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Rallye Korsika 2015
Latvala trotzt dem Sturm

VW-Werksfahrer Jari-Matti Latvala kam am besten durch einen Wirbelsturm über der Insel Korsika und sicherte sich seinen dritten Saisonsieg. Weltmeister Sébastien Ogier erlebte dagegen ein Wochenende zum Vergessen.

Jari-Matti Latvala - WRC - Rallye Frankreich - Tour de Corse - Korsika - 2015
Foto: McKlein

Es braute sich etwas zusammen über dem Mittelmeer, und es entlud sich exakt nachdem die 169 Teilnehmer am Donnerstagabend (1.10.2015) in der Inselhauptstadt Ajaccio die Startrampe zur Rallye Korsika überquert hatten. Ein Wirbelsturm traf den Schauplatz des 11. WM-Laufes dieser Saison mit voller Wucht. Im Norden der Insel am Cap Corse wurden Windgeschwindigkeiten bis 157 km/h gemessen. In 30 Stunden fielen an einigen Stellen 360 Liter Wasser pro Quadratmeter.

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Anstatt wie gewohnt Rallyeautos am Straßenrand abzulichten fotografierten Passanten im Rallyezentrum in Corte den Fluss. Aus der sonst pittoresk plätschernden Restonica war ein reißendes Monster geworden. Die Stadtverwaltung ließ das Wasser abstellen, weil die Kanalisation bereits überlief. Auf dem Flugplatz von Corte, der dem WM-Zirkus als Servicepark diente, fühlten sich die Teams wie in Amazonien. Das Wäldchen hinter neben der Landebahn war komplett überflutet.

"Hast du das gesehen?" staunte Hyundai-Werksfahrer Dani Sordo am Freitagmorgen, als ein 15 Meter hoher Baum umstürzte und von den Fluten mitgerissen wurde. Sein Team hatte da schon längst seinen Reifenmontier-Service verlegt und den Kommandotruck zeitweilig evakuiert. Dem Vater von Hyundai-Werksfahrer Kevin Abbring schwamm sein BMW-Trainingsauto auf der überfluteten Landstraße nach Bastia einfach davon.

Getriebedefekt stoppte Ogier

Es war der schwerste Sturm auf der Insel seit 30 Jahren. Der "Medicane“ hatte Steine und auch große Felsbrocken losgerissen, die die Straße von Casamezzo nach Ponte Leccia blockierten. So musste die zweite von nur 9 Prüfungen abgesagt werden, und weil sie bis zum zweiten Durchgang am Samstag nicht frei zu räumen war, auch Prüfung 4. Wo gefahren werden konnte, waren die schmalen Asphaltpisten übersäht von davongewehten Blättern und Kiefernnadeln. "Ständig liefen Bäche über die Straße", klagte Jari-Matti Latvala. "Du konntest nie sagen wo Grip ist und wo nicht."

Der Finne in Volkswagen-Diensten ging den elften WM-Lauf wie auch andere Kollegen mit großer Demut an. "Wenn du Neuville schon nach einem Kilometer an einer Brückenmauer stehen siehst, bringt dich das zum Nachdenken", sagte Citroën-Werksfahrer Kris Meeke und drosselte sofort das Tempo.

Wie so oft schien der Weltmeister gänzlich unbeeindruckt von den Wetterkapriolen, aber wenn Sébastien Ogier auch in der Lage sein mag, übers Wasser zu gehen, über grobes Gestein dann aber doch nicht. Ein herumliegender Brocken zerstörte am Freitagnachmittag auf Prüfung 3 einen Reifen.

Ogier und Beifahrer Julien Ingrassia schafften den Wechsel in zügigen 1:40 Minuten, mit einer runden Minute Rückstand wäre der Sieg noch in Reichweite gelegen, aber der Plattfuß war nur der Anfang. Auf dem Weg zum Etappenziel nach Bastia ließ sich plötzlich das Getriebe nicht mehr schalten. Ogier musste aufgeben und startete mit zehn Strafminuten in den Samstag, womit der Traum vom Heimsieg ausgeträumt war.

Der Champion kam bei seiner Aufholjagd nur noch bis Platz 15 und sammelte 3 Pünktchen für den Gewinn der Powerstage. "Zum Glück hatte ich alles, was ich dieses Jahr wollte, schon vorher im Sack", sagte der Franzose mit Blick auf den wenige Wochen zuvor in Australien verteidigten WM-Titel.

Das dicke Ende kam noch am Sonntag: Weil er beim Reifenwechsel auf der Prüfung vergessen hatte, im GPS-gestützten Trackingsystem den OK-Knopf zu drücken, versetzte er den Sicherheitsbeauftragten der FIA unnötig in Alarmbereitschaft. Der Verband belegte VW für die Nachlässigkeit eine mit einer saftigen Strafe von 10.000 Euro (2.000 sofort plus 8.000 Bewährung).

Latvala holt sich seinen dritten Sieg

Während der Meister Mühe hatte, sich zu motivieren, und Youngster Andreas Mikkelsen mit den Bedingungen haderte, fuhr Latvala im dritten Polo am abtrocknenden Samstag konzentriert und fehlerfrei. Auf den trockenen und etwas breiteren Pisten des Sonntags war der WM-Zweite dann nicht mehr zu halten. Latvala fuhr in Ajaccio seinen dritten Saisonsieg ein, seinen 15. WM-Erfolg insgesamt und nach dem französischen WM-Lauf im Elsass im Vorjahr seinen zweiten auf Asphalt.

