MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"20643676","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}
MISSING :: ads.vgWort
{"irCurrentContainer":"20643676","configName":"ads.vgWort"}

Rallye Schweden 2015
Die spannendste Rallye aller Zeiten

Knappe Duelle gab es in der 42-jährigen WM-Geschichte viele, aber noch keines, bei dem drei Fahrer innerhalb von fünf Sekunden um den Sieg kämpften. Am Ende hatte mal wieder VW-Pilot Sébastien Ogier die Nase vorn.

Sebastien Ogier - WRC - Rallye Schweden 2015
Foto: McKlein

Trotz Tauwetter ragten in der schwedischen Provinz Värmland noch immer ordentliche Schneemauern entlang der vereisten Pisten auf, und mit denen sollten die Akteure an diesem denkwürdigen Wochenende reichlich Kontakt haben. Es begann mit dem Lokalhelden Pontus Tidemand, der mit seinem Ford Fiesta R5 in der WRC2 gemeldet war, aber dennoch die ganz Großen dank optimaler Startposition beim Auftakt auf der Trabrennbahn in Färjestad Bestzeit fuhr und zum Entzücken seiner Landsleute als Gesamtführender übernachten durfte. Doch am Freitag rutschte die Hoffnung der Dreikronen-Nation in eine Schneewehe. Tedemand verlor über acht Minuten und wurde trotz eines Bestzeitengewitters nur Fünfter in der WRC2.

Unsere Highlights

Ogier und Latvala mit frühen Fehlern

Ganz vorn patzte ausgerechnet der Weltmeister. Ein Hauch zu schnell war VW-Werksfahrer Sébastien Ogier auf der neunten Prüfung in Thorsby, 30 Sekunden waren futsch und damit eigentlich auch der Sieg - ja wenn der härteste Rivale davon gewusst hätte. Keine zehn Minuten nach Ogiers Fauxpas verschätzte sich Latvala kurz vor dem Ziel der gleichen Prüfung in einer schnellen Rechts und versenkte seinen Polo für achteinhalb Minuten.

Der Finne war völlig demoralisiert, nutzte den Rest der Rallye zum Testen, und weil er als 13. keine Chance auf Punkte hatte und auch in der abschließenden Powerstage leer ausging, entschloss er sich vor der letzten Zeitkontrolle zum Rückzug, was ihm mehr Freiheiten bei der Materialwahl in Sachen Getriebe und Differenziale bei kommenden Rallyes verschafft.

Statt einem sicheren Latvala-Sieg wurde nach dessen Ausflug neu gemischt. Andreas Mikkelsen hatte zwar auch Schneekontakt, aber mit deutlich geringerem Ausmaß als die VW-Kollegen. Der Norweger ging in Führung und schaute zu, wie nacheinander die Gegner ins tiefe Weiß schossen.

Die Ford Fiesta von Robert Kubica, Ott Tänak und Elfyn Evans waren ebenso dabei wie die beiden Werks-Citroën von Mads Östberg und Kris Meeke, die gleich zwei Mal im Schnee steckten. Meeke baute seinen letzten Fehler auf der letzten Prüfung und verlor damit das Sekunden-Duell der Briten gegen Evans um Rang sechs auf den letzten Kilometern. Die Plätze sieben und zehn sind eine eher schmale Ausbeute für das Citroën-Team, das in der Marken-Tabelle nur auf Platz 4 liegt.

Von den Nebendarstellern machte am ehesten Ott Tänak auf sich aufmerksam. Der Este bedankte sich mit Rang 4 für das Vertrauen von Teamchef Malcolm Wilson. Zu erwähnen sind auch noch die Hyundai-Junioren. Haydon Paddon hat erst eine gute Handvoll Einsätze hinter sich, aber der Neuseeländer schob sich mit starker Fahrt auf Rang 5 und feierte das beste Ergebnis seiner Karriere.

Wie die Jungfrau zum Kinde war Teamkollege Kevin Abbring zu seiner ersten Fahrt im Schnee und das gleich auf einem World Rally Car gekommen. Der junge Niederländer, der als Testfahrer angeheuert eigentlich erst in der zweiten Jahreshälfte Rallyes im i20 fahren sollte, musste Werksfahrer Dani Sordo vertreten, der sich bei einem Mountainbike-Unfall den Arm gebrochen hatte. Abbring gab unter den schweren Bedingungen ein solides Debüt, kam aber als Elfter nicht in die Punkte. Man ahnt es schon: der Schnee war im Weg.

Ein Einziger entzog sich dem Magnetismus der weißen Wände. Thierry Neuville im ersten Hyundai, sonst gerne für einen Ausritt gut, turnte mit seinem i20 ganz vorn herum, lobte sein Arbeitsgerät trotz fehlender Weiterentwicklung und machte Teamchef Michel Nandan stolz, denn erstmals war sein Auto mit dem überlegenen VW Polo absolut auf Augenhöhe. Allerdings gab Nandan zu, dass der größte Dank daran dem Fahrer gelte.

