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Rallye Legends in San Marino
Aufgalopp der Rallyemonster

Einmal im Jahr treffen sich die Gruppe B-Rallyemonster von einst und 80.000 Fans in San Marino zu einem einzigartigen Rallye-Festival.

Rallye Legends, Audi Sport Quattro S1, Michael Gerber, Peter Thul
Foto: Frank Ratering, Arturo Rivas, Martin Trdla

Feuerspeiend, mal fauchend, mal wild knatternd – aber immer kraftstrotzend: Die wildesten Tiere der Rallye-Historie, die Gruppe B-Flügelmonster wie der Audi Sport Quattro S1, der Peugeot 207 oder der Lancia Delta S4 mit ihren bis zu 600 PS, waren auf Freigang.

Nach mehreren tödlichen Unfällen waren sie 1986 verboten worden, aber einmal im Jahr bekommen die Heroen von einst ein bisschen Auslauf – in einem kleinen, verwinkelten Freigehege, auf einem einzigen Berg: bei der Rallye Legends in San Marino. Es ist eine Zeitreise in eine wilde, längst vergangene Rallye-Epoche. Aber keine Angst: Die PS-Geschosse werden ausgeführt von den stärksten Lenkradakrobaten der damaligen Zeit – Carlos Sainz, Didier Auriol, Miki Biasion, Markku Alen, Sandro Munari und Per Eklund. Aus Deutschland kamen Harald Demuth und Michael Gerber.

Unsere Highlights

Nachts gab es Feuerwerk in San Marino

Wenn zu dieser brisanten Mischung noch einmal rund 80.000 enthusiastische Fans kommen, dann ist es ein bisschen so wie in den verrückten alten Rallye-Tagen. Nachts wird die Truppe von ihrer Fan-Gemeinde mit Feuerwerk und Böllerschüssen gefeiert, tagsüber stellen sich auch mal die Hardcore-Freaks mit Fotohandys und wehenden Fahnen den anstürmenden Autos in den Weg. Aber der Veranstalter war wachsam. Wenn es die Zuschauer übertrieben, rückte ein Rudel Streckenposten an und drängte die Fans wieder hinter die Abschrankungen zurück. Schließlich ist der Umgang mit den wilden Tieren nicht ganz ungefährlich – speziell, wenn man an das Alter des Materials denkt.

Der Zahn der Zeit nagte an den Boliden

Miki Biasion strandete mit dem Lancia Delta schon in der zweiten Sonderprüfung mit Motorschaden. Harald Demuth musste den Audi Quattro mit Bremsdefekt parken. An einem Ford RS 200 brach die Lenkung – glücklicherweise beim Rangieren an einer Zeitkontrolle. Weniger Glück hatte der Pilot eines M3. Nach einem Sprung kollabierte die Radaufhängung, und der BMW knallte unkontrolliert in einen Hauseingang.

Mit bestem Material war Carlos Sainz unterwegs. Der Ex-Weltmeister fuhr den VW Polo R WRC, mit dem gerade Sébastien Ogier die Weltmeisterschaft gewonnen hat. Trotzdem war nicht alles nach dem Geschmack des Spaniers. Von einem Vortest für die nächste Dakar-Rallye hatte Sainz aus Marokko eine Magenverstimmung mitgebracht. Außerdem war der Polo nicht auf dem letzten Stand, die neuen Stabis waren in diesem Modell noch nicht verbaut. Das vernichtende Urteil: "Das Auto rollt und untersteuert."

Sainz Nerven lagen auch ohne Wertung blank

Obwohl Sainz nur das Vorausauto fuhr, schaute er vor dem Start mit Sorge auf seinen früheren Widersacher Didier Auriol. Der Franzose pilotierte einen Citroën Xsara WRC aus dem Jahr 2003 – und hatte außerdem Michelin-Pneus aufgezogen, die weicher und breiter waren als die Gummi-Ware auf dem Sainz-Polo. Es ging um nichts. Trotzdem lagen die Nerven blank. Obwohl man nicht direkt gegeneinander fuhr, stoppten alle ihre Zeiten – und verglichen sie.

Ich orientierte mich an Per Eklund, Rallye-Legende und ehemaligem Rallyecross-Europameister. Wir saßen beide im Golf und hatten rund 230 PS zur Verfügung. Ich fuhr im G60 aus dem Jahr 1989 mit Allrad-Antrieb, der Schwede ein deutlich leichteres Auto mit Frontantrieb. Für mich war die Fahrt im G60 ein Wiedersehen: 1987 hatte ich zusammen mit Jocki Kleint, Kris Nissen und Jean-Marie Carron im G60 an Rekordfahrten auf dem VW-Testgelände in Ehra-Lessien teilgenommen. Zusammen haben wir die Rekorde über zwölf und 24 Stunden geknackt.

