Nach dem schrittweisen Abschied aus der Rallye-WM ist Sebastien Loeb auf der Suche nach neuen Herausforderungen. Neben seinen Sportwagen-Auftritten mit dem McLaren GT3 und im Porsche Supercup hat der Rekordchampion jetzt ein besonders spektakuläres Projekt geplant. Am 30. Juni will Super-Seb erstmals das legendäre Bergrennen am Pikes Peak in Angriff nehmen.
Peugeot 208 T16 Pikes Peak mit brachialer Optik
Da man beim berühmten "Race to the Clouds" mit Rallye-Autos von der Stange nicht weit kommt, haben die PSA-Ingenieure dem Rekordchampion einen reinrassigen Bergrenner zur Verfügung gestellt - den Peugeot 208 T16 Pikes Peak. Bis auf die Modellbezeichnung und die grobe Silhouette hat der brachiale Franzose nichts mehr mit dem Serienmodell gemeinsam.
Schon die Optik dürfte bei der Konkurrenz ordentlich Eindruck machen. An der Frontschürze hängt ein Splitter in Surfbrett-Dimensionen. Der Heckspoiler ist ebenso unverhältnismäßig übertrieben. Er stammt vom ehemaligen Le Mans-Siegerauto Peugeot 908. Die Gesamtlänge steigt insgesamt von 3,96 Metern (Serie) auf 4,50 Meter.
Über den Gitterrohrrahmen ist eine verbreiterte Kohlefaser-Verkleidung gespannt. Bei den ersten Tests in La Ferté-Vidame, im Nordwesten Frankreichs, war der Renner noch in schwarzem Sichtcarbon unterwegs. Mittlerweile wurde auch die fertige Lackierung vorgestellt. Der neue Loeb-Renner wird wie der legendäre Pikes Peak Renner von Ari Vatanen 1986 (405 T16) mit den traditionellen Peugeot Rallye-Streifen versehen.
Der bösartige Eindruck des 208 T16 wird durch die zahlreichen Öffnungen in der Karosserie noch unterstützt. Hinter dem breiten Löwenmaul in der Front sind gleich 2 riesige Kühler zu erkennen. Über dreieckige Öffnungen auf der Motorhaube und längliche Schlitze unter den Türen wird die eingeatmetete Luft wieder nach außen geführt.
Verschärftes Le Mans-Triebwerk mit 875 PS
Das Triebwerk des Peugeot 208 T16 Pikes Peak stammt wie der Heckflügel aus einem Le Mans-Prototypen. Für das Rennen wurde das V6 Turbo-Aggregat auf 875 PS hochgezüchtet. Man darf gespannt sein, wie viele Pferdchen auf dem Gipfel in 4.301 Meter Höhe noch übrig sind. Normalerweise verlieren die Motoren auf dem Weg nach oben rund 30 % an Leistung.
Die Leistungsdaten des 3,2 Liter Biturbo V6 sind wahnsinnig. Bei der kurzen Abstufung des sequentiellen Sechsgang-Getriebes stand allerdings weniger der Top-Speed als die Beschleunigung im Fokus der Ingenieure. So stürmt das schwarze Biest in nur 1,8 Sekunden von null auf 100 km/h. Schneller geht es in der Formel 1 auch nicht. Schluss der Beschleunigungsarie ist erst bei 240 km/h - eine Marke, die aus dem Stand bereits nach 7,0 Sekunden erreicht ist. Mehr ist bei der Hatz von Serpentine zu Serpentine auch nicht nötig.
"Der 208 T16 ist eine Rakete", gibt sich Sebastien Loeb nach den ersten Testkilometern beeindruckt. "Er hat einfach so viel Leistung. Wenn man das erste Mal Gas gibt, macht einen jeder Gangwechsel sprachlos. Das Schalten ist so brutal und das plötzliche Ausbrechen ist nicht leicht zu antizipieren. Man gewöhnt sich daran, aber zu Beginn war das ziemlich irritierend."
Obwohl Loeb aus der Rallye-WM hohe Beschleunigungswerte kennt, zeigte er sich von seinem neuen Spielzeug begeistert. "Ich habe noch nichts gefahren, das so schnell beschleunigt. In den unteren Gängen hat man mehr Leistung zu Verfügung als in einem Formel 1-Auto. Dank Allrad-Antrieb und kurzer Übersetzung ist der Antritt phänomenal. In Nullkommanichts ist man im sechsten Gang bei 240 km/h"
Der 208 T16 ist aber nicht auf der Geraden schnell, wie der Pilot betont: "Durch den Abtrieb, der über die Aerodynamik generiert wird und die breiten Reifen ist auch das Bremsen erstaunlich. Das 208-Paket ist eine Kombination aus mehreren Welten. Es hat den Anpressdruck eines Formel 1-Renners, die breiten Reifen eines Le Mans-Prototyps und das Differential eines WRC-Autos."
Seit dem vergangenen Jahr sind die kompletten 19,99 Kilometer bis zum Gipfel des Pikes Peak asphaltiert, was Loeb als Spezialisten für Rallyes auf befestigtem Untergrund entgegenkommen sollte. Die Frage ist nicht nur, ob der Elsässer das Rennen im ersten Anlauf direkt gewinnen kann, sondern auch, ob er einen neuen Rekord aufstellt. 2012 setzte der Neuseeländer Rhys Millen in einem Hyundai Genesis Coupé in 9:46.164 Minuten den aktuellen Bestwert. Neben Peugeot hat übrigens auch Honda angekündigt, den Rekord angreifen zu wollen.