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24h-Rennen Nürburgring-Nordschleife 2016
Die große Vorschau auf den Klassiker

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Wir versprechen Ihnen: Das 24h-Rennen in der Grünen Hölle wird in diesem Jahr eine epische Schlacht! Die Hersteller blasen zum großen Halali. In der Favoritenrolle: Audi und Mercedes. Doch auch das Potenzial von Porsche, BMW und Aston Martin ist groß.

VLN  - 3. Lauf - Nürburgring-Nordschleife - 14. Mai 2016
Foto: Stefan Baldauf / Guido ten Brink

Ja, wir geben es zu: Unsere Parole ist jedes Jahr dieselbe. Das 24h-Rennen ist umkämpfter denn je. Warum es dieses Mal wirklich so ist? Weil der Wettbewerb in der GT3-Klasse mit der neuen Fahrzeuggeneration noch enger ist, man dadurch mehr ans Limit gehen muss und die Werke noch mehr Gas geben. "2016 sehen wir wahrscheinlich die größte Leistungsdichte der vergangenen Jahre", prophezeit Mercedes-Pilot Thomas Jäger. "Die Teams und Hersteller haben sich in den letzten Jahren extrem professionalisiert. Es wird ein sehr intensives und hartes Rennen werden." Der GT3-Sport boomt auf der ganzen Welt - und ein Sieg beim 24h-Rennen auf dem Nürburgring ist eines der besten Verkaufsargumente.

Unsere Highlights
Impressionen - 24h-Rennen Nürburgring 2015 - Nordschleife - Sonntag - 17.5.2015
Stefan Baldauf / Robert Kah
Audi triumphierte 2015 mit dem neuen R8 LMS.

Audi will die Novizen klein halten

Audi machte es 2015 vor: Im Gegensatz zur Konkurrenz schickte man den neu entwickelten Audi R8 LMS lange vor der Auslieferung an die Kunden in den Klassiker zweimal rund um die Uhr. Zwei Szenarien waren möglich: Variante a): Das Experiment geht voll in die Hose, und man stellt fest, wie viel noch verbessert werden muss. Variante b): Man holt den Sieg, macht damit die beste Werbung und verkauft das neue GT3-Produkt 50-mal in die ganze weite Welt. Letzteres ist eingetreten.

In diesem Jahr haben die drei großen GT3-Player Mercedes, Porsche und BMW mit ihren neuen Modellen nachgezogen. Doch der Sieg geht über Audi, die 2016 natürlich eine Wiederholungstat anstreben. Wer also hat die besten Chancen? Ohne große Recherchen anstellen zu müssen, ist die Rangordnung in Sachen gefahrene Kilometer auf der Nordschleife klar: Audi geht mit Vorschusslorbeeren ins Rennen. Mercedes absolvierte 2015 immerhin zwei VLN-Läufe mit dem neuen AMG GT. Porsche kommt mit dem 911 GT3 R auf einen, BMW mit dem M6 GT3 auf keinen.

Allerdings haben die diesjährigen VLN-Läufe gezeigt, dass man trotz der unterschiedlichen Entwicklungsstadien zumindest bei der Performance recht eng beieinanderliegt. Reden wir nicht lange um den heißen Brei herum: Audi haben viele ganz oben auf dem Zettel. Schließlich hat man bereits einen 24h-Sieg mit diesem Modell in der Tasche. Damit haben die Ingolstädter bewiesen, dass der R8 LMS das Tempo über die Distanz ohne größere Wehwehchen gehen kann. Das Aufgebot präsentiert sich jedoch nicht ganz so stark wie im vergangenen Jahr. Wegen des VW-Abgas-Skandals wurde auch beim 24h-Projekt gekürzt. Statt wie bisher vier Autos bringt man nur noch zwei Werks-Renner an den Start. Jeweils ein Auto bei Phoenix Racing und WRT aus Belgien.

Starkes Fahreraufgebot bei Audi

Das Fahreraufgebot kann sich sehen lassen: Christopher Mies, Nico Müller und Laurens Vanthoor greifen als Vorjahressieger mit Unterstützung von Pierre Kaffer bei WRT ins Lenkrad, Christopher Haase, René Rast, Frank Stippler und Markus Winkelhock beim Team von Ernst Moser. Der R8 von Land Motorsport hat zwar offiziell nicht denselben Status, wird aber bei vielen als ähnlich stark gehandelt. Mit dem Bilstein-Porsche legendär geworden, hat das Team um Wolfgang Land mit Audi wieder im GT-Spitzensport Fuß gefasst und schielt auf einen Gesamtsieg.

