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Opel Astra OPC Cup trifft VLN-Manta
Kultkiste auf der Nordschleife

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Den Ring-Manta und den Autor dieser Geschichte verbindet eins: beide sind Baujahr 1981. Redakteur Christian Gebhardt über sein erstes Mal am Steuer eines Opel Manta und seine abgelaufene Nordschleifen-Rennsaison im Opel Astra OPC Cup.

Opel Astra OPC Cup, Opel VLN-Manta, Frontansicht
Foto: Hans-Dieter Seufert

Jeder Nürburgring-Besuch beginnt oder endet bei mir im Maßstab 1:43, 1:18 oder 1:12. Sie haben doch auch schon mal mit glänzenden Augen in der Tankstelle auf der Döttinger Höhe, unmittelbar neben der legendären Nordschleifen-Geraden, gestanden? Besitzer Hans-Joachim „Retti“ Retterath offeriert dort neben Hochoktanigem, Snacks und Zeitschriften in einer heimeligen Modellautoecke auch automobile Träume im Miniaturformat.

Vergangenheit und Gegenwart

Startnummer 617, der Opel Manta B von Hans-Olaf Beckmann samt Antenne mit Fuchsschwanz – eben noch im Modellauto-Schaukasten bestaunt –, steht jetzt live in Lebensgröße neben mir. Der weiße Renn-Manta mit den gelb-roten Streifen ist so etwas wie der Maradona der Nordschleife – unnachahmlich, geliebt und erfolgreich. Im August dieses Jahres feierte der legendäre Rennwagen beim Sechs-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring sein Bühnenjubiläum: 20 Jahre rockt der Manta mittlerweile die Nordschleife.

„Seit dem Debüt am 23. April 1994 kommt immer die gleiche Karosse zum Einsatz“, sagt Besitzer Beckmann. 102 VLN-Rennen oder 44.506 Kilometer und 1.835 Runden hat sein Renner in der Langstrecken-Meisterschaft bereits abgespult.

Fast hätten wir weitere Nordschleifen-Meilensteine vergessen: 1.062 Runden oder 27.039 Ring-Kilometer sammelte der Kult-Manta außerdem bei zahlreichen 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring. Mittlerweile hat sich eine feste Fahrerbesetzung etabliert. Neben Besitzer Beckmann, der in den 20 Jahren fast alle Rennen selbst bestritten hat, greifen Peter Hass aus der Opel-Motorsportabteilung sowie Volker Strycek, Ex-DTM-Pilot und heute Director Performance Cars & Motorsport bei Opel, regelmäßig mit ins Lenkrad.

Direkt neben dem Renn-Manta steht mit dem Opel Astra OPC Cup die Gegenwart des Motorsports. Seit 2013 richten die Rüsselsheimer mit dem Astra OPC Cup einen Markenpokal mit identischen Cup-Fahrzeugen aus, der im Rahmen der VLN-Langstreckenrennen stattfindet. Leider konnte nicht „unsere“ Startnummer 355 zum heutigen Fotoshooting anrücken. Der von auto motor und sport und unserer Schwesterzeitschrift sport auto unterstützte Cup-Astra, mit dem ich die VLN-Saison und das 24-Stunden-Rennen 2014 bestreiten durfte, konnte die Richtbank leider nicht rechtzeitig verlassen. Ein Wochenende zuvor war er von einem übermütigen Renngegner ohne Selbstverschulden in die Nordschleifen-Planken geboxt worden.

Manta-Trostpflaster nach Pleiten, Pech und Pannen

Sinnbild einer durchwachsenen Rennsaison mit dem Markenpokal-Renner von Opel. Nachdem wir die Debütsaison 2013 auf dem dritten Gesamtrang von 17 Teams beendet hatten, folgten 2014 Pleiten, Pech und Pannen. Bis auf einen zweiten Platz endete das Renngeschehen im fahrerisch stark besetzten OPC Cup für unseren Boliden eher durchwachsen. Neben zwei unverschuldeten Unfällen gab es unglückliche Technikdefekte wie beispielsweise beim 24-Stunden-Rennen. Mit über einer Minute Vorsprung führte der auto motor und sport-Astra bereits die Cup-Klasse an, als nach sieben Stunden sein Lader verrauchte. Der unplanmäßige Boxenstopp dauerte zwei Stunden – das Rennen war gelaufen.

Schwamm drüber, Manta-Tür auf und rein in das faszinierende Trostpflaster. Boah, ey – trotz stilechtem Fuchsschwanz an der Antenne verrät schon die leichte Tür, dass dieser Manta alles andere als nur eine klischeebehaftete Kultkiste ist. „Die Türen, die Frontmaske, die Motorhaube und die Türen sind aus Kohlefaser“, verrät Besitzer Beckmann, während ich mich im Recaro-Schalensitz festschnüre. Dank Carbon-Teilen bringt der Manta nur ein Leergewicht von 930 Kilogramm auf die Waage. Der Cup-Astra muss rund 350 Kilo mehr schleppen.

