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Kommentar zu eSports und Simracing
Nur besser als nichts?

Ist Simracing eine echte Alternative zum realen Motorsport oder nur eine Ersatzdroge in Corona-Zeiten? Michael Bräutigam erklärt, wo die Faszination der virtuellen Rennen liegt und warum sich Serien und Hersteller in der Szene engagieren.

Digitale Langstrecken Serie Nürburgring - Schnitzelalm Mercedes - 2020
Foto: NLS / VCO

In der Not frisst der Teufel ja bekanntlich Fliegen. Und so lassen sich in diesen Zeiten auch Menschen auf das Thema Simracing ein, die damit bislang keine Berührungspunkte hatten. Aber ist es wirklich einfach nur "besser als nichts", wenn im US-Fernsehen die wöchentliche Dosis NASCAR wie gewohnt in die heimischen Wohnzimmer übertragen wird – nur dass sie jetzt virtuell ist? Wenn gestandene Rennprofis aus Formel 1, DTM und Co. sich Abend für Abend mit ihren Kumpels zu spontanen Rennen treffen? Wenn fast jede namhafte Serie virtuelle Ableger im Livestream (oder eben im Fernsehen) behandelt, als wären sie der "real deal"?

Unsere Highlights

Meine Leidenschaft für die virtuelle Rennerei begann Ende der 90er-Jahre: TOCA Touring Cars, Gran Turismo, Formel 1 97, Colin McRae Rally – die Spiele eröffneten Wohnzimmer-Piloten eine neue Welt. Und wie realistisch fühlte sich das damals an, wenn man die klobigen Polygonhaufen über grobkörnige Pixelpisten geschubst hat.

Ein nächster Step erfolgte 2004 mit dem Erscheinen von Gran Turismo 4 und dem Umstieg auf Lenkrad und Pedale. Was für eine Erleuchtung – dachte ich. Doch der große Kulturschock kam erst 2008, als das Thema Simracing immer mehr Fahrt aufnahm. Nach jahrelanger Rennerei an der Playstation, die viele nach wie vor für "Simracing" halten, gelang es in der PC-Simulation kaum eine Runde ohne Dreher zu absolvieren.

Charles Leclerc - Virtueller Grand Prix China 2020
Twitch: Charles Leclerc
Das offizielle Formel-1-Spiel hat mit Simracing nicht viel zu tun. Zu unrealistisch sind Fahrphysik und Zweikampf-Verhalten.

Unterschied zwischen Spielen und Simracing

Zwölf Jahre danach sorgt das Coronavirus dafür, dass auch die breite Masse plötzlich merkt, wie groß der Unterschied zwischen "Rennspiele spielen" und "Simracing" ist. Die Formel 1 nutzt für die virtuellen Grands Prix ihr offizielles Rennspiel ("F1 2019"), und so sieht das dann auch im Livestream aus: Unrealistisches Fahrverhalten, Crashes noch und nöcher und immer wieder völlig realitätsfremde Rempeleien, sogar wenn es um den Sieg geht. Das ist weder Simracing noch Werbung dafür.

Die wird anderswo gemacht. NASCAR, IndyCar, IMSA, die Nürburgring Langstrecken-Serie und weitere reale Rennserien haben sich auf dem Sektor der PC-Simulationen virtuelle Ableger gesucht und zeigen, wie es geht. Große Player wie BMW, Mercedes-AMG oder Porsche geben auf diesem Sektor nun ebenfalls Vollgas.

Nehmen Sie sich gerne einmal die Zeit und suchen auf YouTube die Livestreams der digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie oder der eNASCAR Pro Invitational Races. Ich wette: Wenn Sie sich darauf einlassen, werden sie fast so viel Spaß daran haben wie an den realen Rennen. Und vielleicht sogar zeitweise vergessen, dass es genau das gar nicht ist.

Simracing ist eine Wissenschaft für sich, in der an Lenkrad und Pedalen die Motorik geschult und die Rennfitness aufrechterhalten wird. Es hat also einen Grund, warum das Thema gerade in der rennfreien Zeiten immer größer wird und sich auch Profi-Piloten engagieren.

Digitale Langstrecken Serie Nürburgring - Schnitzelalm Mercedes - 2020
NLS / VCO
Redakteur Michael Bräutigam mischt erfolgreich in der digitalen Nürburgring Langstrecken-Serie im Mercedes AMG GT3 des Teams "Schnitzelalm" mit.

Simracing als Breitensport

Ich habe damals mit Simracing begonnen, weil das Geld nicht für eine reale Rennkarriere reichte. Im Simracing habe ich gemerkt, dass wahrscheinlich auch das Talent nicht ausreichend vorhanden war. Trotzdem bin ich dabeigeblieben, und so wird es vielen gehen. Weil es Spaß macht und weil es auch eine Form des Motorsports ist. Eine, die fast keine Einstiegshürden bereithält – ein echter Breitensport also.

Und mit fortwährender Entwicklung von Soft- und Hardware wird das Gefühl immer realistischer. Nach einem Doppelstint in einem GT3-Boliden auf der Nordschleife in der Simulation iRacing ist man reif für die Dusche und das Adrenalin weicht nur langsam aus dem Körper. Und das ganz ohne die Gefahr eines vielleicht sehr schmerzhaften und teuren Abflugs.

Rennspiele spiele ich übrigens heute noch – auf der Playstation, mit Controller. Das ist wirklich besser als nichts, aber eben nur das. Simracing verlangt, wie der reale Motorsport, viel Einsatz, Know-how und Übung. Und anders als klassische eSports-Disziplinen nicht nur das, sondern auch die gleichen Talente wie das reale Vorbild. Geben Sie der Sache eine Chance - gerne auch noch nach Corona!

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