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Rallye Argentinien 2016
Paddon schreibt Geschichte

Hyundai-Werksfahrer Hayden Paddon ist der erste Neuseeländer, der einen Rallye-WM-Lauf gewinnen konnte, aber das war beim vierten WM-Lauf in Argentinien gar nicht mal das eigentlich Bemerkenswerte.

Haydon Paddon Hyundai Argentinien 2016
Foto: McKlein

Nach dem Training klagten die WM-Stars übereinstimmend: Argentinien ist die härteste Rallye des Jahres und die Prüfungen in der Sierra de Cordoba im schlechtesten Zustand seit langem. Entsprechend verhalten gingen die Werksteams an das Thema vierter WM-Lauf heran, was nicht heißt, dass sie dafür auch belohnt wurden.

Thierry Neuville beispielsweise wollte das Tempo im Hyundai erst langsam steigern, doch schon am ersten Morgen waren sechs Minuten futsch, als sein i20 wegen eines abgefallenen Benzindrucksensors den Motor abschaltete. Der Belgier trabte anschließend mehr oder weniger lustlos Richtung Ziel und wurde farbloser Sechster. Auch Teamkollege Dani Sordo hatte sich verhaltene Offensive verordnet, auch ihm machte eine frühe Panne einen Strich durch die Rechnung. Wegen eines defekten Sensors trennte die Kupplung nicht richtig, der Spanier verlor früh rund 20 Sekunden, die ihm am Ende trotz guter Leistung fehlten, um als Dritter aufs Podium zu klettern.

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Nichts zu holen für Ford

Nicht einmal am Treppchen schnuppern konnten die Ford-Piloten. Die Kunden-Autos von Simone Bertelli und Henning Solberg litten an einem ausgefallenem ALS-System zur Unterstützung des Turboladers und einer defekten Servolenkung. Immerhin holte Solberg als Neunter zwei Pünktchen. Ott Tänak war schnellster Ford-Mann, obwohl seine Dmack-Reifen nicht auf dem Nivau der Michelins sind, die der Rest des WRC-Feldes nutzt. Aber ein Lichtmaschinenschaden zwang den Esten am ersten Tag zur Aufgabe. Trotz guter Zeiten reichte es am Ende nur für den 15. Platz.

Der frustrierteste aus der M-Sport-Riege war aber Mads Östberg im Werks-Fiesta. Der Norweger beklagt schon seit Schweden mangelnde Motor-Leistung. Ein durch die dünne Höhenluft verursachtes Abstimmungs-Problem in Mexiko konnten die Ingenieure beheben, aber nicht die ominösen Leistungseinbußen. "In den Daten können wir nichts finden“, sagte Kundensport-Chef Richard Millner, der den wegen einer Fußoperation erstmals seit 1997 fehlenden Teamchef Malcolm Wilson vertrat. "Ich bin lange genug dabei, um zu wissen wann ich gut oder schlecht fahre. Und ich bilde mir ein, dass ich an diesem Wochenende nicht schlecht war“, sagt Östberg, der mit fast fünf Minuten Rückstand auf den Sieger farblos Fünfter wurde.

Teamkollege Eric Camilli hatte ganz andere Sorgen. Teamchef Wilson hatte ihm nach drei Unfällen in drei Rallyes die gelbe Karte gezeigt. Camilli sollte unbedingt ins Ziel fahren. Der Ermahnte erledigte diese Aufgabe auch als Achter, wenn auch mit über zehn Minuten Rückstand. "Ein großes Gewicht ist mir von den Schultern gefallen“, sagte der Franzose. Erleichtert und happy war auch Andreas Mikkelsen im dritten Werks-VW. Mit einer sauberen und fehlerlosen Fahrt feierte der Norweger als Dritter sein bisher bestes Argentinien-Ergebnis.

Latvala mit Unfall

Tragischer Held war im VW-Team mal wieder Jari-Matti Latvala. Nach schwachem Saisonstart auf der günstigen sechsten Startposition auf die Schotter-Strecken gegangen, galt der Finne nach seinem Mexiko-Sieg auch in Villa Carlos Paz als großer Favorit und zog auf der zweiten Etappe auch langsam aber sicher davon, doch am Samstagnachmittag (23. April) verlor Latvala in einer schnellen Linkskurve die Kontrolle und überschlug sich mit etwa 120 km/h vier Mal ins Aus. Der Finne war sich keiner Schuld bewusst. Er hatte zuvor eine schnelle Rechtskurve wie viele Kollegen leicht geschnitten, aber bei ihm brach nach Felskontakt der rechte vordere Stoßdämpfer durch die Motorhaube.

