MISSING :: structure.inactiveTabOverlay
{"irCurrentContainer":"26444356","configName":"structure.inactiveTabOverlay"}

Interview NASCAR-COO Steve O'Donnell
„Keine Angst vor der Formel 1“

Enges Racing, das typische Chaos und am Ende ein Underdog als Daytona-500-Sieger – die 75. NASCAR-Saison begann stilecht. Im Gespräch mit auto motor und sport erzählt Steve O'Donnell, der Chief Operating Officer der NASCAR, über den Status quo, seine Perspektive auf den Formel-1-Boom und das Verbot des jetzt schon legendären "Wall-Ride".

Steve O'Donnell - Chief Operating Officer - NASCAR
Foto: Getty Images

Mit dem Daytona-500-Sieger Ricky Stenhouse bot die NASCAR wiedermal ein Underdog-Märchen. Wie wichtig ist es, dass im Gegensatz zu vielen anderen Serien auch kleine Teams und Fahrer mit Breitensport-Wurzeln siegen?

O'Donnell: Wenn man auch auf die letzten Cup-Meister blickt, erkennt man, dass viele aus den unteren, regionalen NASCAR-Ligen gekommen sind. Für uns ist diese Beziehung zur Basis wichtig, denn wir haben viel Zeit und Aufwand in sie investiert. Sicher gibt es noch Themen, mit denen man die Kosten für Fahrer und Teams anhaltend niedrig halten kann. Die gehen wir an, damit das System auch weiterhin nach oben durchlässig bleibt. Ricky Stenhouse ist hier als echter Racer ein Vorbild.

Unsere Highlights

Wie lautet Ihr Fazit nach dem zweiten Daytona 500 mit der neuen Auto-Generation?

O'Donnell: Wir sind mit dem aktuellen Paket zufrieden. Laut unseren Statistiken war es eines der besten Superspeedway-Rennen unserer Geschichte: Für Daytona waren die Anzahl von Überholmanövern unter Grün und die geringen Abstände zwischen dem Ersten und dem Zweiten überdurchschnittlich gut. Natürlich hätten wir uns über einen Zieleinlauf ohne Gelb mehr gefreut, aber die Fahrer boten den ganzen Tag über tollen Sport.

NASCAR - Daytona 500 2023
Motorsport Images
Action und Funken gehören zur Faszination des Daytona 500. Der Sieg von Ricky Stenhouse für das Ein-Wagen-Team JTG Daugherty Racing rundete das Highlight mit der passenden Underdog-Headline ab.

Letztes Jahr gab es bezüglich der neuen Autos Sicherheitsbedenken. Sind diese nun ausgeräumt?

O'Donnell: Grundsätzlich bot die Next Gen letzte Saison ein erfolgreiches Renn-Produkt – allen voran auf den mittelgroßen Ovalen. Auf den Short-Tracks und auf den Rundkursen haben wir hingegen Verbesserungspotenzial erkannt, das wir auch angegangen sind. Sicherheit ist für uns immer und überall ein Thema, und wir betrachten jeden Einschlag als etwas Besonderes bei unseren Analysen. In der Winterpause haben wir die Lehren umgesetzt und werden es ebenso in Zukunft tun. Mit den Teams und besonders den Fahrern haben wir hier ein enges Verhältnis.

Ein großer Vorteil der Next Gen ist die verstärkte Haltbarkeit, die auf Dauer Kosten sparen soll. Beim Sicherheitsupdate wurde jedoch die Steifigkeit etwas reduziert und so ein struktureller Puffer geschaffen. Werden dadurch die Kosten steigen?

O'Donnell: Für uns ist es eine Balance. Wir werden sicher nicht zugunsten der Haltbarkeit Kompromisse bei der Sicherheit eingehen. Wir glauben, dass wir ein sehr sicheres Rennauto haben, das wir immer sicherer machen können. Laut dem ersten Feedback in Daytona sind wir hinsichtlich der Anpassungen gut aufgestellt und können von da aus weiter analysieren.