Die Kutscher-Riege spricht für sich: Marc Basseng, Timo Scheider, Mike Rockenfeller und Connor De Phillippi. Im Gegensatz zu allen anderen R8 LMS vertraut man beim Fahrwerk auf den früheren Partner Bilstein statt auf Öhlins-Technik. Bei Phoenix experimentiert man ebenfalls: Das zweite Auto wird mit Dunlop-Reifen ausrücken. Frank Stippler und Anders Fjordbach haben in dieser Konfiguration bereits die ersten beiden VLN-Läufe gewonnen - allerdings in einer Phase, in der sich niemand um den Sieg prügelte. Edoardo Mortara soll beim Langstreckenklassiker dazustoßen. Zur Reifenthematik später mehr.

Der große Push bei Mercedes

Fragt man im Fahrerlager herum, ist man sich einig: Mercedes ist neben Audi der heißeste Anwärter auf den Pokal. Wie schnell der AMG GT ist, zeigten mehrere Podiumsplätze bei der VLN wie auch der Doppelsieg beim 24h-Quali-Rennen. Im Herbst schloss AMG-Boss Tobias Moers noch aus, dass man Kundenteams werksseitig unterstütze. Dieser Kurs ist nun überholt. Zum ersten Mal packt Mercedes die volle Werksunterstützung aus - für HTP, Black Falcon und Haribo Racing. Gleich eine ganze Armada trägt den Stern auf der Haube. Bei HTP wurden kurzfristig aus zwei geplanten Autos drei, bei Black Falcon und Haribo Racing sind es zwei Werksautos.

Bei Haribo tatsächlich ganz nach der Devise: Doppelt gemoppelt hält besser. Denn die beiden Autos sind Zwillinge - mit exakt der gleichen Besetzung. Das unterstreicht: Der Druck im Hintergrund ist enorm hoch. Mit sieben Werksautos ist man zahlenmäßig der Konkurrenz deutlich überlegen. Während der Speed zweifelsohne da ist, bereitet die Haltbarkeitport noch Kopfzerbrechen. Und das, obwohl manche unken, der AMG GT bestehe ja ohnehin zu 85 Prozent aus Gleichteilen vom Vorgänger - inklusive des bis dahin kugelsicheren 6,3-Liter-V8-Motors, der lediglich optimiert wurde.

Ausgerechnet da lag in der Vorbereitungsphase der Hund begraben. Wie die Knallbonbons verabschiedeten sich mehrere Aggregate auf der Nordschleife und auf Sprint-Strecken wie Monza und Misano. Laut Mercedes hat man das Problem im Griff. Angeblich waren Verunreinigungen im System die Ursache. Ein technischer Defekt konnte für den spektakulären Unfall von Nico Bastian in einem der Black-Falcon-Autos beim 24h-Quali-Rennen nach umfangreichen Untersuchungen ausgeschlossen werden.

Porsche: Bluff oder dritte Kraft?

Zu den Stärken des AMG GT zählt der moderate Reifenverschleiß. "Die Aero-Balance des AMG GT3 ist wirklich beeindruckend", sagt Marco Seefried, der eines der HTP-Autos bewegt. Kritische Stimmen merken an, der Mercedes habe einen zu großen Tankrestriktor. Zwar ist die Mindeststandzeit ohnehin geregelt, tritt jedoch ein Problem auf, bleibt so ein Puffer. Hinter Mercedes und Audi wird die Sicht etwas vernebelter. Bei Porsche und BMW sehen Kritikaster noch Fragezeichen.

Definitiv hochprofessionell ist der Einsatz von Porsche. Die Zuffenhausener konzentrieren sich auf zwei Autos und haben jede Menge Leute dabei. Der Einsatz ist wesentlich komprimierter, aber sicher nicht weniger aufwendig. Und über den riesigen Erfahrungsschatz von Manthey Racing auf der Nordschleife muss man erst gar nicht diskutieren. Und wie steht der Porsche 911 GT3 R selbst da? Entweder man kommt wirklich nicht mit dem Tempo der Spitze mit, oder man betreibt noch Politik. Letzteres vermutet der Großteil der Konkurrenz. Nach dem 24h- Quali-Rennen jammerte Kevin Estré: "Auf die einzelne Nordschleifenrunde betrachtet sind BMW und Mercedes momentan noch schneller. Ich weiß nicht, ob wir unter den Bedingungen der momentanen BOP noch viel Luft nach oben haben."