Nach Markku Alèn (1983 und 84) ist er erst der zweite Finne, der im Kurvenlabyrinth von Korsika siegen konnte. Dabei hatte auch Latvala seinen Zittermoment, als die Lenkradschaltung am Samstagnachmittag beim Herunterschalten den Dienst versagte. Der Finne rettete sich mit dem Notschalthebel zum Service. Das Team tauschte sicherheitshalber die Schaltbox für den Sonntag.

Beste Karten auf seinen ersten WM-Erfolg hatte zumindest bis zum Ende der zweiten Etappe der Überraschungsmann der Rallye. Elfyn Evans scherte sich im Ford Fiesta des M-Sport-Teams keinen Meter um Sturzbäche oder Schlammspuren. Der junge Waliser führte gar nach den zwei Prüfungen der ersten Etappe. "Um ehrlich zu sein, ich weiß selbst nicht warum. Ich hatte nicht den Eindruck, dass ich so schnell fuhr."

Mit nur 2 Sekunden Rückstand auf den mit Riesenschritten aufholenden Latvala am Samstagabend gab Teamchef Malcolm Wilson die Parole aus, Evans solle voll auf Sieg fahren. "Die Marken-WM ist für mich unwichtig, aber sein Sieg würde Eindruck schinden", sagte der M-Sport-Chef.

Evans musste sich am Sonntag geschlagen geben, konnte aber in einem spannenden Finale mit 3,2 Sekunden Vorsprung immerhin Rang 2 vor dem ebenfalls heranstürmenden Andreas Mikkelsen retten. "Klar denkst du dir, bei dem Abstand, du hättest noch ein bisschen mehr pushen können, aber ich freue mich für Elfyn. Das ist seine beste Platzierung überhaupt und er verdient diesen zweiten Platz", sagte Mikkelsen.

Die restlichen Ford blieben eher blass. Ott Tänak landete im zweiten M-Sport-Ford als Zehnter nur haarscharf in den Punkten. "Das war die mieseste Rallye, die ich je gefahren bin", gestand der Este, geschlagen von den Asphaltspezialisten Bryan Bouffier (Achter) und Stéphane Sarrazin (Neunter) in Kunden-Fiestas.

Citroën holt wertvolle Punkte für die Marken-WM

Robert Kubica in einem weiteren Ford hatten nach seiner Bestzeit im Shakedown und auf der ersten Prüfung alle auf der Rechnung, aber der ehemalige Formel-1-Star verzettelte sich mit Abstimmung und Reifenwahl, zerstörte am Samstag zwei Räder, und weil er nur ein Ersatzrad im Kofferraum lagerte, musste er sein Dreirad abstellen. Am Ende landete er abgeschlagen auf Platz 22, freute sich aber wenigstens über den zweiten Rang in der abschließenden Powerstage und damit zwei WM-Punkte.

Ihren eigenen Wettbewerb fuhren die Teams von Citroën und Hyundai, die um Rang 2 in der Marken-WM kämpfen. Mit dem frühen Aus von Hyundai-Mann Thierry Neuville nach nur eineinhalb Kilometern von Prüfung 1 ruhten die Hoffnungen des Teams auf Asphalt-Ass Dani Sordo. Doch der Spanier musste wie Ogier am Freitag einen Reifen auf einer Prüfung wechseln und verlor 2 Minuten. Der Routinier kämpfte sich zwei Tage vorwärts, fing auf den letzten Kilometern noch haarscharf Bouffier ab und holte immerhin noch Platz sieben, während Neuville mit 14 Strafminuten nur auf Platz 25 einlief.

Während WRC-Frischling Kevin Abbring im vierten Hyundai mit Rang zwei am Freitag und einem Austritt am Sonntag Licht und Schatten erlebte, fuhr Hayden Paddon im dritten i20 als bester Mann der Koreaner fehlerfrei und schnell auf Rang 5. Dummerweise war der Neuseeländer nicht für die Marken-WM nominiert.

Und so konnte die Heimmannschaft in der Tabelle das Ruder wieder herumreißen. Mit Platz 4 für Kris Meeke und Platz 6 für Mads Östberg lieferten die Citroën-Werksfahrer kein Ruhmesblatt ab, aber es reichte, um aus einem Rückstand von 13 Punkten einen hauchdünnen Vorsprung von einem Zähler zu machen.

Mit leeren Händen endete die Rallye Korsika wie schon beim Heimspiel in Deutschland für Armin Kremer. Trotz langer Karriere und 48 Lenzen zum ersten Mal in Korsika, zeigte der Mecklenburger im Skoda Fabia R5 des Baumschlager-Teams eine starke Vorstellung, die ihm Rang 3 in der WRC2 hätte einbringen können, aber am Sonntag stoppte der Fabia plötzlich wie in Trier mit Motorschaden. Den Sieg holte sich in der zweiten WM-Liga der Franzose Julien Maurin vor Skoda-Werksfahrer Esapekka Lappi.

Nach der Absage des französischen WM-Laufes im Elsass im Frühjahr war der korsische WM-Lauf nach sieben Jahren Unterbrechung eigentlich nur als Notnagel gedacht. Der hastig vom Veranstalter auf WM-Länge gebrachte EM-Lauf erfüllte trotz toller Strecken nicht nur mit seinem kruden Zeitplan mit nur 9 Prüfungen und 4 verschiedenen Start- und Zielorten nicht die Kriterien einer Weltmeisterschaft. Aber dem WM-Zirkus steht auch eine 37. Ausgabe auf der Insel bevor. Zwar wollten eigentlich weder Promoter noch Hersteller neben dem Newcomer China einen 14. WM-Lauf haben, aber FIA-Präsident Jean Todt wollte Korsika unbedingt zurückhaben und drückte seinen Willen einmal mehr durch.

Die besten Bilder der Rallye Korsika zeigen wir Ihnen in der Galerie.

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