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Renntourenwagen der M GmbH
M-Sportler unter einem Dach

Unter dem Zeltdach des Münchner Olympiastadions unterhielten sich die vier BMW-Rennhelden Harald Grohs, Marc Surer, Marc Hessel und Martin Tomczyk über ihre Rennautos von einst und jetzt.

BMW DTM-M3,BMW 3.0 CSL, Surer, Hessel, Tomczyk
Foto: Andreas Beil, BMW Group Archiv

BMW und Tourenwagensport – das gehört zusammen wie der Beginn der Sommerferien und eine Benzinpreiserhöhung. Vor knapp 40 Jahren hielt der 3.0 CSL die weißblaue Fahne auf den Rennstrecken der Welt hoch. Ende der siebziger Jahre hatten die 320 in der breitbauchigen Gruppe 5-Version ihre oft sehr spektakulären Auftritte. Zwischen 1987 und 1992 mischten die BMW-Fahrer mit ihren M3 kräftig mit in der DTM.

Nach zwei Jahrzehnten DTM-Sabbatical, in denen sich die Münchner Motorsportler mit den Sport-Prototypen (Le Mans-Sieg 1999), der Formel 1 sowie dem Geschäft mit Kundensport-Rennwagen auf Basis des Dreier beschäftigten, ist jetzt erneut der DTM M3 das Aushängeschild.

Unsere Highlights

In vier Dekaden sammelten die BMW-Tourenwagen-Fahrer Abertausende von Rennsiegen, und am Jahresende wurden oft die entsprechenden Meistertitel begossen. In Erinnerung blieben bei den vier Jahrzehnten Tourenwagensport unter der Ägide der BMW Motorsport GmbH aber vor allem die kuriosen Storys.

BMW-Piloten im Generationen-Vergleich

An einem lauen Sommerabend trafen sich unter dem Zeltdach des Münchner Olympiastadions vier BMW-Rennhelden. Es dauerte nicht lange, bis sich Harald Grohs, 68, Marc Surer, 60, Marc Hessel, 47, und Martin Tomczyk, 30, warmgequatscht hatten und es losging mit den Anekdoten: „Weißt du noch?“

Grohs gehörte zu den Männern der ersten Stunde, die das 3.0 CSL Coupé in der Deutschen Rennsport-Meisterschaft um die Kurse scheuchten. Das Werk konzentrierte sich damals vor allem auf die Europa-Meisterschaft. Die nationale Ebene war den Privatiers vorbehalten.

„Mein erstes Rennen im 3.0 CSL fuhr ich 1975 auf der Nordschleife des Nürburgrings“, erinnert sich Grohs. „Morgens um fünf bin ich aufgewacht und musste dann dauernd pinkeln gehen, so nervös war ich. Es waren lauter große Namen am Start, Clemens Schickentanz, Reinhardt Stenzel und so weiter. Und dann kam ich, der Harald, Taxifahrer aus Essen.“

„Es ging gut los. Den Start habe ich gewonnen, und in der Hatzenbach guckte ich zum ersten Mal in den Spiegel. Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein, du hast keinen mehr hinter dir. Vor lauter Schreck habe ich mich dann erst mal verbremst.“Das Auftaktrennen zur Deutschen Rennsport-Meisterschaft wurde dennoch zur sicheren Beute des lebenslustigen Ruhrpottlers.

BMW 3.0 CSL verlangte seinem Fahrer einiges ab

Nach heutigen Maßstäben wirkt der BMW 3.0 CSL in puncto Sicherheit ziemlich nonchalant. Von Seitenaufprallschutz keine Spur, und auch der Überrollkäfig wirkt mit seinen dünnen Röhrchen wenig vertrauenserweckend. In der Türverkleidung findet sich zwar ein Aschenbecher, aber der Schalensitz verfügt nicht mal über eine Kopfstütze.