Ein Statement, das viele schmunzeln lässt. Ein Insider verweist auf die Performance des GT3-Autos in den letzten drei Rennstunden in Daytona - die fast auf dem Niveau der überlegenen Lamborghini lag. Man könnte Porsche demnach auch als das "schwarze Pferd" bezeichnen. Die vereinzelt aufgetretenen plötzlichen Motorschäden nach wenigen Kilometern auf dem Tacho sollen der Vergangenheit angehören - offenbar gab es ein Zuliefererproblem. Beim Thema Reifen hat Porsche mit Michelin nachgebessert. Weil man als einziger Hersteller eine schmalere Dimension an der Vorderachse fährt, war mehr Detailarbeit gefragt. Die größere Dimension passt nicht ins Radhaus des 911 GT3 R, weil man statt Doppelquerlenkern wie im GTLM-Auto aus Kostengründen mit McPherson-Federbeinen fährt.

BMW M6 GT3 kurz vor Torschluss fertig

Und was kann der BMW M6 GT3, der in letzter Minute für die Saison 2016 fertig wurde? Unter Experten gilt er als verdammt schnell - was er ja auch mit dem Sieg beim dritten VLN-Lauf 2016 unterstrich. Doch es sind nach wie vor Kinderkrankheiten an der Tagesordnung. Es gibt nicht die eine Baustelle, sondern immer wieder ploppt etwas Neues auf. Mal ist es die Lenkung, mal sind es die Bremsscheiben, die durch Temperaturunterschiede Risse bekommen, mal der Antriebsstrang. Die Bayern können sicher vorne mitgeigen - die Frage bleibt, wie lange. Hinter den Kulissen ist zu hören, dass der BMW nicht so weit entwickelt ist, wie es der Audi vor dem 24h-Rennen im vergangenen Jahr war.

Bei Außentemperaturen über 20 Grad hat man nur wenige Erfahrungen gesammelt. Sprich: Es läuft auf einen Probelauf hinaus, bei dem man mit viel Glück ein gutes Ergebnis erreichen könnte. Die Basis des Autos wird generell gelobt. "Die Aerodynamik ist sicher eine der Stärken des M6 GT3", sagt Nicky Catsburg. "Du fühlst dich sofort zu Hause." Mit Rowe Racing und Schubert Motorsport unterstützt BMW zwei erfahrene Nordschleifen-Teams durch jeweils zwei Autos.

Was haben die GT3-Exoten drauf?

Als Überraschungskandidat könnte sich Aston Martin hervortun. Zwar ist die 24h-Vorbereitung der Briten im Vergleich zur Konkurrenz aus Kostengründen eher dilettantisch, aber man scheint mit dem Vantage da anknüpfen zu können, wo man in den vergangenen Jahren aufgehört hat. Beim Saisondebüt in VLN 2 schafften Nicki Thiim und Darren Turner auf Anhieb Rang vier. Auch die Briten tanzen aus der Reihe und vertrauen auf Dunlop-Reifen.

Die Landsmänner von Bentley trommelten im vergangenen Jahr ziemlich laut mit ihrem Ziel, den Gesamtsieg zu holen. Die Ansage von Vorstand Wolfgang Dürheimer war deutlich. Für den diesjährigen Einsatz hat man umstrukturiert: M-Sport tritt nicht mehr in der Eifel an, stattdessen hat nun Christian Abt beide Werksautos unter der Fuchtel. Für Bentley gilt das Gleiche wie für Zakspeed-Nissan oder den Lamborghini-Einzelkämpfer Konrad Motorsport: Man selbst mag zwar gut aufgestellt sein, aber die Konkurrenz vermutlich noch besser. Gegen den Aufmarsch der Werke ist vermutlich nicht viel auszurichten - zumindest nicht im Kampf um die Krone.

Eine Chance auf den Gesamtsieg hat in diesem Jahr nur, wer bei den Variablen Fahrerbesetzung, Teamerfahrung, Zuverlässigkeit und Speed ohne Schwachstelle perfekt aufgestellt ist. Die Chancengleichheit beim Speed soll einmal mehr der Technikausschuss des ADAC Nordrhein garantieren. Mit den neuen Autos und der Aufgabe, Sauger- und Turbomotoren unter einen Hut zu bekommen, steht man vor einer noch größeren Herausforderung als in den letzten Jahren. Daneben wurde die Leistung im Rahmen des Sicherheitspakets um fünf Prozent gekappt und Mindestfahrzeughöhen vorgeschrieben, über die sich nicht jeder Hersteller gleichermaßen freut.

