Es war kein Zufall, dass alles mit einem Rallye-Fahrer anfing. Als die Konzernspitze von Toyota 1972 Bekanntheitsgrad und Renommee der Marke steigern wollte, traf man sich mit dem Schweden Ove Andersson, der die Japaner mit seinem Sieg bei der Rallye Monte Carlo 1971 beeindruckt hatte und auch unternehmerische Ambitionen hegte. Andersson fuhr anfangs selbst auf dem Kleinwagenmodell Corolla und erreichte schnell das erste Ziel: Augenhöhe mit dem japanischen Konkurrenten Datsun.
Der schweigsame Schwede hängte aber den Helm bald an den Nagel, wurde zum Teamchef und ließ jüngere Fahrer ran. Der Finne Hannu Mikkola sorgte für den ersten Paukenschlag, als er mit dem eigentlich unterlegenen Corolla 1975 die prestigeträchtige 1.000-Seen- Rallye gewann – der erste WM-Erfolg für Toyota.
Toyota baut Motorsport-Fabrik in Köln
Weil die Wege von Japan zu den Motorsport-Kernländern in Europa zu weit waren, hatte Andersson schon 1973 in Uppsala die Ove Andersson Motorsport GmbH gegründet, da ihm aber auch Schweden nicht zentral genug lag, zog das Team 1979 nach Köln, wo es im Westen der Stadt unter dem Namen TMG noch heute seinen Sitz hat.
In Japan standen schon in den 70ern sportliche Extreme wie die 24 Stunden von Le Mans oder die Material mordende Safari-Rallye in Kenia hoch im Kurs. Während Toyota mit teils unfassbarem Pech auf einen Erfolg beim Langstreckenklassiker in Frankreich noch heute warten muss, erwarb sich die Marke in Ostafrika in den 80er-Jahren einen legendären Ruf.
Während Audi mit Allradantrieb den Sport revolutionierte und immer aufwendigere Rallye-Boliden um den Titel fuhren, konzentrierte sich Anderssons Team auf technisch möglichst einfache und extrem robuste Hecktriebler wie den Celica Turbo, mit dem der Schwede Björn Waldegaard zwei Mal in Kenia triumphierte. Einen dritten Safari-Sieg steuerte der damals weitgehend unbekannte Finne Juha Kankkunen bei, von dem die Welt noch hören sollte.
1987 wollte Anderssons Team mit dem kompakten Mittelmotorsportler MR2 auf allen Rallye-Pisten bei der Musik sein und um den Weltmeistertitel kämpfen, doch ein Verbot der wilden Gruppe B und die Rückkehr zu deutlich seriennaher Technik der Gruppe A ließen für Toyota nur den Einsatz des heckgetriebenen Supra zu, das große Sport-Coupé war allerdings nur bedingt für den Rallye-Einsatz geeignet.
Sainz bringt Toyota ersten WM-Titel
Ein konkurrenzfähiges Allradauto mit Turboaufladung musste her, und der eigens als Basismodell für den Sport konzipierte Celica GT4 bot genau die Allround-Qualitäten, die man brauchte. Seit den späten 80ern gewann Lancia mit dem Delta Integrale die WM nach Belieben, erst als Toyota Ernst machte, ließ sich die Dominanz der Turiner brechen. Juha Kankkunen, mittlerweile zweimaliger Weltmeister, läutete mit dem ersten Sieg des GT4 mit der internen Kennung ST165 ein neues Zeitalter ein, der junge Spanier Carlos Sainz gewann damit 1990 den ersten Fahrer-WM-Titel für einen japanischen Hersteller.

Ove Andersson hatte immer ein Herz und ein Händchen für Talente, und mit dem Franken Armin Schwarz verhalf er einem weiteren Deutschen zum Einstieg in die Weltelite, nachdem bis dahin Walter Röhrl alles überstrahlt hatte. Schwarz gewann im Celica GT4 1991 die Rallye Spanien, bis heute der letzte WM-Erfolg eines Deutschen. Der Allrad-Celica erfreute sich auch bei der Serienkundschaft großer Beliebtheit, 1992 kam das Nachfolgemodell ST185 auf den Markt, dessen Sonderversion „Carlos Sainz Edition“ heute ein Kultauto ist.
