Natürlich ist Bryan Bouffier bekanntermaßen ein starker Asphalt-Fahrer, und ja, er hat maßgeblich die Asphalt-Testarbeit für den neuen Hyundai WRC erledigt. Und schließlich ist allen bekannt, dass er bereits 2011 die Rallye Monte Carlo gewann. Dazu aber ist zu sagen, dass die Monte in diesem Jahr nicht zur Weltmeisterschaft zählte, und die Abwesenheit der Weltelite die Qualität dieses Sieges nicht unbeträchtlich schmälerte.
Bouffier dank Reifenpoker an der Spitze
Doch jener Bryan Bouffier bewies zum Auftakt der Rallye Monte Carlo 2014, dass er sich bei seiner Lieblingsveranstaltung auch mit den Besten der Welt messen kann. Der 36-jährige Franzose, der sich in einen Ford Fiesta des M-Sport-Teams eingekauft hat, tastete sich vorsichtig genug über die vereisten ersten Kilometer von Orpierre, eilte schnell genug über die verregnete Piste zwischen Rosans und Sainte Marie und surfte souverän über den verschneiten Col de Perty, und das nicht zuletzt, weil er mit sechs Winterreifen an Bord exakt die richtige Wahl getroffen hatte.
Komplett verwachst hatten die Weltmeister. Bei VW sah man eigentlich nur Regen vor, also nahmen Sébastien Ogier und Jari-Latvala ausschließlich weiche Trockenreifen mit ein paar Rillen mit. Schon in der ersten Kurve klatsche Ogier an eine Mauer und hatte Glück, dass nichts Nennenswertes am Polo beschädigt war. Zum Mittagsservice fand sich Ogier auf Rang neun wieder, mit 1:20 Minuten Rückstand. Vor allem die verschneiten letzten sieben Kilometer der dritten Prüfung kosteten Zeit. "Ansonsten hätte ich nur halb soviel Rückstand", klagte der Champion.
Noch ärger erwischte es Teamkollege Jari-Matti Latvala, der sich auf dem glatten Geläuf mit Trockengummis äußerst unwohl fühlte und auf keinen Fall wieder einmal seine Saison mit einem frühen Crash beginnen wollte. Doch am Nachmittag drehten die VW-Werksfahrer auf. Latvala fuhr eine Bestzeit, Ogier die nächsten beiden. Am Ende, lag Latvala mit 2:20 Minuten Rückstand immerhin auf Rang sieben, Ogier schnüffelt mit nurmehr 47 Sekunden Rückstand schon wieder am Treppchen, als in Gap die Dunkelheit hereinbrach.
Hyundai mit Drama-Debüt
Die Lichter aus gingen schon früh bei Neueinsteiger Hyundai. Vizeweltmeister Thierry Neuville zermantschte schon nach sechs Kilometern der ersten Prüfung das Heck seines i20 WRC, Teamkollege Dani Sordo drückte vor dem Start zu Prüfung fünf vergeblich auf den Starterknopf. "Wir vermuten ein Elektrik-Problem", glaubt Teamchef Michel Nandan. Doch auch wenn die für morgen eingeladenen VIP-Gäste praktisch umsonst anreisen, gab es bei der im deutschen Alzenau beheimateten Truppe keine langen Gesichter. Bis Neuville abflog, war er der Schnellste des Feldes. Als es Sordo erwischte, lag der Spanier auf Rang drei und knabberte am Vorsprung der Spitze.
Die hielt Bouffier als bester Ford-Mann bis ins Etappenziel. Das tröstete darüber hinweg, dass Altstar Francois Delecour mit gebrochenem Gaspedal aufgeben musste, und dass Mikko Hirvonen als Achter mit 2:46 Minuten Rückstand an seine schwache Form vom Vorjahr bei Citroën auch im Ford nahtlos anknüpft. Auf der Haben-Seite steht beim Ford-Team ein sich tapfer schlagender Elfyn Evans, der sich kein schwereres WRC-Debüt hätte wünschen können, und der dennoch eine achtbare sechste Position verteidigte.
Kubica beginnt Monte mit 2 WP-Bestzeiten
Für großes Staunen sorgte allerdings Robert Kubica, der seine WM-Saison auf den rutschigen 25 Kilometern von Orpierre mit einer überlegenen Bestzeit begann. Dabei wurde der Pole wie alle anderen Top-Leute vom Schnee überrascht und war auf weichen Trockengummis unterwegs. Der frühere Formel-1-Pilot verlor zwar anschließend einiges an Zeit, rettete sich aber immerhin als Gesamtdritter ins Ziel. Sein Rückstand auf Platz zwei beträgt nur 0,7 Sekunden.
Den zweiten Rang hält ebenfalls ein Überraschungsmann. Mangels Alternativen verpflichtete Citroën-Sportchef Yves Matton im Winter den Nordiren Kris Meeke, der ihm im Vorjahr bei zwei Einsätzen zwei Autos aufs Dach geworfen hatte. Meeke machte beim Reifenpoker keine Fehler und hielt seinen DS3 sicher auf der Straße. Feiern lassen wollte er sich indes nicht: "Das ist noch ein verdammt weiter Weg bis ins Ziel."
Einen weiteren Weg als alle anderen legte Mads Östberg im zweiten Werks-Citroën zurück. Der Norweger leistete sich sage und schreibe fünf Dreher, schaffte aber das Kunststück, nirgendwo ernsthaft anzuschlagen und sogar als Fünfter im Etappenziel einzulaufen.
Armin Kremer auf WRC2-Rang 2
Ebenfalls erst eingewöhnen musste sich Armin Kremer in seinem Ford Fiesta R5, den er für die Monte bei Markko Märtin angemietet hat. Der Mecklenburger hangelte sich als Gesamt-Sechzehnter auf dem zweiten Rang der WRC2 durch den Tag. Schon ausgeschieden ist Citroën-Trophy-Sieger Julius Tannert. Nach zwei viel versprechenden Zeiten am Morgen verbog er an seinem Citroën DS3 R1 die Lenkung und ist aus dem Rennen. Wie die zwei Werks-Hyundai wäre sein Auto reparabel, aber der Veranstalter der Monte verzichtet auf das Superally-System, nachdem ausgefallene Fahrer am Folgetag wieder teilnehmen dürfen.
Das haben auch die im Kopf, die ganz vorn um den Sieg kämpfen. Ogier marschiert mit Riesenschritten vorwärts, muss aber an seine WM-Punkte denken. Bouffier jedenfalls hat angekündigt, dass er die einmal gewonnene Führung auch verteidigen will. "Das ist es doch, warum wir Rallyefahrer geworden sind."