oder "unverantwortliche Knallcharge“. Gordon pfeift auf humorlose, erfolgsfixierte Teamchefs. Er kann sich das leisten, er ist sein eigener Boss.

Gordon mit solider Ausbildung und großer Klappe

2005 wurde er nach einem flotten Dreifachsalto im Race-Touareg von VW-Motorsport entlassen. Der damalige Sportchef Kris Nissen war der Ansicht, dass dieser Unfall absolut unnötig und nur dem Übermut des Fahrers zuzuschreiben war. Seither versucht Gordon sein Glück mit Eigenbauten. Zuerst mit einem Heckmotor-Ungetüm, dessen Karosserie an den mächtigen Hummer Humvee erinnerte. Vor drei Jahren rüstete er um auf ein kompaktes Frontmotor-Auto mit Heckantrieb. Gordon ist bestimmt keiner, der im Stile des französischen Poeten Antoine de Saint-Exupéry ("Wind, Sand und Sterne“) feinsinnig von den Schönheiten der majestätischen Wüste schwärmt. Der Amerikaner pflegt einen pragmatischen Ansatz: Wüsten sind dazu da, dass man schnellstmöglich durchfährt. Dass er dies sehr gut beherrscht, hat er schon oft unter Beweis gestellt. Mit drei Gesamtsiegen bei der Baja 1000 zum Beispiel, dem wichtigsten US-Wüstenrennen. Wenn bei Youtube ein Fan-Video auftaucht, das ihn bei Heldentaten zeigt, ist Gordon kaum zu bremsen. Dann hält er allen, die er kennt, im Biwak sein Handy unter die Nase: "Hey! You must see this.“ Zeigen sich die Zuschauer entzückt ("Great Jump!“), freut er sich wie Zonen-Gaby auf dem "Titanic“-Titel von 1989, als sie ihre erste Banane bekam.

In jungen Jahren siegte Gordon auch bei den Champcars und in der NASCAR-Serie. 1999 verlor er den fast sicher scheinenden Sieg beim Indy 500 in der vorletzten Kurve, als ihm das Benzin ausging. Es gibt wohl kaum einen Dakar-Piloten, der auf eine solidere Rennfahrerausbildung zurückgreifen kann als der ehemalige Schützling von Ford USA. "Ich will als erster Amerikaner die Dakar gewinnen.“ Diesen Textbaustein hat der Amerikaner bestimmt schon x-tausendmal wiederholt. Gordon ist laut und extrovertiert. Er ist ein unverbesserlicher Optimist und er sagt schonungslos, was er denkt – eine Seltenheit im professionellen Motorsport. Von Toyota zum Beispiel hält er nicht viel: "Seit wir beide dabei sind bei der Dakar, habe ich 14 Tagessiege geholt, Toyota nur zwei.“ Über Peugeot, den Neueinsteiger von 2015, spottet Gordon: "Das war ja nicht gerade berauschend, was sie im Januar gezeigt haben.“ Zur Erinnerung: Carlos Sainz baute einen massiven Unfall, Stéphane Peterhansel und Cyril Despres kamen mit ihren Diesel-Buggys abgeschlagen auf den Plätzen 11 und 34 ins Ziel. Gordons hämisches Resümee: "Wenn ich so viel Geld hätte wie Peugeot, dann hätte ich jede Tageswertung gewonnen – ohne Ausnahme.“ Die härteste Nuss für Gordon ist natürlich das in den letzten vier Jahren stets siegreiche X-Raid-Mini-Team. Aber Gordon lässt sich von dieser Siegesserie nicht die Laune verderben. "Ich glaube, dass wir mit den Mini mithalten können. Unser Problem war bisher immer die Zuverlässigkeit. An der Lösung für dieses Problem haben wir aber hart gearbeitet. Ich habe 2015 mehr als 10.000 Kilometer getestet.“ Im Notfall weiß Gordon meist, was zu tun ist: "Ich bin einer der wenigen, die dazu in der Lage sind, ein Rennauto zu konstruieren, eigenhändig zusammenzuschweißen und dann auch noch schnell zu fahren.“

Vor vier Jahren hat Gordon dann aber doch übertrieben mit seiner Kreativität bei technischen Lösungen. Da wurde er von den Kommissaren mit einem Bypass im Ansaugsystem des V8 erwischt. Illegalerweise konnte der Saugmotor so mehr Luft einatmen, als ihm der winzige Air-Restrictor eigentlich zubilligte: Disqualifikation. Gordon wäre nicht Gordon, wenn er nicht eine eloquente Erklärung für dieses Vergehen hätte. "Der Schlauch, um den es geht, dient zum Luftablassen an den Hinterrädern. Das ist erlaubt.“ Antwort der Kommissare: "Ja schon, aber nur wenn der Schlauch vor dem Air-Restrictor angeschlossen ist und nicht dahinter.“ Diese kleine Episode trug sehr dazu bei, dass Gordon bei den gegnerischen Teamchefs nicht sonderlich populär ist. "Der macht seine eigenen Regeln“, klagen sie, "und er lebt scheinbar auf seinem eigenen Planeten.“ Interessanterweise heißt eine von Gordons Internetseiten "Planet Robby“. Ein netter Zufall, oder?