Das mittlerweile etwas runder gelutschte Coupé schloss nahtlos an die Erfolge des Vorgängers an, mit 16 WM-Siegen ist es bis heute das erfolgreichste Modell, Sainz, Kankkunen und der Franzose Didier Auriol holten drei Mal in Folge den Fahrertitel nach Japan und Köln, dank des mittlerweile ersten vierfachen Champions Kankkunen gelang 1993 auch der erste Gewinn der Marken-Weltmeisterschaft für das Toyota Team Europe.
Die Mannschaft TTE galt längst als das Maß aller Dinge in Sachen Professionalität, Akribie und Innovation. Toyota war der erste Hersteller, der einen Allradantrieb mit drei computergesteuerten Differenzialen entwickelte und eine Joystick-Schaltung am Lenkrad installierte. Aber das 1994 debütierende größere Coupé Celica ST205 war nicht schnell genug.
Toyota beim Schummeln erwischt
Unter dem Erfolgsdruck ließen sich einige Ingenieure zu technischen Tricks hinreißen. Wassereinspritzungen oder gar Lachgas zur Leistungssteigerung waren eigentlich verboten, aber in den frühen 90ern schummelten viele Top-Teams, was das Zeug hielt. Eine gut versteckte Umgehung des Luftmassenbegrenzers im Toyota flog 1995 auf. Toyota wurde für ein Jahr aus der WM ausgeschlossen – ein schwerer Gesichtsverlust und der Tiefpunkt in der Motorsportgeschichte des Unternehmens.
Erst im Sommer 1997 kehrte das Unternehmen zurück. Das neue WRC-Reglement für World Rally Cars erlaubte den Einbau von Allradantrieb und Aufladung auch in Kompaktautos mit Frontantrieb und Saugmotoren. Toyota wählte das Massenmodell Corolla als Basisauto, das mit einem Sieg in Monte Carlo 1998 seine Konkurrenzfähigkeit bewies. Doch da war ein Strategiewechsel längst besprochene Sache. Nachdem man in Sachen Rallye nichts mehr beweisen musste, sollte nun die Königsklasse erobert werden.
Das eigentlich bis Ende 2000 terminierte Rallye-Programm wurde nach dem zweiten Gewinn der Marken-WM 1999 vorzeitig beendet, Toyota startete das Abenteuer Formel 1, in dem trotz enormer Anstrengungen und Investitionen kein Titelgewinn, ja nicht einmal ein einziger Sieg gelang. Nicht nur in Köln trauerte ein Teil der Belegschaft den Rallye-Zeiten hinterher.
Toyota-Comeback mit Tommi Mäkinen
Akio Toyoda, mit 53 Jahren jüngster Präsident in der Historie des Unternehmens und Enkel des Firmengründers Kiichiro Toyoda, ist selbst ein begeisterter Hobby-Drifter. Nach einem Fahrerlehrgang beim viermaligen Rallye-Weltmeister Tommi Mäkinen zeigte sich der Chef des größten Autoherstellers der Welt so beeindruckt vom „Tomminator“, dass er den 52-jährigen Nordmann 2016 zum Chef der Operation Rallye-Rückkehr machte.
Ove Andersson erlebte den Beschluss nicht mehr, er starb 2008 im Alter von 70 Jahren. Die Parallelen sind unverkennbar: Wieder ist ein ehemaliger Weltklassefahrer Kopf der Rallye-Operation, und auch Mäkinen begann nach dem Ende der aktiven Laufbahn 2003 eine zweite Karriere als Unternehmer. Anderssons früheres Team in Köln befand der neue Teamchef als zu rundstreckenfixiert.
Die Hallen von Tommi Mäkinen Racing im mittelfinnischen Puuppola sind das neue Hauptquartier der Rallye-Operation. Der Umzug und der Aufbau des neuen Teams verzögerten die Entwicklung des Yaris WRC. Die erste Saison nach 17 Jahren Pause hat Mäkinen zur Selbstfindungsphase und zum Lernjahr deklariert. Dass das neue Auto und das neue Team schon in Monte Carlo konkurrenzfähig sein werden, bezweifeln nahezu alle Experten, doch für die Rallye-Fans ist das unerheblich. Die Nachricht des Jahres lautet: Toyota ist endlich wieder da.
In der Galerie zeigen wir Ihnen einige aktuelle Bilder vom Toyota WRC-Comeback in Monte Carlo.