Der Auto Club Speedway in Fontana ist die kalifornische Oval-Heimat der NASCAR. Nach dem letzten Lauf wird er nun umgebaut. Könnte das neue Show-Event im Football-Stadion L. A. Coliseum als Punktelauf aushelfen?

O'Donnell: Hierzu gibt es in der Szene viele Diskussionen. Da der L.A.-Markt für alle Sportarten wichtig ist, wollen auch wir dort richtig vertreten sein. Aktuell passt die Balance dort für uns, aber wir werden evaluieren, wie man das Event im Coliseum weiterentwickeln kann.

NASCAR - Clash - L.A. Coliseum 2023
Getty Images
Mit einem Vorführrennen im Football-Stadion L. A. Coliseum will die NASCAR neue, junge und urbane Fans gewinnen.

Welche DNA hat die NASCAR 75 Jahre nach ihrer Gründung?

O'Donnell: Der Blick auf unsere Geschichte und auf Sieger wie Stenhouse zeigt, dass Breitensport und unsere Fans immer im Mittelpunkt stehen. Das sieht man auch am Kalender, in dem es neue Events wie in Los Angeles und in Chicago gibt, aber ebenso mit North Wilkesboro eine historisch wichtige Strecke zurückkehrt. Unser Job ist es, die Wurzeln des Sports und den Fortschritt miteinander zu mischen.

Neue Autos, neue Regeln, neue Strecken – woher kommt der aktuelle Reform-Drang der NASCAR?

O'Donnell: Wir müssen jetzt investieren, um unsere Zukunft zu bewahren. Wer das nicht macht und sich nicht jeden Tag hinterfragt, wird kein Wachstum mehr erleben. Wir wollen unser aktuelles Level stabilisieren, von da aus wachsen und dabei die Highlights des Kalenders stärken. Unser Credo ist: Wir können überall fahren und dabei das beste Racing der Welt für unsere Fans liefern.

Wir haben sehr ambitionierte Pläne und sehen Wachstumsmöglichkeiten. Die Atmosphäre im Umfeld des Daytona 500 war so gut wie seit Jahren nicht mehr. Dazu kommt ein wachsendes internationales Interesse, vor allem in Kanada und Mexiko, aber auch sonst auf der Welt. Ich habe ein hohes Vertrauen darin, dass wir die richtigen Leute haben, um unseren Langzeitplan umzusetzen.

Neben der NASCAR erleben mit der IMSA und der IndyCar auch andere US-Serien ein kleines Comeback. Wie erklären Sie sich das?

O'Donnell: Ich kann nur für uns sprechen: Für die NASCAR ist es die sehr enge Beziehung zwischen der Szene und den Fans. Wir haben Fahrer, in denen sich die Menschen wiedererkennen können. Wer sich für den Sport und seine Aktiven begeistert, kann sich als Teil des Ganzen verstehen. Der Mix aus jungen Piloten und Alt-Stars macht es zu einer spannenden Zeit, um NASCAR-Fan sein.

Im Vergleich zu anderen Profi-Ligen ist die NASCAR bei den Quoten in den letzten drei, vier Jahren sehr stabil gewesen. 80 Prozent der in Amerika konsumierten Motorsport-Minuten stammen aus der NASCAR-Familie. Wir gehen mit Selbstvertrauen in die bald anstehenden Vertrags-Diskussionen mit unseren TV-Partnern.

NASCAR - Dirt-Race Bristol 2022
Getty Images
Seit dem Jahr 2021 fährt die höchste NASCAR-Liga Cup wieder auf Lehm. Auf kleinen Dirt-Tracks in den Südstaaten fing vor über 75 Jahren alles an.

Macht Ihnen in diesem Zusammenhang nicht die boomende Formel 1 langsam Angst?

O'Donnell: Nein, denn wir sind sehr mit unserer eigenen Entwicklung zufrieden. Wir schauen dabei nicht nur auf die USA, sondern auch auf Nordamerika und die ganze Welt. Unsere Stockcar-Kultur kann zu einem globalen Produkt entwickelt werden. Erst kürzlich haben wir eine neue Serie in Brasilien vorgestellt – einem riesigen Motorsport-Markt.