Mini-Team erneut in der Favoritenrolle

Sébastien Loeb gegen Mikko Hirvonen - dieses Duell war ein Dauerbrenner in der Rallye-WM. In den Jahren 2008 bis 2012 okkupierten diese beiden viermal die ersten beiden Plätze in der Tabelle. Jetzt treffen sich der neunmalige Weltmeister aus Frankreich und der vierfache Vizechampion aus Finnland bei der Dakar-Rallye wieder. Als Neulinge in der Wüste haben aber weder Peugeot-Fahrer Loeb noch Mini-Treter Hirvonen echte Siegchancen. Während Hirvonen den alten Wüstenfuchs Michel Périn als Copilot an seiner Seite hat, vertraut Loeb auf die Dienste seines langjährigen WRC-Beifahrers Daniel Elena. "Vorhersagen sind schwierig“, sagt Loeb. "Du kannst als Fahrer den perfekten Rhythmus haben und dann mit Navigationsfehlern eine Menge Zeit verlieren. Aber ich will auf jeden Fall Leistung zeigen und nicht bloß irgendwie ankommen. Ich habe kein Interesse daran, 60. zu werden.“

Großer Favorit auf den Sieg ist erneut Mini. Es wäre der fünfte Triumph in Folge für das X-Raid-Team von Sven Quandt. Das Auto gilt als fabelhaft zuverlässig, und die Fahrer sind erste Sahne: Vorjahressieger Nasser Al-Attiyah aus Katar und der Spanier Nani Roma, der 2014 triumphierte, bekommen Rückendeckung vom Argentinier Orlando Terranova, der 2015 vier Tagessiege holte, sowie von Neuling Hirvonen.

Peugeot komplett neu aufgestellt

Mini spielt es in die Karten, dass Peru im Herbst überraschend als eines der Gastgeberländer absagte, offiziell wegen der Auswirkungen des Wetterphänomens El Niño. Denn die weiten Sandwüsten Perus wären den Buggys von Peugeot und Robby Gordon entgegengekommen. Die drei Tage im bolivianischen Hochland am Salzsee von Uyuni sind Mini- und Peugeot-Territorium, zumindest in der Theorie. Die Turbodiesel-Triebwerke verlieren in der dünnen Höhenluft – es wird auf bis zu 3.600 Metern gefahren – weitaus weniger Leistung als die V8-Saugmotoren der Toyota und des Gordini. Nach dem ernüchternden Dakar-Comeback im Januar 2015 haben die Peugeot-Techniker den heckgetriebenen Buggy namens 2008 komplett umgekrempelt: Der neue DKR 16 ist wesentlich breiter als sein Vorgänger, und er weist eine verbesserte Gewichtsverteilung auf. Pläne, auf einen Ottomotor umzurüsten, gaben die Franzosen wieder auf. Die vier DKR 16 von Stéphane Peterhansel, Carlos Sainz, Ex-Motorrad-Crack Cyril Despres und Loeb werden von 350 PS starken V6-Dieselmotoren befeuert. "Mich erinnert er ein bisschen an den SMG-Buggy von 2014, mit dem Carlos Sainz sehr konkurrenzfähig war“, spottet Konkurrent Robby Gordon, der erneut davon träumt, mit seinem Gordini-Eigenbau (Heckantrieb, 450 PS) als erster Amerikaner die Dakar zu gewinnen.

Eher in der Außenseiterrolle ist Toyota. Fahrerische Speerspitzen in den Hilux-Pickups (V8-Ottomotor, Allrad) sind der Südafrikaner Giniel de Villiers, Dakar-Sieger von 2009 (damals noch im Volkswagen Race-Touareg), und der extrem schnelle Saudi Yazeed Al-Rajhi. Beide vertrauen übrigens auf die Navigationskünste von deutschen Beifahrern. Dirk von Zitzewitz zeigt de Villiers schon seit Urzeiten den rechten Weg. Timo Gottschalk fährt das zweite Jahr an Seite des Arabers. Wie 2015 sind auch diesmal wieder zwei rein deutsche Gentlemen-Fahrerteams mit von der Partie: Mini-Pilot Stephan Schott, 63, peilt mit Stammbeifahrer Holm Schmidt erneut eine Top-20-Platzierung an. Das Gleiche hat der norddeutsche Unternehmer Jürgen Schröder, 57, vor: Zusammen mit seinem Sohn Daniel startet er auf einem Nissan-Navara-Prototyp mit 390 PS starkem V8-Saugmotor. Schröder junior, der Copilot, sammelte auch auf dem Motorrad Dakar-Erfahrung: Vor vier Jahren kam der damals erst 22-Jährige mit seiner KTM auf den 20. Platz.

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