Der Golf G60 lenkt ziemlich indirekt

Ging es damals allein um Höchstgeschwindigkeit, so waren auf den winkeligen Sträßchen in San Marino vor allem Wendigkeit und Spritzigkeit gefragt. Mit der Wendigkeit hatte ich so meine Probleme. Die Lenkung wirkte ziemlich indirekt und vermittelte nicht gerade einen tollen Fahrbahnkontakt. Dafür war das Sechsganggetriebe ordentlich kurz abgestuft. Vorn fuhr der Golf mit einer Lamellensperre. Drohten die Vorderräder durchzudrehen, wurde die Leistung über eine Viskosperre nach hinten geleitet. Allerdings reagiert sie mit einer gewissen Verzögerung – was beim Fahrverhalten für den einen oder anderen Aha-Moment sorgte.

"Ich dachte schon, der Apparat hört überhaupt nicht mehr auf zu fliegen"

Aber nicht nur die Autos bereiteten Überraschungen, auch die Piste. Michael Gerber und Peter Thul saßen in einem Audi Sport Quattro S1. Trainiert hatte das Duo in einem nicht gerade untermotorisierten VW Golf GTI, aber nichts gegen ein knapp 600 PS starkes Rallye-Monster. Allerdings ging es im Wettbewerb deutlich hurtiger voran als beim Training. Und so wurde eine harmlose Kuppe bei Tempo 170 zur wahren Abschussrampe. "Ich dachte schon, der Apparat hört überhaupt nicht mehr auf zu fliegen", sagte Thul, noch blass um die Nase, anschließend nachdenklich im Service-Park.

"Mit den verdreckten Slicks, da hatte ich Schiss"

Bei einer Prüfung ging es gleich nach dem Start spitz links auf einen Schotterparkplatz. Nach einer lockeren Runde schnürte man zurück auf den Asphalt. In einem engen Hohlweg mit vielen Biegungen führte die Strecke danach bergab. "Erst hab ich mir an der Kante den Frontspoiler abgerissen", erregte sich Markku Alen. "Dann dachte ich, wir haben einen Platten. Und bergab mit den verdreckten Slicks, da hatte ich Schiss. Da ist das Auto mit mir gefahren." Ich hatte mich schnell an die Lenkung gewöhnt – auch wenn man sich in engen Kehren wahre Knoten in die Arme fuhr. Aber plötzlich ließen sich die Gänge nur noch mit Mühe schalten. Im Ziel der Prüfung war die Kupplung praktisch am Ende. Die Mechaniker improvisierten, entlüfteten die Kupplung, gaben ihr mehr Weg – und weiter ging es. Dann aber hatten auch wir Probleme: Zwei Mal hing das Gaspedal auf Vollgas – glücklicherweise an unkritischen Stellen.

Skoda-Pilot Frank Christan war abseits der Piste im Auftag seiner Mutter unterwegs

Frank Christian, der normalerweise mit der deutschen Nachwuchshoffnung Sepp Wiegand im Werks-Skoda in der Rallye-Weltmeisterschaft unterwegs ist, zählt zu den Unerschrockenen der Branche, hielt aber trotzdem kurz die Luft an. Dafür war der Youngster von den Granden des Rallye-Sports begeistert. Als er seiner Mutter von einem Treffen mit Markku Alen erzählte, bekam er von ihr sofort einen Auftrag: Er solle doch bitte schön ein Autogramm mitbringen. Der Sohn holte es nicht nur, sondern fotografierte Alen auch noch bei der Siegerehrung auf der Zielrampe.

Der Finne gewann die Oldtimer-Klasse, und Beifahrer Kivimakki verneigte sich artig: "Markku hat eben die Erfahrung, wie viel er diesem Auto zumuten kann." Auriol siegte in der WRC-Kategorie. Und auch Sainz zeigte sich zufrieden, hatte er doch den Franzosen – zumindest nach den von seinem Beifahrer gestoppten Zeiten – sicher im Griff. Unser Duell mit Per Eklund ging im Finale knapp an den Schweden. Nach drei Tagen lag der Ex-Champion um acht Sekunden vor uns. Schade.

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