Rallye Frankreich (Tag 3): Ogier siegt im Loeb-Land

Rallye Frankreich (Tag 3)
Ogier siegt im Loeb-Land

Veröffentlicht am 07.10.2013

Zuletzt 2004 in Katalonien war es dem Esten Markko Märtin im Ford Focus WRC gelungen, auf festem Straßenbelag gegen Citroën einen Sieg zu holen. Vor allem der Asphaltstärke des Sébastien Loeb haben es die Noch-Weltmeister aus Frankreich zu verdanken, dass es anschließend ausschließlich Autos mit dem Doppelwinkel im Kühlergrill waren, die in der Statistik ganz oben stehen.

Doch damit ist seit dem 6. Oktober 2013 Schluss. Sebastiën Ogier hieß der große Triumphator des elften WM-Laufes, und damit krönte der 29-Jährige Mann aus Gap im VW Polo seinen bereits am Donnerstag bei der Powerstage errungenen Weltmeistertitel. "Das ist das großartigste Wochenende meiner Karriere", diktierte der frisch gebackene Champion denn auch in die Notizblöcke.

Loeb nach Ausfall im DS3 Cabrio unterwegs

Der Begriff Asphalt-Rallye war allerdings relativ zu betrachten. Starke Regenfälle in der Nacht ließen auf den Straßen im Elsass große Pfützen stehen. Nach den ersten Autos verwandelten sich viele Kurven in heikle Schlammrutschbahnen. Das erste Opfer der schweren Bedingungen war ausgerechnet der Lokalmatador. Der letzte Morgen war noch keine Stunde alt, da war Sébastien Loeb ausgeschieden und damit buchstäblich Geschichte. Der neunmalige Champion hatte versucht, mit einem Überraschungsangriff die Konkurrenz zu schocken und war nach einem schnellen Rechtsknick auf dem Dach gelandet. "Noch war ich ja Rallyefahrer, und so habe ich es eben versucht, und es ist schief gegangen", bekannte der Rekord-Meister lakonisch.

Mit dem Ausrutscher hinterließ er bei Citroën und vor allem seinen Fans schiefe Gesichter. Die waren zu Zigtausenden an die Streckenränder in Haguenau geströmt, um nach Möglichkeit wie 2012 einen großen Auftritt des berühmtesten Sohnes der kleinen Grenzstadt zu sehen. So besorgte man Loeb hastig ein DS3-Cabrio und ließ ihn und Beifahrer Daniel Elena wenigstens winkend über den Kurs rollen.

Loebs Ausfall hinterlässt bei Citroën lediglich noch eine rein mathematische Chance, den Marken-Titel doch noch zu verteidigen. VW hat 80 Punkte Vorsprung. Holen die Hannoveraner bei den letzten beiden Rallyes sechs Pünktchen, geht auch die Hersteller-Trophäe nach Wolfsburg. "Wir haben nur noch eine kleine Chance", gibt Citroën-Sportchef Yves Matton zu, bekennt aber trotzig: "Wir bereuen nichts. Wir haben alles versucht."

Ogier mit überragender Bestzeit auf der ersten Prüfung

Zumindest den Sieg hätte Citroën trotzdem noch holen können. Schließlich lagen nach den ersten beiden Etappen vier Fahrer innerhalb von nur fünf Sekunden an der Spitze, darunter auch Deutschland-Sieger Daniel Sordo. Doch der Spanier kämpfte ebenso wie der haarscharf führende VW-Mann Jari-Matti Latvala mit den Wassermengen. Die Ersten mussten die Fluten teilen und hatten ihre liebe Not, heil über die Runden zu kommen, während dahinter Ogier scheinbar übers Wasser gehen konnte. "Es hätte heute jeden von uns erwischen können", gab Ogier zu. Mit einer überragenden Bestzeit auf der ersten Prüfung des Morgens hinterließ er die Gegner geschockt und fortan wehrlos. Sordo und Latvala brachten ihre Autos nur noch ins Ziel. Angetrieben von Sportchef Matton rang Sordo im Kampf um Platz zwei immerhin noch Latvala nieder. Der Finne gab zu: "Mit dem Schlamm auf den Pisten kam ich nicht wirklich gut zurecht."

