Die Silkway-Rallye kann Samstag früh endlich losgehen. Treffpunkt 8:00 Uhr bedeutet 7:50 Uhr an den Fahrzeugen zu sein. Wir sind nur zu dritt im Auto, und alle sind der Aufforderung gefolgt, ihr persönliches Gepäck auf eine Reisetasche und einen Rucksack zu beschränken. Dennoch ist der Gepäckraum mit der zu zwei Dritteln umgelegten Rückbank schnell gefüllt, denn neben dem vollwertigen Reserverad muss noch ein großer Fotokoffer untergebracht werden. Und die Seesäcke mit der individuellen Campingausstattung und die Zelte, am Ende ist das Auto dachhoch beladen.
Silkway-Rallye startet vor dem Winterpalais
Pünktlich fuhren wir ab in die Innenstadt, wo die Silkway-Rallye-Wettbewerbsfahrzeuge vor dem Winterpalais neben der Startrampe parkten, umringt von Schaulustigen. Auf dem Platz herrscht Volksfeststimmung mit Live-Musik und Essensständen. Die Morgensonne kämpft sich durch den Dunst und kurz vor dem Start liegt alles in strahlendem Sonnenschein. Die goldenen Kirchenkuppeln und -dächer leuchten zum Rallyauftakt hell auf und verabschieden uns aus Sankt Petersburg.
Wir folgen den ersten Fahrzeugen des Starterfeldes aus der Stadt nach Süden. Der befürchtete Stau in der Stadt bleibt aus, erreicht uns aber ein paar Kilometer später. Offensichtlich ist die eine Hälfte der Petersburger Bevölkerung am Samstag unterwegs in ihre Datscha, die andere Hälfte schwärmt aus in die Wälder zum Pilze sammeln. Die Standspuren werden zu Parkplätzen umfunktioniert und die Autos eimerweise mit riesigen Steinpilzen beladen.
Viel Action schon am ersten Tag
Wir halten uns hier nicht auf, denn wir wollen die Rallyefahrzeuge beim ersten Abschnitt im Gelände erleben. Nach etwa 150 Kilometern geht es durch eine Garnisonsstadt auf ein ehemaliges Militärgelände. Geschäftstüchtige Anwohner haben hier mehrere Grills aufgebaut und verkaufen Würstchen an die Schaulustigen. Die Strecke führt in einer langen Schleife um eine erhöht liegende Beobachtungsplattform herum.
Endlich kommen die ersten Autos des Feldes. Schon zu Beginn der Silkway-Rallye wird Einiges geboten. Die Strecke ist hier von der Navigation recht anspruchsvoll, wie die Beifahrer später sagen, und so konnten wir erleben, dass nicht alle Teilnehmer auf Anhieb den vorgesehenen Weg finden und kostbare Sekunden verlieren. Dann jagt ein Teilnehmer den anderen. Nach einer doppelten Bodenwelle kommen nicht alle Fahrzeuge unversehrt weiter: ein Wagen demoliert sich die Vorderachse, in der nächsten Kurve bricht einem anderen Auto die Hinterachsaufhängung. So bekam auch die Bergung am ersten Tag schon einiges zu tun.
Silkway-Rallye zieht weiter ins Biwak
Unser nächstes Ziel ist das Biwak, das auf einem weiteren Militärgelände etwa 200 Kilometer weiter im Kurort Staraya Russa, der Dostojewski-Stadt, liegt. Hier hat der Dichter lange gelebt und die Brüder Karamasov geschrieben. Ein Dauerregen weicht uns alle auf, und keiner aus dem Team ist unglücklich darüber, dass wir hier noch einmal in einem Hotel übernachten. Die einfache Herberge ist vollständig ausgebucht mit den Übernachtungen. Das Management des Hotels hatte aber vermutlich nicht damit gerechnet, dass die Gäste bereits im Biwak gegessen haben, so dass die beiden Sängerinnen und die sechs Kellnerinnen sich den Restaurant-Gästen in einer 1:1 Betreuung widmen konnten.
Auch das vorbereitete Frühstücksbuffet ab 7:00 Uhr wurde verschmäht, denn der Silkway-Rallye-Tross macht sich am nächsten Morgen pünktlich um 5:00 Uhr schon wieder auf die zweite Tagesetappe mit zwei Wertungsprüfungen und insgesamt etwa 600 Kilometern Straße - nein, eher Strecke. Auch die Begleitfahrzeuge hatte auf ihrer Route einige Kilometer abseits der befestigten Piste zu absolvieren. Hier praktizierten wir im Nieselregen auch eine Standardübung des Rallye-Fahrers: den Reifenwechsel. Gut, dass wir ein vollwertiges Ersatzrad dabei hatten. Vorteil: Mehr Platz im Kofferraum, denn das defekte Rad macht die weitere Reise auf dem LKW.
Wodka und andere Grundnahrungsmittel
Der Weg der Silkway-Rallye führt durch einsame Dörfer mit insgesamt zehn bis 20 Blockhütten, die an die Hütte der Babayaga aus den russischen Märchen erinnern, nur dass keine Hühnerfüße darunter sind. In größeren Orten finden sich auch Steinhäuser. In einem der Häuser ist ein kleiner Laden eingerichtet, zur Hälfte mit dem, was wir als Grundnahrungsmittel bezeichnen würden zur anderen Hälfte ausschließlich Alkoholika - Wodka in allen Spielarten, aber auch Pivo, Bier, z.B. Löwenbräu.
Neben der Kasse findet sich ein Abakus, ein altes Rechenbrett, mit der das elektronische Ergebnis jederzeit überprüft werden kann. Als sich eine Kundin über den Preis wundert, wird ihr die Rechentafel vorgehalten, und sie ist zufrieden. Wir nehmen noch einen Kaffee, für den leider keine Milch verfügbar ist, und fahren dann weiter zur nächsten Wertungsprüfung.