Nach sieben Tagen Rallye hat sich das Teilnehmerfeld bei der Silkway Rallye deutlich gelichtet, von 43 Startern sind noch 31 im Feld, von 16 gestarteten LKW verbleiben 13. Auch in der Zeitwertung hat sich das Feld aufgesplittet, die Führenden trennen wenige Minuten, sie liegen insgesamt bei etwa 16,5 Stunden Gesamtfahrzeit. Der letzte Teilnehmer liegt 25 Stunden zurück, dazu kommen bis zu 204 Stunden Zeitstrafen für verpasste Wegpunkte. Es liegt die letzte große Silkway Rallye-Etappe mit 340 Kilometer Wertungsprüfung vor uns. Für den letzten Tag sind dann nur noch 16 Kilometer geplant und ein Führungswechsel oder ein Aufholen ist dabei fast nicht mehr möglich.
Taktiken bei der Silkway Rallye
So kristallisieren sich auch unterschiedliche Taktiken bei der Silkway-Rallye Tagessieg anstreben, Sicherheit vs. Risiko. Schlussendlich ist auch für diese lange Etappe wieder viel Kondition gefragt, und die ist bei den Teilnehmern auf den hinteren Rängen naturgemäß schon deutlich reduziert, es handelt sich hier auch überwiegend um Amateurfahrer. Wir suchen uns wieder einen interessanten Punkt im Roadbook heraus: Er liegt kurz vor dem Ziel, und so müssen wir wieder im Dunkeln aufbrechen um rechtzeitig dort zu sein. Nach etwa acht Kilometern kommen wir an ein künstliches Hindernis: zwei Betonrohre wurden auf den Weg der Silkway Rallye gelegt und mit Erde überhäuft, so dass sich hier eine ideale Sprungschanze für die schnelleren Autos ergibt.
Abkürzungen sind bei der Silkway Rallye verboten
Wir haben freie Sicht über das Feld, so dass wir die Silkway Rallye-Teilnehmer über Minuten beobachten können, bevor sie an uns vorbei über die Rampe fliegen. Abkürzungen über das Feld sind streng untersagt. Die Feldwege haben ihre Tücken: auf den Geraden werden bei der Silkway Rallye Höchstgeschwindigkeiten erreicht, bei denen bereits kleine Senken im Boden große Auswirkungen haben können. Daher sind diese auch im Silkway Rallye-Roadbook verzeichnet. Auf diesem trockenen Feldweg liegt feinster, "Fesh Fesh" genannt, der wie trockener Sand aussieht, sich aber wie Schlamm beim Darüberfahren verhält und hinter den Fahrzeugen meterhohe Staubfahnen verursacht.
Schließlich kommen die ersten Silkway Rallye-Fahrzeuge und wir bekommen schöne Schnappschüssen von fliegenden Autos in den Kasten, die lange Staubfahnen hinter sich herziehen. Weitere Autos ziehen vorbei, dann kommt eine Lücke. Schließlich kündigen Motorengeräusch und eine Staubfahne das nächste Auto an. Durch mein Teleobjektiv kann ich das Auto erkennen, und muss sehen, wie es abhebt und sich bei voller Fahrt überschlägt. Das Auto steigt drei, vier fünf Meter in die Luft, die Ersatzräder fliegen zehn Meter hoch, schließlich landet das Auto auf dem Dach und überschlägt sich ein weiteres Mal.
Piloten überleben Unfall fast unverletzt
Wir fahren sofort die ca. 1,5 Kilometer zum Unfallort und finden beide Silkway Rallye-Fahrer relativ wenig versehrt vor. Einer der Beiden blutet am Kopf und liegt am Boden, der andere läuft planlos umher. Wrackteile verteilen sich über zig Meter, aus dem herausgerissenen Tank läuft Treibstoff aus und das Auto liegt auf der Seite. Der Überrollkäfig konnte dem Aufprall nicht stand halten und ist stark deformiert. Dahinter rollen die Silkway Rallye-Racetrucks mit allenfalls wenig verringertem Tempo vorbei, wir versuchen den Verletzten vor dem feinen Staub zu schützen. Schließlich kommt der Medical Helicopter, ein normaler Hubschrauber, auf dem ein Arzt mit Notfalltasche mitfliegt.