Aufscheuchen musste Matton auch den völlig lethargischen Mikko Hirvonen. Je nach Endergebnis hätte man VW die Marken-WM im schlimmsten Fall ausgerechnet in Frankreich und beim Loeb-Abschied auf einem Silbertablett serviert. Die Rallye wurde zudem vom Kabelsender Sport Plus fast komplett live übertragen. Und so raffte sich Hirvonen auf, und überholte wenigstens den ebenfalls neben sich stehenden Norweger Mdas Östberg im Ford Fiesta, der am Ende nur Achter wurde. Wenn wir gerade bei Formkrisen sind, darf auch Evgeny Novikov nicht unerwähnt bleiben. Der Russe galt zu Saisonbeginn wie Östberg, ist aber nach diversen Austritten und blassen Auftritten ein Schatten seiner selbst. In Frankreich blieb er immerhin auf der Straße und wurde Fünfter.

Einer der Gründe für die Schwäche der Ford-Mannen ist der in Zeitraffer erstarkte Teamkollege Thierry Neuville. Der leistete sich zwar als Führender im Elsass eine kleinen Fahrfehler, der einen Reifen Luft und den Piloten 1:20 Minuten kostete, aber Neuville war als Vierter im Ziel bester Ford-Fahrer und bei seinem Rückstand von 1:14 Minuten zeigt zumindest die Arithmetik, dass der Sieger ein Belgier hätte sein können.

Definitiv gewonnen hat mal wieder Robert Kubica die WRC2. Der frühere Formel-1-Mann ließ im Citroën DS3 RRC Elfyn Evans im Ford Fiesta R5 keine Chance, bekannte hinsichtlich der desaströsen Straßenverhältnisse lässig, er habe mal wieder viel gelernt und gab schließlich zu, dass man sich nach vier Saisonsiegen vielleicht doch mal mit dem WRC2-Titel befassen müsse. Der Pole schränkte aber gleich ein, der sei ihm nicht übermäßig wichtig, und überhaupt wisse er noch nicht, ob er auch nächstes Jahr Rallyes fahren oder auf die Rundstrecke gehen werde.

Zweiter VW-Titel nur noch Formsache

Christian Riedemann weiß dagegen nicht, ob er noch zum Finale der WRC3 nach Wales reisen soll. Ein Ausrutscher mit der Hinterachse gegen eine Betonbarriere kostete im Elsass schon in der ersten Kurve am Donnerstag mit allen Folgeproblemen rund 40 Sekunden, in denen die beiden Franzosen Quentin Gilbert und Sébastien Chardonnet ebenso enteilten wie der Ire Keith Cronin. Riedemann steigerte sich zwar vor allem am verregneten Sonntag zu Spitzenzeiten, aber Tabellenplatz vier scheint zementiert. "Wir müssen uns auch mal die Teamwertung anschauen und dann rechnen. So ein Ausflug nach Wales kostet ja auch wieder so um die 25.000 Euro", rechnet der Sulinger vor.

Angesichts des Ergebnisses an der Spitze sollte in Norddeutschland zumindest im Bundesland Niedersachsen beste Stimmung herrschen. Rallye und ein Titel gewonnen, der zweite nur noch Formsache, heißt die Bilanz von VW nach dem Ausflug ins Elsass. Im Übermut spitzte das Team den mit den guten Nachrichten nach Wolfsburg reisenden Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer an, am Montagmorgen die Vorstandssitzung nach Verkündung der eigenen Erfolge doch gleich mal die Frage aufzuwerfen, wie denn eigentlich der VFL am Samstag ausgerechnet gegen Tabellenschlusslicht Braunschweig verlieren konnte.