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Mühlbergers Dakar Blog (4)
Multitalent aus dem Morgenland

auto motor und sport-Reporter Claus Mühlberger ist mit dabei, wenn es bei der Rallye Dakar 2013 einmal quer durch Südamerika geht. In seinem Blog liefert er regelmäßig persönliche Eindrücke und Bilder vom Wüsten-Marathon. Teil 4: Nasser Al-Attiyah – Multitalent aus dem Morgenland.

Nasser Al-Attiyah Schweden Rallye 2012 Qatar WRT
Foto: Citroen

Nasser Al-Attiyah ist stets die Freundlichkeit in Person. Der Mann aus Katar zeigt auch dann ein verbindliches Lächeln samt makellosem Gebiss, wenn andere Sportstars schon längst aus der Haut gefahren wären. Ein Foto zusammen mit der Küchenhilfe? Aber gerne. Mit dem Koch? Bitte, sofort. Mit den Kellnerinnen? Kein Problem. Für jeden Schnappschuss steht Al-Attiyah eigens vom Frühstückstisch auf. Und falls es ihn ärgert, dass inzwischen seine Spiegeleier inzwischen kalt werden, lässt er es sich zumindest nicht anmerken. Ein wahrer Gentleman eben.

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Vom Pay-Driver zum Top-Fahrer

Als der Katari vor knapp zehn Jahren in der Dakar-Szene erstmals auftauchte, war er ein Nobody und musste daher für seine Einsätze in BMW-Prototypen bezahlen. Doch das änderte sich schon bald, als er die ersten Bestzeiten fuhr. Statt einen Zahlungseingang verbuchen zu können, musste Teamchef Sven Quandt  plötzlich in die Kasse greifen und eine Fahrergage in Richtung Katar überweisen, die im Lauf der Jahre immer stattlicher wurde.

In seiner Zeit bei X-Raid schnupperte Al-Attiyah ein paar Mal am ganz großen Erfolg, auch bei der Dakar-Rallye. 2009 zum Beispiel lag er mit dem X3 des X-Raid-Teams anfangs einige Tage lang in Führung. Doch der Coup, gegen die Konkurrenz von Volkswagen die Dakar-Rallye zu gewinnen, gelang ihm nicht. Erst 2011, als er in Diensten von VW stand, gewann er endlich den Marathon.

Mit 42 Jahren ist Al-Attiyah nicht mehr der Jüngste. "Ha", sagt er, "über mein Alter mache ich mir gar keine Gedanken." Umso erstaunlicher, dass Al-Attiyah zu den ganz wenigen Profisportlern gehört, die in zwei grundverschiedenen Sportarten Weltklasse sind. Im Sommer 2012 holte er bei den Olympischen Spielen in London die Bronzemedaille im Tontaubenschießen. Und seit fast zehn Jahren startet er in der Rallye-WM, zuletzt im Citroen-Werksteam. Weil die Franzosen neuerdings unter der Flagge von Abu Dhabi an den Start gehen, dirigierte Al-Attiyah die Sponsor-Millionen seines Heimatlands zum Ford-Team von Malcolm Wilson um. Ab Februar mischt der Katari mit einem Fiesta wieder in der Rallye-WM mit.

Al-Attiyah mit eigenem Dakar-Team

Als wäre das alles noch nicht genug, gründete Al-Attiyah Mitte letzten Jahres sein eigenes Dakar-Team. Als er  diese Pläne bei der Deutschland-Rallye erstmals publik machten, glaubten viele, dies sei eine Geschichte aus 1001 Nacht. Erst recht, als er auch ankündigte: "Wir wollen schon dieses Jahr damit starten." Doch er ignorierte alle Unkenrufe und demonstrierte gnadenlos Optimismus. "So ein Buggy ist doch eine ganz simples Auto. Ein bisschen Rohrrahmen, ein V8-Motor von der Stange und Hinterradantrieb – das war´s. Kein Problem, oder?" Stolz fügt er hinzu: "Einer dieser Ford-Motoren kostet gerade mal 10.000 Dollar. Nicht schlecht, oder?" Unter der Leitung von Ex-VW-Ingenieur Gérard Zyzik wurden in aller Eile zwei Buggies aufgebaut. Mehr als 1.500 Testkilometer waren trotzdem nicht drin. "Bei VW haben wir in der Vorbereitung 10.000 Kilometer abgespult", sagt Zyzik.

Viele wunderten sich, dass Al-Attiyah ausgerechnet Carlos Sainz, seinen alten Erz-Konkurrenten aus gemeinsamen VW-Tagen fragte, ob er für ihn fahren wolle. Ich und noch mehr Szenekenner wunderten sich darüber, dass der Spanier zusagte. "Meine Frau glaubt eh, dass ich ein bisschen verrückt bin", gab Sainz zu. Von den ersten Testfahrten im November kam er reichlich desillusioniert zurück. "Wir haben noch eine lange Liste abzuarbeiten. Eine sehr lange Liste", gab er grantig zu Protokoll.

Bei den ersten Tagen der Rallye lief es für die Jungs des Katar-Teams weitaus besser als erwartet. Doch dafür schlug Al-Attiyah zu: Am dritten und am vierten Tag holte er auf sehr schwierigen Etappen jeweils den Tagessieg. Nach einem knappen Drittel der Distanz lag er auf Platz  zwei, in Schlagdistanz zum Führenden, dem Mini-Fahrer Stephane Peterhansel.

Carlos Sainz im Pech

Nicht ganz nach Plan lief es für Sainz. Zunächst hatte der Spanier Ärger mit der GPS-Elektronik und verlor deswegen zunächst ein Dreiviertelstündchen. Am vierten Tag kam es knüppeldick für den Spanier, weil eine Benzinleitung Leck schlug. Sainz bemerkte das Malheur nicht sofort. Als er stoppte, war es zu spät: Inzwischen war soviel Treibstoff im Wüstensand versickert, dass er ohne Benzin liegen blieb und erst dank der Spritspende eines Motorradfahrers weiter fahren konnte. Zeitverlust: zweieinhalb Stunden.

Dennoch ist die Leistung des jungen Katar-Buggy-Teams aller Ehren wert. Vor allem, wenn man die schmale Vorbereitungszeit berücksichtigt. "Soll ich die Wahrheit erzählen?",  grinste Al-Attiyah. "Willst du sie wirklich hören? Beim Testen sind wir nie länger als 25 Kilometer am Stück gefahren."

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Erscheinungsdatum 26.09.2024

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