Der erste VLN-Lauf machte die Datenauswertung heikel, weil die Wetterbedingungen nicht optimal waren. Gleiches gilt für das zweite Rennen. Beim 24h-Quali-Rennen sammelte man hingegen mehr brauchbares Material. Entgegen der FIA setzt die Mannschaft rund um Norbert Kreyer bei den Turbos der 2016er-Generation nicht auf eine Boost-Kurve mit abhängig von der Drehzahl vorgeschriebenen Ladedrücken, sondern auf eine gerade Ladedrucklinie plus Restriktor. Der Grund: Die FIA-Regelung erfordert extrem viel Kontrollaufwand - das ist aufwendig und teuer. Unter den Top-Favoriten betrifft das aber eigentlich nur BMW. Audi, Mercedes, Porsche und Aston haben Saugmotoren an Bord. Bentley und Nissan gehören der vorherigen Generation an. Aus dem Lager der Münchner ist zu hören, dass man durch die Nürburgring-Lösung Leistung einbüße. Man könne nicht die maximale Leistung, wie sie in der BOP vorgesehen ist, abrufen, weil man sonst mit zu hohen Ladedrücken Gefahr laufe, dass die Turboschaufeln Schaden nehmen.

Zudem hat die allgemeine Leistungsreduzierung um fünf Prozent die Turbo-Fraktion wohl härter getroffen. Natürlich hat auch die Sauger-Fraktion was zu meckern. Allen voran Porsche: Man moniert die unterschiedlichen Leistungs-Charakteristiken von Turbo und Sauger, die nicht wie bei der FIA durch die Boost-Kurve aufeinander angepasst sind. Im Verkehr gehe man unter. Eine Ursache für den Unterschied könnte die Getriebeübersetzung sein, die beim hochdrehenden Porsche nun mal anders ausgelegt ist. Zusätzlich spezifisch für Porsche relevant: Weil man gegen die Lärmvorschriften verstoßen hatte, musste man einen Resonanzkiller am Auspuff anbringen, der Leistung kostet.

VLN  - 3. Lauf - Nürburgring-Nordschleife - 14. Mai 2016
Stefan Baldauf / Guido ten Brink
BMW holte sich den Sieg im dritten VLN-Lauf 2016 - der Generalprobe aufs 24h-Rennen.

Ist Reichweite doch ein Thema?

Ebenfalls interessant für die Techniker: der Verbrauch. Es sieht so aus, als habe Porsche eine Trumpfkarte und schaffe neun bis zehn Runden. Der Audi R8 gilt ebenfalls als sehr spritsparend. Die Turbos mit 125 Litern Tankvolumen kommen wohl auf acht Runden. Bei BMW steht der hohe Spritverbrauch momentan auf der Agenda. Überhaupt wird noch viel über das Thema Tanken diskutiert. Zum einen, ob man die Mindeststandzeit für Zehn-Runden-Stints noch verlängert; zum anderen, warum die Mindeststandzeiten generell nicht bis zum Rennende, sondern nur bis zum Anbruch der letzten Rennstunde gelten.

Bleiben zuletzt noch die Reifen. Bisher lautete die einhellige Meinung: Wenn du gewinnen willst, musst du Michelin fahren. Nach dem Comeback von Dunlop in den GT3-Sport im vergangenen Jahr hat sich das Bild verschoben. Einige Insider trauen Dunlop viel zu. Man rückt mit drei Slick-Mischungen an (Soft, Medium, Hard), die ein überlappendes Arbeitsfenster von 5 bis 35 Grad Celsius abdecken. Der Soft-Reifen ist eher für kalte Bedingungen und die Nacht gedacht, der Medium für größere Temperaturfenster und der harte Pneu für Hitze. Ein Intermediate und ein Regenreifen runden die Palette ab. Dass man wieder bei der Musik ist, unterstrich in der vergangenen Saison Walkenhorst Motorsport mit mehreren VLN-Siegen auf Dunlop. Beim 24h-Rennen dürften zu den Dunlop-Waffen eher die beiden Aston Martin und möglicherweise der Audi R8 von Phoenix gehören.

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