„Hat mich alles nicht gestört“, sagt Grohs heute. „Wir kannten ja nichts anderes.“ Auch ein unfreiwilliger Crashtest blieb ohne Folgen: „Ich habe mich mit so einem Auto drei Mal überschlagen. Da war es ein Vorteil, dass ich so klein bin. So kam ich unverletzt raus.“

Das schnelle Fahren im anfangs 370 PS leistenden 3.0 CSL war eine kräfteraubende Angelegenheit. „Es war wirklich anstrengend, speziell auf Strecken wie Norisring oder Diepholz“, sagt Grohs. „Es gab keine Servounterstützung für die Bremsen und auch nicht für die Lenkung. In Verbindung mit den breiten Reifen hieß das, dass ich meinen Fahrstil umstellen musste: Der Trick war, dass man auf keinen Fall in die Kurve hineinbremst. Sonst hätte man das Lenkrad nicht gedreht bekommen.“

Ein Vergleich der schnellsten Runden beim Norisring-Rennen, der einzigen Piste im nationalen Kalender, die seit vier Jahrzehnten unverändert blieb, zeigt plakativ, wie sich die Technik weiterentwickelt hat. 1974 fuhr Hans-Joachim Stuck im 3.0 CSL auf dem 2,3 Kilometer langen Nürnberger Stadtkurs mit 56,6 Sekunden die Bestzeit. 38 Jahre später war Werksfahrer Augusto Farfus der Schnellste dort. Mit dem 500 PS starken M3 benötigte er 49,255 Sekunden. Der Brasilianer war also mehr als sieben Sekunden schneller als Stuck damals.

Surer als BMW-Junior verpflichtet

Ein besonders temperamentvolles Kapitel Rennsportgeschichte schrieb das BMW-Junior-Team im Jahr 1977. Rennleiter Jochen Neerpasch hatte drei pfeilschnelle Jungs verpflichtet: Manfred Winkelhock, Eddie Cheever und Marc Surer. Das Trio machte nicht nur durch schnelle Zeiten, sondern auch wegen des hohen Materialverbrauchs von sich reden.

Cheever hatte in Zolder einen üblen Trainingsunfall, als sich sein Fuß zwischen Gas- und Bremspedal verklemmte. Der 320 durchbrach die Leitplanken; hinter einem Hügel kam er zum Stehen. Surer ließ das Missgeschick des Amerikaners kalt: „Als ich Eddies leichenblasses Gesicht sah, dachte ich: Gut, den bist du los.“

Ein dramatischer Höhepunkt der deutschen Motorsportgeschichte war das Norisring-Rennen 1977. In den Hauptrollen: Ford-Pilot Hans Heyer sowie die drei wilden BMW-Junioren. „Heyer hat Winkelhock mit ziemlich linken Methoden aufgehalten“, erinnert sich Surer. „Irgendwann gab mir Manfred ein Zeichen: Probier's du doch mal. Dann habe ich den Heyer umgedreht. Ich hatte dadurch aber einen Reifenschaden und musste an die Box. Als ich mit einer Runde Rückstand zurückkam, war ich wieder mit Winkelhock und Heyer zusammen. Ich wollte ihn abdrängen, um Winkelhock vorbei zu lassen, aber Heyer hielt kräftig dagegen.“

Nach einem gewaltigen Crash herrschte an der Box große Aufregung. „Ich war der böse Bube“, grinst Surer. „Es setzte einen zweimonatigen Lizenzentzug, und wir mussten beim Vorstand antraben. Hans-Erdmann Schönbeck war aber wider Erwarten sehr nett zu uns. Er sagte nur: “BMW-Fahrer sind grundsätzlich faire Fahrer. Aber es macht mir viel Spaß, Ihnen zuzuschauen.„

Beim nächsten Rennen in Diepholz mussten die BMW-Junioren trotzdem allesamt aussetzen. “Stattdessen starteten Hans Stuck, David Hobbs und Ronnie Peterson auf unseren 320„, erzählt Surer. “Und was passierte mit dem Gentleman-Team? Im strömenden Regen gab es mindestens zwei Mal Schrott.„