Die Sandbleche werden zu einer notdürftigen Trage umfunktioniert und der verletzte Beifahrer in den Hubschrauber getragen. Dieser bringt ihn in ein größeres Krankenhaus in einiger Entfernung, in dem auch mögliche innere Verletzungen diagnostiziert werden können. Glück im Unglück, auch das ist Rallye-Sport. Am Abend hören wir, dass der Zustand des Beifahrers stabil sei. Die Ursache des Unfalls ist nicht klar erkennbar, war es eine Unachtsamkeit am Ende einer langen Etappe? Hatte der Silkway Rallye-Fahrer eine Senke im Weg vermeiden wollen und war auf das Feld ausgewichen, auf dem die Senke noch tiefer war?
Ministerpräsident Putin zu Gast bei der Silkway Rallye
Nachdem sich der Schreck gesetzt hatte mussten wir uns beeilen ins Biwak zu kommen, das Tor sollten heute schon um 17 Uhr geschlossen werden. Wir erreichten das Tor um 16:59 Uhr, und erfuhren nach der Ankunft den Grund: Ein wichtiger Gast wurde im Biwak erwartet, nach kurzer Zeit war klar: Ministerpräsident Putin hatte sich angemeldet. Nachdem die üblichen Sichheitsvorkehrungen getroffen worden waren, landete das Präsidentenflugzeug gegen 21 Uhr. Nach einem kurzen Besuch bei den Kamas-Trucks kam Putin zu den Silkway Rallye-Race-Touaregs und ließ sich von Carlos Sainz ausführlich das Cockpit und den Motor erklären.
Nachdem er sich noch den eingebauten Wagenheber zeigen lassen hatte, wollte er den Preis des Autos wissen. Ein neuer Kunde? Carlos Sainz dämpfte die Erwartungen mit dem Hinweis, dass es sich um ein Fahrzeug aus zweiter Hand handele: gut gewartet, aber nicht immer pfleglich behandelt. Nach einem Abendessen entschwebte der Ministerpräsident mit ohrenbetäubendem Düsenlärm und wir zogen uns in die Zelte zurück.
Zahlreiche Wasserdurchfahrten bei der Silkway Rallye
Die nächste Silkway Rallye-Etappe war der späktakuläre Abschluss der insgesamt 4.000 Kilometer von Sankt Petersburg nach Sotchi und von insgesamt 2.014 Kilometern Wertungsprüfung. Diese Zahl war nicht zufällig gewählt, sondern sollte auf die dort ausgetragenen Olympischen Winterspiele im Jahr 2014 hinweisen. Die Etappe beinhaltete zahlreiche Wasserdurchfahrten. Einer der Fahrer sagte: "wir hätten gar kein Roadbook gebraucht, einfach den Fluss rauf hätte als Anweisung gereicht". Bei Wasserdurchfahrten kommt es immer auch auf die Technik an, sowohl die Technik des Autos, die sich vom Wasser nicht beeinflussen lassen sollte, als auch auf die Technik des Fahrers.
Kürzere und flachere Durchfahrten können schnell genommen werden, wobei es zum, in diesem Fall, gewünschten Aquaplaning kommt. Längere und tiefere Flussquerungen müssen langsamer gefahren werden, um nicht die Richtung zu verlieren. An dieser Durchfahrt waren sich die Silkway Rallye-Fahrer nicht ganz einig, einige fuhren auf Sicherheit, die Mehrheit wollte sich aber den Showeffekt der hohen Fontänen nicht nehmen lassen und fuhr mit voller Geschwindigkeit durch den Fluss, die Racetrucks waren sich einig: Vollgas!
Silkway Rallye-Siegerehrung
Die Silkway Rallye-Sieger wurden gebührend mit Champagner und Trophäe gefeiert, und waren glücklich und zufrieden, der Marathon ist überstanden, die Sieger heißen wie im Vorjahr Carlos Sainz im Race Touareg 3 mit seinem Beifahrer Lucas Senra. Der Abend klingt 120 Kilometer weiter im Grand Hotel Polyana mit einem Gala-Diner und einem Feuerwerk aus. Hier in den Bergen ist es plötzlich doch vorstellbar, dass es hier genügend Schnee für die Olympischen Winterspiele geben kann. Wir freuen uns auf Sotchi 2014.