Im Zusammenhang mit Berichten über neue GT-Rennwagen aus japanischer Produktion haben Insider beim Saisonvortest der IMSA SportsCar Championship in Daytona Anfang Januar enthüllt, dass die Zukunft der GT500-Top-Klasse in der japanischen Super-GT-Meisterschaft wackelt.
Der Wechsel auf DTM-Einheitsbauteile wie zum Beispiel das Monocoque hat in Japan nicht zu der erwarteten finanziellen Entlastung geführt, im Gegenteil: "Die Autos hätten durch die Nutzung der DTM-Plattform theoretisch 40 Prozent billiger werden sollen, stattdessen sind sie aber um 50 Prozent teurer geworden", erklärt ein Werksingenieur. Dieses immense Delta erhöht den finanziellen Druck auf die japanischen Sportabteilungen der werksseitig engagierten Super-GT-Hersteller Honda, Nissan und Toyota.
Wird die GT500-Klasse zur GT3?
Dieser Aspekt beeinflusst auch die strategischen Planungen der japanischen Werke zum Thema GT-Sport: Honda will ein GT-Auto auf Basis des neuen NSX entwickeln, Toyota baut gerade einen komplett überarbeiteten Nachfolger des Lexus RC F GT3, und Nissan verfügt mit dem GT-R bereits über ein GT3-Auto. Bei den japanischen Herstellern wird daher gerade diskutiert, ob man ab 2018 die GT500-Klasse komplett streichen und durch GT3-Ableger ersetzen soll.
Dabei konkurrieren zwei Denkmodelle: Man könnte in der Top-Klasse der Super-GT-Serie die GT3-Fahrzeuge in einer Pro-Klasse eins zu eins übernehmen und gleichzeitig eine Amateur-Kategorie mit den gleichen Autos etablieren, um das Feld aufzufüllen. Die zweite Variante unterscheidet sich darin, dass die Werkswagen auf den GT3-Autos basieren, sich aber aerodynamisch und optisch von diesen unterscheiden - im Bereich von etwa 20 Prozent bezogen auf das GT3-Grundmodell.
DTM-Internationalisierung vor dem Scheitern
Diese aktuellen strategischen Überlegungen hätten zwei weit über Japan hinausreichende Implikationen, sollten sie wirklich umgesetzt werden: Erstens wäre die Internationalisierung der DTM damit endgültig und spektakulär gescheitert. Das ist sie zwar ohnehin schon, weil US-Rennen seit langer Zeit vom Tisch sind, aber wenn auch Japan das Konzept aufgibt, sind alle Mythen um gemeinsame Klasse-1-TW-Rennen zusammen mit der japanischen Super-GT-Serie passé.
Solche Showrennen sind eigentlich eh sinnlos geworden: Zum einen, weil die Japaner bereits auf Vierzylinder-Turbomotoren gewechselt haben, während die DTM die Einführung dieser Technik gerade um weitere 2 Jahre aufgeschoben hat, und zum anderen, weil Honda obendrein ein Hybridsystem verwendet, die DTM jedoch nicht. Damit müssten die serienspezifischen Unterschiede bei gemeinsamen Rennen mittels Balance of Performance angeglichen werden.
Honda baut GT-Auto auf Basis des NSX
Die zweite Rückwirkung betrifft den internationalen GT-Sport: In Japan hat man das Scheitern der GT-Konvergenzgespräche 2015 als Rückschlag wahrgenommen, sieht aber nun, dass es durchaus die Möglichkeit gibt, die beiden Klassen GT LM und GT3 sinnvoll miteinander über eine Plattform zu verzahnen - Ferrari hat es mit dem 488 vorgemacht. Das würde die Option eröffnen, Kunden- und Werkssport mit einer Plattform abzudecken.
Honda ist ein gutes Beispiel: US-Quellen bestätigen, dass bereits beschlossen wurde, ein GT-Auto auf Basis des neuen NSX zu bauen. Offen ist nur die Frage, ob als GT LM (dann für die IMSA-Serie und womöglich für Le Mans) oder als GT3 (dann als Kundensportauto). Letzteres scheint wahrscheinlicher. Das im NSX-Straßenauto serienmäßige Hybridsystem, das für Honda sehr wichtig ist, könnte nur im GT3-Sport zum Einsatz kommen: GT-Promoter Stéphane Ratel hat eine Integration von Hybridsystemen in zukünftigen GT3-Fahrzeugen bereits offiziell zugesagt.
Fakt ist, dass die japanischen Sportabteilungen finanziell stark zurückgebunden werden sollen. Daher suchen sie ihr Heil im Angriff - und lancieren die Ablösung des GT500-Konzepts über eine GT-Plattform. "Sonst drehen die Hersteller mittelfristig den Motorsport-Geldhahn komplett zu", so ein Japan-Insider.
In unserer Galerie zeigen wir Ihnen einige Impressionen aus der japanischen Super-GT-Meisterschaft.