Neuville flog buchstäblich durch Värmlands Wälder. Auf der populären Prüfung Vargasen, mit der Sprungkuppe "Colin's Crest" der legendärste Ort der Rallye, gewann der Belgier die Weitsprungwertung und stellte mit 44 Metern einen absoluten neuen Rekord auf. Dort war es auch wo Neuville am Samstagabend die Führung übernahm. Mit 1,6 Sekunden lag er vor Mikkelsen und 9,6 auf den sich nach vorn robbenden Ogier.

Ogier-Endspurt sichert Rallye Schweden-Sieg

Drei Prüfungen mit rund 45 Kilometer standen am finalen Sonntag auf dem Programm, und der ganze Servicepark rechnete mit der großen Attacke des Sébastien Ogier, der als Tabellenführer nach zwei Tagen als Erster auf der Strecke nun von der am Sonntag umgekehrten Startreihenfolge der Besten profitierte.

Prompt fuhr Ogier Bestzeit, aber Mikkelsen, mit dem Vorjahres-Polo technisch ein klein wenig gehandicapt, ließ sich nicht den Schneid abkaufen. Er verlor nur 1,3 Sekunden, übernahm aber die Führung, weil Neuville von Störgeräuschen in der Gegensprechanlage irritiert worden war.

Auf der vorletzten Prüfung in Värmullsasen nahm ihm Ogier auf knapp 16 Kilometern trotz aller Anstrengungen nur 3,8 Sekunden ab. Es blieben 3,0 Sekunden Vorsprung vor dem Finale, das ebenfalls auf Värmullsasen gefahren wurde. Neuville war auf Platz drei zurückgefallen, lag aber mit nur 4,6 Sekunden Rückstand noch in Reichweite seines zweiten WM-Sieges.

Auf einen ersten WM-Erfolg wartet Andreas Mikkelsen schon lange, und so verkündete er, auf Material und Tabelle keinerlei Rücksicht nehmen zu wollen. "Das wird vermutlich am Ende eine Sache von Zehnteln", prognostizierte er. Nach den ersten fünf Kilometern der letzten Prüfung hatte Ogier eine unfassbare Bestmarke gesetzt, knapp neun Sekunden schneller als der zuvor gestartete Latvala. Aber Mikkelsen war auf die Zehntel gleich schnell. Nach zehn Kilometern hatte ihm Ogier 7 Zehntel entrissen, aber das war nicht genug. Knapp eine halbe Sekunde pro Kilometer hätte er im letzten Drittel aufholen müssen, um noch zu gewinnen - unter Spitzenfahrern eine Welt.

Mikkelsen mit Ausritt im Finale

Neuville war im Ziel, hatte sich tapfer geschlagen, konnte aber aus eigener Kraft nicht in das Duell der VW-Mannen eingreifen. Dann kam Ogier an, und kaum hatte er den Helm vom Kopf gezogen zeigte das schwedische Fernsehen, wie ein Scheibenwischer verzweifelt große Schneemassen von der Frontscheibe zu fegen versuchte. Es war Mikkelsens Auto, dass zwei Minuten vor dem Ende in einer Schneewand steckte.

In einer mittelschnellen Rechts war der Polo hinten leicht ausgerutscht, beim Abfangversuch, berührte die Nase den Schneewall und zog das Auto ins Verderben. Fleißige Fans machten den Norweger wieder flott, und mit einem Verlust von rund 40 Sekunden reichte es immerhin noch zu Rang 3, aber das war kein Trost.

"Ich habe es versucht", sagte ein zutiefst enttäuschter Andreas Mikkelsen, während Ogier und Co-Pilot Julien Ingrassia jubelnd das Dach ihres Polo erstürmten. Sie hatten mit 6,4 Sekunden vor Neuville gewonnen. Es war nach 2013 der zweite Schweden-Sieg für das französische Duo und für Ogier ein besonders wertvoller: "85 Prozent der Rallye war ich durch meine Startposition benachteiligt, und trotzdem habe ich gewonnen. Darauf bin ich sehr stolz", sagte der Titelverteidiger mit einem Seitenhieb auf die neuen Regularien.

Die geknickten Kollegen müssen sich nun mit dem Blick in die Zukunft wieder aufrichten. Im März steht die erste Schotter-Rallye auf dem Programm. In Mexiko muss Ogier wieder zwei Tage lang die Straße fegen, eigentlich genug, um den Weltmeister zu schlagen.

In unserer Galerie zeigen wir Ihnen noch einmal die Highlights des Schweden-Krimis.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 21 / 2024

Erscheinungsdatum 26.09.2024

148 Seiten