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VLN Langstreckenmeisterschaft Nürburgring
Warum sinkt die Starterzahl?

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Nicht nur beim 24h-Rennen fehlten Autos, auch in der Langstreckenmeisterschaft schrumpfen die Starterlisten. Woran liegt das? Bricht die Basis weg?

VLN2015-Nürburgring-Mercedes-Benz SLS AMG GT3-Startnummer #2-SP9
Foto: Stefan Baldauf / Robert Kah

Die Angst geht um in der VLN. Schwindende Starterzahlen beunruhigen Teilnehmer, Teams und Organisatoren. Was sind die Gründe? Welche Folgen hat das? Geht das so weiter? Fragen, die die Gespräche im Fahrerlager dominieren. Die Basis breche weg und wandere in andere Rennserien ab, behaupten manche. Andere machen das Tempolimit verantwortlich und schimpfen auf das Nordschleifen-Permit. Man hat das Gefühl, über der VLN liege eine dunkle Wolke. Es lohnt sich, hinter diese Wolke zu schauen – denn nicht immer spiegeln die Stimmungen auch die Realität wider.

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VLN-Starter-Schwund verteilt sich über alle Klassen

Was könnte Vermutungen besser entkräften als nackte Zahlen? Da kann man nicht um den heißen Brei herumreden: Tatsächlich hat die VLN einen Rückgang der Teilnehmerzahlen zu verkraften. Die Zeiten, in denen noch über 200 Starter in der zweiten Jahreshälfte dabei waren, sind zwar längst vorbei. Im Schnitt fehlen rund 25 Autos pro Rennen im Vergleich zu den Vorjahren. Im Gegensatz zur weitverbreiteten Annahme, die Basis breche weg, verteilt sich der Schwund aber über alle Klassen – bis auf wenige Ausnahmen. Die GT3-Klasse unterliegt einer natürlichen Schwankung nach dem 24h-Rennen, die Cup-Klassen von Porsche, Toyota und BMW sind hingegen stabil.

Weniger Nenngeld in der Kasse schmerzt vor allem die wechselnden Veranstalter-Clubs. Grob geschätzt liegt die Grenze zwischen Verlust und Gewinn bei 150 Teilnehmern. "Wir haben keine Panik, wir können dieses Jahr durchstehen", sagt VLN-Chef Karl Mauer, der bereits an Lösungen für die Zukunft arbeitet. "Der neue Vertragsabschluss mit der CNG ist ein wichtiger Schritt und nicht selbstverständlich. Man ist uns mehr entgegengekommen als erwartet." Die Zukunft der VLN auf der Nordschleife wurde dadurch für weitere drei Jahre mit Option auf zwei Jahre Verlängerung gesichert. Das mag banal klingen, doch im Hintergrund entwickelten sich auch Bestrebungen, eine Konkurrenzserie zu gründen. Die sind mit der Vertragsunterzeichnung vom Tisch.

Wie steht es um die VLN-Basis?

Begeben wir uns weiter auf Spurensuche. Geht es der VLN-Basis wirklich so schlecht, wie manche behaupten? Arnold Höppe ist mit seinem grauen Renault Mégane einer der wenigen verbliebenen Einzelkämpfer. Der Maschinenbautechniker schraubt zu Hause in der Garage, hat sich alles selbst beigebracht. Er sitzt vor seiner Box in seinem kleinen Lkw auf einer Bierbank, auf dem Tisch stehen Salzstangen und belegte Brötchen. "Meine Schrauber arbeiten für eine Bratwurst und ein Bier", sagt Höppe. "Es werden allerdings immer mehr professionelle Teams. Mein Netzwerk bricht weg. Das brauche ich, wenn Teile fehlen oder wenn man sich austauschen will."

Gemeinsam mit Frank Kuhlmann, der einen Honda Civic fährt, hat er eine Boxen-Symbiose gebildet. Die beiden teilen sich Helfer und Werkzeug. Rund 6.000 Euro kalkuliert er für einen Renneinsatz mit dem Mégane. Früher setzte er einen Ford Fiesta ein, doch obwohl dieser günstiger war, fand er keine anderen Fahrer.

Oft bevorzugen diejenigen, die ohnehin das Geld haben, um sich einzukaufen, gleich einen Porsche. Damit sein Finanzierungskonzept aufgeht, vermietet Höppe den 265 PS starken Mégane parallel in der RCN. "Dort wird rücksichtsvoller gefahren. Die Fixkosten sind aber ähnlich. In der VLN schätze ich besonders die professionelle Organisation." Das Tempolimit betrifft ihn nicht, Code 60 kann er nur unterstützen, seit er selbst einmal in der Schussbahn stand. Das Nordschleifen-Permit hatte größere Auswirkungen auf ihn: Weil keine Lehrgänge verfügbar waren, musste er auf das Budget eines Mitfahrers verzichten.