Aus technischer Sicht war der 320 in der Gruppe 5-Version ein großer Fortschritt gegenüber dem etwas schwerfälligen 3.0 Coupé. “Mit 790 Kilogramm war der 320 ein Leichtgewicht„, sagt Surer. “Trotzdem ist er mir anfangs etwas schwer vorgekommen, ich kam ja aus der Formel 3. Da wurde mit 450-Kilo-Autos gefahren. Ich fand es erstaunlich, wie träge der 320 reagiert. Aber dann habe ich meine Meinung revidiert. Nie wieder fuhr ich einen Tourenwagen, der so leicht und handlich war.„

BMW M3-Flotte beim Debüt disqualifiziert

Mit einem handfesten Skandal begann die Motorsport-Karriere des BMW M3. 1987 landeten sechs M3 beim Auftakt der Tourenwagen-WM in Monza auf den vordersten sechs Plätzen. Ein paar Stunden später wurden sie allesamt disqualifiziert – mit widersprüchlichen Begründungen. Zunächst bemängelte die FIA zu dünnes Blech an Dach und Türen, später wurde das Material des Kofferraumdeckels beanstandet. Denkwürdiges Zitat vom damaligen Rennleiter Wolfgang-Peter Flohr: “Die FIA-Definition von Blech ist Blech. Von Blechstärken ist nirgendwo die Rede.„

Nach diesem holprigen Start legte der M3 aber los wie die Feuerwehr. In der DTM wurden 1987 zwei Junioren auf den Titel angesetzt: Eric van de Poele und Marc Hessel. Der Deutsche verlor den sicher scheinenden Triumph in der Meisterschaft in buchstäblich allerletzter Sekunde an den Belgier. Beim Finalrennen in Salzburg ließ sich Hessel in der letzten Runde von Platz vier auf Rang neun zurückfallen, in der festen Meinung, dass nur so ein BMW-Fahrer den Titel gewinnen würde und nicht Rivale Manuel Reuter (Ford). Ein Trugschluss. Wäre Hessel normal zu Ende gefahren, hätte er den Titel erobert.

“Ein großes Missverständnis war das damals„, sagt Hessel. “Nach dem Rennen bin ich heulend im Motorhome gesessen, und dann kamen Flohr und van de Poele herein. Plötzlich sagte Flohr: Eric, gib den Pokal her. Er schob ihn zu mir herüber: Da, der gehört dir.„ Der schier untröstliche Hessel packte die Trophäe ein, wusste aber nichts Rechtes damit anzufangen. “Der Pokal liegt heute irgendwo im Keller„, sagt er.

Neuer BMW DTM M3 ist ein reinrassiger Prototyp

40 Siege holten die M3-Fahrer in der DTM zwischen 1987 und 1992. Das Fahren war harte Arbeit: “Die Lenkgeometrie wurde immer extremer, und dadurch stiegen die Lenkkräfte enorm an„, erinnern sich die Piloten. In den späten Jahren fuhr der Renn-M3 mit ABS – damals ein Novum im Rennsport.

Auf solche Assistenzsysteme müssen Martin Tomczyk und seine fünf Werksfahrerkollegen verzichten. ABS, Traktionskontrolle, ESP – alles verboten in der DTM. Dennoch lässt sich der neue M3 im Vergleich zu den störrischen Alten geradezu spielerisch dirigieren. Lenkservo und Wippschaltung sorgen für Komfort. Dafür verlangt die Kohlefaserbremse nach energischen Tritten.

Anders als seine Vorgänger ist der neue M3 ein reinrassiger Prototyp. “Mit einem Serienauto hat er gar nichts mehr zu tun„, sagt Tomczyk. “Alles fühlt sich zehn Mal direkter an als in einem Straßenauto. Was man auch tut, sofort gibt es die Rückmeldung vom Auto. Wenn du allerdings einen Fehler machst, rettet dich kein ESP wie im Serienauto. Dann geht es schnurstracks ab ins Kiesbett.„

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