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Reifen-Theater in der DTM
Wilde Spekulationen um Hankook

BMW und Mercedes hinken Audi bei den ersten Rennen hinterher. Die Erklärung dafür, dass die Performance-Kluft so groß war, liegt möglicherweise bei den Einheitsreifen von Hankook.

Reifen - DTM - Hankook
Foto: xpb

Der Frust saß tief bei den DTM-Technikern in BMW und Mercedes. Nach den deutlichen Niederlagen gegen Audi zu Beginn der Saison in Hockenheim und auf dem Lausitzring wurde in München und in Affalterbach ausführlich Ursachenforschung betrieben. Und es gibt erste Erkenntnisse: Die Erklärung dafür, dass die Performance-Kluft so groß war, liegt möglicherweise bei den Einheitsreifen von Hankook.

Spezifikation von Hankook verändert?

Dabei geht es aber keineswegs  darum, dass die Reifen nicht für alle 24 Starter identisch sind. Die Reifen - vier Satz pro Fahrer - werden vor jeder Veranstaltung verlost. Und zwar vom DMSB und nicht von Hankook selbst. Es wäre also absurd zu glauben, dass ein Hersteller, in diesem Fall Audi, groß auftrumpft, weil er bessere Reifen bekommt als die Konkurrenz.

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Des Rätsels Lösung scheint vielmehr darin zu liegen, dass Hankook die Spezifikation der Reifen verändert hat. "Wir sehen nur, dass Hankook Ventus auf den Reifen steht und dass ein Barcode auf der Flanke pappt", sagt ein Teammitglied. "Und wir müssen die Reifen sofort nach dem Einsatz wieder abgeben."  Interessant : Beim DMSB sind zwar Muster von allen Einheitsbauteilen hinterlegt - nicht aber der Reifen.

Nachdem BMW und Mercedes vor knapp vier Wochen kurzfristig Testfahrten am Lausitzring abgesagt hatte, versprach Hankook eine genaue Analyse. Das Ergebnis dieser Untersuchungen wurde drei Wochen später publik: "Gewichtsdifferenzen zu der bisherigen Spezifikation hätten eventuell zu Performanceunterschieden geführt", teilten die Koreaner mit. Insider sprechen von einer Gewichtszunahme zwischen 600 und 700 Gramm. Ein Wert, den Hankook nicht bestätigen will.

Haben Gewichtsunterschiede Einfluss?

"An unseren Reifen selbst wurde seit 2012 nichts verändert", sagt Hankooks Europa-Sportmanager Manfred Sandbichler am Norisring. "Absolut nichts. Es gab keine bewusste Produktionsänderung."  Doch dann schränkt er ein: "Audi hat uns nach dem Rennen in Hockenheim Anfang Mai den Hinweis gegeben, dass die Reifen unterschiedliche Gewichte hätten."

Der Gewichtszuwachs sei dadurch zustande gekommen, "dass an den Flanken etwas mehr Material aufgetragen wurde." Diese Verstärkung der Flanken führt offenbar dazu, dass sich der Reifen anders verhält als von den Teams erwartet: "Das Aufwärmverhalten war am Lausitzring anders als von uns nach den Testfahrten prognostiziert", erläutert Mercedes-DTM-Chef Ulrich Fritz. "Statt ein bis zwei Runden brauchte der Reifen bis zu vier Runden, um ins optimale Temperaturfenster zu kommen." Ein Problem, das speziell an der Vorderachse auftrat.

Jens Marquardt, der BMW-Sportchef berichtete von ähnlichen Problemen: "Meine Fahrer haben über Untersteuern geklagt. Das Vertrauen in den Grip war nicht da. Speziell im Qualifying haben sie nicht gespürt, wann der Peak des Reifens da war." Rhetorisch stellt Marquardt die Frage: "Eigentlich gab es doch keine Notwendigkeit, den Reifen zu verändern. Wir hatten ja zuvor niemals Probleme mit den Hankooks."

Während die Fahrer der BMW und der Mercedes zu Saisonbeginn nicht in Schwung kamen, stand Audi als strahlender Sieger da: Vier Siege, drei durch Jamie Green, einer durch Mattias Ekström - und das obwohl die Audi beim zweiten Lauf mit Handicapgewichten starten mussten. Ganz offenbar hatten die Audi-Teams keinerlei Probleme damit, ihre RS5 perfekt abzustimmen. "Warum wohl?", fragt ein gegnersicher Ingenieur. "Wenn man weiß,  dass der Reifen steifer ist, kann man ein aggressiveres Setup fahren."

Je tiefer desto schneller

Möglicherweise könne man auch mit etwas geringerer Bodenfreiheit fahren, meinen einige. Schließlich sei der Reifen steifer in der Flanke und weise daher ein anderes Federungsverhalten auf. "Bei der Bodenfreiheit kommt es auf jeden Millimeter an", sagen die Techniker übereinstimmend. Die Faustregel lautet: "Je tiefer desto schneller."

Besonders krass wirkt sich die so genannte Ride-Height auf Strecken mit wenigen Bodenwellen aus - wie Hockenheim und Lausitzring. Am Norisring, einem Stadtkurs, sei dies nicht so gravierend, da man wegen der vielen Bodenwellen und den nach Traktion verlangenden Spitzkehren ohnehin mit einer relativ weichen Fahrwerksabstimmung fahren müsse.

Im Lager der Unterlegenen schossen die Spekulationen ins Kraut: Hinter vorgehaltener Hand munkelten einige Techniker davon, dass Audi möglicherweise schon nach den Wintertests gegenüber Hankook den Wunsch geäußert hatte, die Flanken zu verstärken, um Reifenschäden vorzubeugen. Platte Reifen im Rennen - eine Horrorvorstellung für Hankook! Deswegen, so die Spekulation, habe Hankook die Reifen verstärkt, und Audi habe beim Setup entsprechend gepokert. Und gewonnen. Antizipierende Ahnung könnte man dies nennen.

Audi-DTM-Rennchef Dieter Gass weist diese Überlegungen, Audi habe in irgendeiner Weise Einfluss auf Hankook genommen, energisch zurück: „Wir haben einfach hart gearbeitet, und die Reifen verhalten sich genau gleich wie im letzten Jahr.“ Doch Einige bei BMW und Mercedes wollen dies nach wie vor nicht glauben. Doch was auch immer passiert sein mag: Illegal wäre es in keinen Fall gewesen. Höchstens clever.

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