Latvala und Copilot Miikka Anttila blieben unverletzt, ließen sich aber sicherheitshalber zur Untersuchung ins Hospital bringen. Das Duo hatte nicht vor aufzugeben, der Polo war schwer beschädigt, aber der Sicherheitskäfig unversehrt. Bis nachts um halb drei arbeiteten die Mechaniker, teilweise auch mit schweren Hämmern, um das Auto wieder fahrbar zu machen. Sie wären lieber gemütlich zum Abendessen gegangen, denn auf der letzten Prüfung am Sonntag strandete der VW abermals, dieses Mal mit gebrochener Spurstange. Ganz umsonst war die Mühe aller Beteiligten nicht, denn Latvala konnte den Schaden reparieren und trotz erheblichem Zeitverlust und Platz 16 im Klassement holte der Nordmann noch zwei Punkte für die Herstellerwertung.

Vor allem um Punkte ging es auch Sébastien Ogier, der wie in den Vorjahren die WM so früh wie möglich unter Dach und Fach bringen will. Der Weltmeister musste als Tabellenführer wieder einmal die Strecke für die Kollegen fegen, ging auf dem groben Geläuf keine Risiken ein und lag nach zwei Tagen mit einer halben Minute Rückstand auf Rang zwei. Doch mehr als die Aussicht, die Tabellenführung auszubauen, beschäftigte ihn der Umstand, nicht gewinnen zu können.

Ogier stachelt Paddon an

Nach dem Ende der zweiten Etappe polterte Ogier im Service-Park vor mehreren hundert Zuhörern, er sehe sich nicht als Teil der Rallye, fahre ohnehin nur eine eigene Veranstaltung und fände die ganze WM ziemlich langweilig. Anschließend lieferte er sich noch ein verbales Scharmützel mit Hayden Paddon, der anbot, bei der ein oder anderen Rallye durchaus als Erster auf die Strecke zu gehen, wenn er dafür die Tabellenführung bekäme. Ogier entschuldigte sich am Sonntagmorgen vor der letzten Etappe beim Neuseeländer, doch dessen Ehrgeiz blieb angestachelt, und das sollte Folgen haben.

Nach Latvalas Missgeschick war der dichtauf folgende Paddon in Führung gegangen. Mit knapp einer halben Minute Vorsprung ging der gerade 29 gewordene Hyundai-Nachwuchsmann ins Bett. Ogier hatte verkündet, er werde seinen Stiefel weiterfahren und nicht angreifen, doch niemand glaubte ihm - nicht einmal der eigene Teamchef. "Du gewinnst mit fünf Sekunden“, hatte Jost Capito prophezeit.

Paddon schlägt zu

Tatsächlich knöpfte der dreifache Weltmeister dem aufmüpfigen Emporkömmling auf der schwierigen Prüfung El Condor rund sieben Sekunden ab. Anschließend standen die knüppelharten 22 Kilometer von Minha Clavero an. Paddon schonte seinen Hyundai, Ogier griff an und holte sich weitere 19 Sekunden. Als es mit nur 2,5 Sekunden Differenz ins Finale und den zweiten Durchgang von El Condor ging, wettete im Servicepark niemand mehr einen Peso auf Paddon. Ogier fuhr wie so oft fehlerfrei und sah trotz aller vorherigen Widerstände wie der sichere Sieger aus, bis die erste Zwischenzeit von Paddon auf den Monitoren erschien.

Der Kiwi riskierte alles, und nahm seinem neuen Rivalen schon auf dem engen ersten Sektor über zehn Sekunden ab. Im Ziel waren es 11,7 Sekunden, und damit hat Hayden Paddon als erster Neuseeländer in der Geschichte einen Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft gewonnen. "Ich habe keine Worte“, sagte er nach einem Tanz auf dem Dach seines i20.

Sein Team hatte den Youngster für die Marken-WM gar nicht eingeschrieben und kassiert daher keine Punkte, dennoch war Teamchef Michel Nandan hoch zufrieden über den zweiten Hyundai-Sieg. "Es ist immer schön zu gewinnen, aber dieser Erfolg war wirklich verdient“, sagt der Franzose in Anspielung auf den glücklichen ersten Erfolg bei der Deutschland-Rallye 2014. Paddon spülte sich mit den 28 errungenen Punkten auf den zweiten Rang der Fahrer-Wertung.

Der geschlagene Ogier gratulierte artig: "Keiner verliert gern, aber es fällt deutlich leichter, wenn du in einem fairen Kampf besiegt worden bist. Hayden war am Ende schneller und hat den Sieg verdient.“ Als 76. Sieger eines WM-Laufes und erster seines Landes schrieb in der Provinz Cordoba nicht nur Hayden Paddon Geschichte. Beifahrer John Kennard ist mit 55 Lenzen der älteste Copilot, der in der WM je ganz oben auf dem Podium stand.

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