Wie Höppe ist auch der amtierende Meister Rolf Derscheid im Alleingang unterwegs. Er sagt: "Der Basis geht es nicht schlecht. Der Breitensport-Charakter ist nur nicht mehr so vorhanden, wie er es einmal war." Seiner Meinung nach ist das ein Bumerang-Effekt, es seien die Folgen der Entwicklungen in den vergangenen drei bis vier Jahren. Das sehe man zum Beispiel daran, dass der Nachwuchs mittlerweile schon auf sehr hohem Niveau mit einem BMW M235i anfängt. "Es wäre falsch zu sagen, die GT3-Klasse ist an der aktuellen Situation schuld. Die Interessen der Serie haben sich verlagert. Früher gab es zum Beispiel auch weniger Vermieter-Teams."

Ring-Permit als Stolperstein für viele VLN-Teams

Michael Bonk ist Teamchef so einer Mannschaft, die mit der Vermittlung von Fahrerplätzen Geld verdient. Er betreut drei Opel Astra OPC und drei BMW M235i. Vor ein paar Jahren reiste die Mannschaft freitagvormittags an, heute muss er am Donnerstag aufbauen, weil sonst kein Platz mehr im Fahrerlager ist. "Ich sehe die Gefahr, dass die Serie zu professionell wird", sagt er. Als Häuptling eines Teams, das sein Geld mit der Vermietung von Autos verdient, ist er auf Fahrer angewiesen. Doch die bleiben immer öfter weg. "Das Nordschleifen-Permit ist für uns ein Problem. Viele sagen, sie haben keine Lust darauf. Und diejenigen, die nur einzelne Rennen gefahren sind, kommen jetzt nicht mehr."

Seinem Pendant Matthias Holle von Mathol Racing ergeht es ganz ähnlich. Hatte er im vergangenen Jahr noch acht Autos unter der Flagge, sind es aktuell nur sechs. "Neben den Faktoren wie Tempolimit, GT3-Klasse, GPS-System und Nordschleifen-Permit muss man auch darüber diskutieren, dass man bisher von der VLN nicht als Kunde behandelt wurde", sagt er. In den fetten Jahren mussten sich die Veranstalter nicht um die Starter kümmern. Doch in Zeiten, in denen die 24h-Serie des holländischen Promoters Creventic boomt, ist Kundenbindung gefragt.

Das ist bei den Organisatoren angekommen. Beim fünften Lauf kamen die technischen Kommissare zum ersten Mal zu den Teams in die Boxen und nicht andersherum. Auch die Fahrerlagereinteilung wird immer wieder positiv erwähnt. Jürgen Alzen, der gewöhnlich nicht mit Kritik hinterm Berg hält, lobte die VLN-Organisation auf Facebook sogar ganz öffentlich für die Fortschritte im Vergleich zum vergangenen Jahr.

Trennung von Groß und Klein?

Für Holle wären viele Probleme gelöst, wenn man statt eines gemeinsamen Rennens zwei à drei Stunden austragen würde. "Die Rundenzeiten einer V2- oder V3-Klasse jenseits von elf Minuten passen nicht mehr zu Rundenzeiten um acht Minuten", sagt er. Holle plädiert für eine Trennung großer Klassen wie SP9, SP8, SP7, SP-X und SP-Pro und denen darunter. Das Zeittraining würde gemeinsam ausgetragen, das Rennen der Großen fände nach dem der Kleinen statt. "Das käme uns auch bei den Versicherungsprämien entgegen", meint Holle.

Tim und Dirk Groneck, die mit ihrem Renault Clio 2013 Meister wurden, verstehen die ganze Aufregung nicht: "Wir fühlen uns sehr wohl", sagt Tim. "Was man nicht vergessen darf: Vielen Kleinen geht einfach die Kohle aus. Sie schimpfen aber auf die Großen." Ob sie selbst in der nächsten Saison wieder in der VLN dabei sind, wissen die Brüder noch nicht. Das hat allerdings weder etwas mit Geld noch mit Groll über die VLN zu tun – sondern mit Zeitmangel.

Fakt ist: Die Basis ist über mehrere Jahre geschrumpft. Zum einen, weil die Serie professioneller wurde, zum anderen, weil die Hersteller keine Einstiegsautos für den ganz kleinen Geldbeutel mehr anbieten. Ein Trend von der VLN hin zur RCN lässt sich nicht klar erkennen. Zwar platzt die Gleichmäßigkeits-Serie aus allen Nähten, doch einige Teams starten in beiden Meisterschaften. Der Zulauf kommt eher von Neueinsteigern, für die die VLN eine Nummer zu groß geworden ist. Zudem spielen in vielen Fällen das Nordschleifen-Permit und der Ärger über das Tempolimit eine Rolle. Oder einfach die Finanzen – auch wenn das niemand gerne zugibt.

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