Pfunde, die sich nachher vor allem beim Anbremsen im Grenzbereich bemerkbar machen. Geringes Gewicht plus ABS, eine unschlagbare Kombination für späte Bremspunkte. Und was steckt unter der Haube? „Das ist ein 1.800er-Block, der auf zwei Liter aufgebohrt wurde. Dazu kam vom Kadett GSi ein 16V-Kopf obendrauf. Das ergibt dann bei zwei Litern Hubraum rund 255 PS“, erzählt Hans-Olaf Beckmann mit leuchtenden Augen über das von Opel-Spezialist Kissling Motorsport frisierte Triebwerk.

Und Abfahrt

Zündung an, Startknopf drücken – freudig röchelnd erwacht der Reihenvierzylinder-Sauger zum Leben. Das Manta-Armaturenbrett ist ein Mix aus Klassik und Moderne. Neben einem Digitaldisplay informiert eine Analoganzeige über die Hinterachstemperatur. „Wir haben einen Hinterachskühler verbaut. Der ist lebenswichtig, sonst hätte die Hinterachse nach zwei Runden 150 Grad“, verrät Manta-Pilot Peter Hass.

Weitere Technik-Kuriositäten des über die Jahre perfektionierten Renn-Manta: Kühler aus der Mercedes C-Klasse, Eigenbau-Luftführung und Krümmer, Hauptbremszylinder von Porsche, KW-Gewindefahrwerk mit 3,5 Grad Negativsturz an der Vorderachse.

Endlich Abfahrt: Die Manta-Kupplung schnappt bissiger als das Pendant im seriennahen OPC-Cup-Renner zu. Raus aus der Boxengasse. 2.000, 3.000, 4.000 Umdrehungen, die Drehzahlnadel hüpft und zittert, aber es passiert zunächst fast nichts. Da vorne unter der Kohlefaserhaube schuftet halt ein klassischer Zweiliter-Sauger und kein drehmomentstarkes Vierzylinder-Turbotriebwerk wie im 320 PS starken Zweiliter-OPC. „Ab dreiacht fängt er gut an zu ziehen“, hatte Besitzer Beckmann vorher schon beruhigt. Mit Recht, denn knapp über 4.000 Touren legt der Manta richtig los und stürmt mit kernigem Ansauggeräusch seiner Drehzahlgrenze von 8.400/min entgegen. In das Ansaugtrompeten mischt sich eine Prise Mechanik-Sirren des Getriebes.

Opel Astra OPC Cup nur knapp 5 Sekunden schneller

Klack, klack, klack – mit Nachdruck wollen die Gänge gewechselt werden. Fünfter, vierter, dritter Gang. Eine rot leuchtende Digitalanzeige vermeldet die jeweilige Fahrstufe. Fünfgang-H-Schaltung war gestern. Hier regiert ein sequenzielles Sechsganggetriebe. Kurzer Uhrenvergleich zwischen Manta und Cup-Astra: Die Kombination aus GP-Kurs und Nordschleife umrundet der schnelle Oldie nur rund fünf Sekunden langsamer als der auf dem Serienauto basierende Markenpokalrenner.

Mit dem Hintern können sie dabei beide wackeln. Während der vorderradangetriebene Astra beim Anbremsen oder Lastwechseln sein Heck agil mitschwenkt, drückt das Manta-Heck unter Last ganz leicht gen Kurvenausgang. Dank Drexler-Differenzialsperren überzeugen beide Opel-Rennfahrzeuge mit guter Traktion. Nur bei typischem Eifelregen ist der Cup-Astra dank gutmütigem Fahrverhalten klar überlegen. „Im Regen wird es spannend, da kann der Manta schon zickig werden“, erzählt Beckmann später.

Und falls doch einmal etwas schiefgeht, ist sein 7,5-Tonner im Fahrerlager mit zahlreichen Ersatzteilen bestückt. Neben den in Handarbeit von ihm angefertigten Achslenkern finden sich hier auch drei Ersatz-Fuchsschwänze.

Bei Sonnenschein und trockener Piste zeigt sich der Kult-Renner heute aber nur von seiner besten Seite. Ohne Kratzer läuft der Manta mit seinem Gastpiloten wieder in der Boxengasse ein. Wow, doch noch ein versöhnlicher Saisonabschluss der Rennsaison 2014.

Stilechter Manta von Minichamps

Ganz zu Ende ist der heutige Nürburgring-Ausflug aber noch nicht. Wie eingangs erwähnt, klingt mein Renntag in der Eifel mal wieder in der Modellautoecke von Rettis Tankstelle aus. Ist doch klar, welches Modellauto sich heute mit auf den Heimweg macht. Den Kult-Manta gibt's im Maßstab 1:43 von Minichamps – natürlich stilecht mit Fuchsschwanz.

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Sport Auto 03 / 2022

Erscheinungsdatum 04.02.2022

132 Seiten