Welche Rolle nimmt dabei die europäische NASCAR-Liga ein?

O'Donnell: Die EuroNASCAR hat das gemacht, was wir uns von ihr versprochen haben. In Zukunft wollen wir weltweit ähnliche Autos und Regeln einführen. Fahrer, Besitzer und auch Ingenieure können dank einer gemeinsamen Plattform mehr Möglichkeiten bekommen. Die Next-Gen-Autos haben uns hierfür einige gute Lehren gebracht. Wir sind im Austausch mit den regionalen Partnern.

Wie steht es hierbei um neue Antriebe?

O'Donnell: Wir arbeiten mit unseren Hersteller-Partnern an einem Elektro-Auto. Ein Testträger wird in wenigen Wochen bei uns eintreffen und auf dieser Basis arbeiten wir weiter. Daneben betrachten wir fossilfreie Kraftstoffe, Hybride und auch Wasserstoff. Dank unserer Vielzahl an Serien können wir kreativ sein und den Herstellern verschiedene öffentliche Technik-Bühnen bieten. Dabei setzen wir auch auf Synergien mit der IMSA.

NASCAR - Garage-56-Projekt für Le Mans - Chevrolet Camaro
NASCAR
Die NASCAR beschenkt sich und Le Mans: Die 75-Jährige ließ einen Chevrolet Camaro für einen Gaststart bei der bald 100-Jährigen bauen.

Aus diesen ist ebenfalls das Garage-56-Projekt für das 100-jährige Jubiläum der 24 Stunden von Le Mans entstanden. Was konnte die NASCAR-Seite daraus bereits lernen?

O'Donnell: Viele Elemente der Short-Track- und Rundstrecken-Pakete für diese Saison stammen direkt aus dem Garage-56-Programm. Trotz einiger notwendiger Anpassungen ist das Auto so nahe wie möglich am Vorbild des Cup-Autos geblieben. Die Zusammenarbeit mit der IMSA zahlt sich also schon jetzt an vielen Fronten massiv aus. Dazu dient das Projekt als Werbeträger auf der Suche nach einem vierten und fünften Hersteller.

Hat es nach dem 24h-Rennen im Juni noch eine Zukunft? Vielleicht durch Gaststarts bei der IMSA?

O'Donnell: Ich werde den IMSA-Chef John Doonan darauf ansprechen. Wir freuen uns auf das Feedback der Fans und werden weitere Lehren umsetzen.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen und wieder ausblenden.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogenen Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzbestimmungen.

Wie sehr hat es Sie geärgert, das schon jetzt legendäre Manöver von Ross Chastain zu verbieten?

O'Donnell: Das Manöver von Ross war unglaublich und hat ihn ins Finale in Phoenix katapultiert. Dort haben wir es noch bei der vorhandenen Regelauslegung belassen, aber mit Fahrer-Rücksprache eine Analyse in der Winterpause angekündigt. Wenn man den Move genau betrachtet und mit Ross spricht, sieht man, dass bei der Umsetzung sehr viel Glück mitspielte.

Unser Regelbuch gibt uns die Möglichkeit, so etwas zu bestrafen. In Zukunft werden wir die Vorgaben auch so umsetzen und Zeit- oder Rundenstrafen verteilen. Hier geht es um die Sicherheit und das Vermeiden möglicher Risiken. Es war ein herausragender Moment und selbst Ross sagte, dass er es hoffentlich nie wieder machen muss.

In 25 Jahren feiert die NASCAR ihren 100. Geburtstag. Wie wird die Renn-Szene dann aussehen?

O'Donnell: NASCAR wird noch eine globalere Marke werden und noch näher am Fan und am technologischen Fortschritt sein. Gleichzeitig stellen wir uns eine offene Atmosphäre für alle Fans vor. Wir wollen ein Sport werden, der ein Vorbild für andere sein kann.

Die aktuelle Ausgabe
AUTO MOTOR UND SPORT 15 / 2024

Erscheinungsdatum 03.07.2024

148 Seiten

Live
GP Großbritannien
Aktualisieren